Interview mit OK Kid

rap.de: Wie gehen denn eure Mütter mit eurem Erfolg um?

Jonas: Meine Mutter hört sich die Texte an und findet die gut, aber fragt mich, warum ich immer so Fäkalwörter in den Mund nehmen muss. Das findet sie nicht so toll, aber sie checkt schon, dass es so sein muss und dass es in Songs manchmal einfach Sinn macht, dass solche Worte fallen. Als sich das Gnaze angebahnt hatte, fand sie es glaub ich sehr komisch, weil sich jede Mutter für ihr Kind einfach ein geordnetes Leben wünscht, wo man planen kann. Sie wünschen ihren Kindern die beste Partnerin, dann die Hochzeit und ein paar Enkelkinder. Das will jede Mutti. Das ist halt durch die Musik anders geworden, zumindestens was das routinierte Leben angeht. Das fand sie auch zuerst schwierig, aber wenn sie mal was liest über uns oder uns mal im Fernsehen sieht, dann ist sie die stolzeste Mutter der Welt. Oder wenn sie mal zu einem unserer Auftritte kommt in einer ausverkauften Location und sie sieht, wie die Leute auf uns reagieren, dann merkt sie erst wirklich, was da grad passiert und dass das der richtige Weg ist. Weil sie mich ja auch nur so glücklich sieht.

Raffael: Eigentlich so ähnlich. Ich glaub unsere Eltern checken das auch nur in dem Rahmen, wie sie es halt können, aber wenn wir denen erzählen, dass wir eine Millionen Klicks haben, können die damit natürlich nichts anfangen. Die verstehen vieles davon verständlicherweise nicht. Bei meinen Eltern ist es auf jeden Fall so, dass sie immer auf die Konzerte kommen, wenn sie können und die feiern das auch voll ab. Die haben ja auch den ganzen Werdegang mitbekommen und sind auch voll stolz und zeigen das überall in der Verwandschaft. Die finden das schon cool.

Moritz: Ich hab meiner Mama erzählt, dass wir bald einen Plattenvertrag unterschreiben werden und sie konnte das gar nicht greifen, aber das kann man ja selbst schon schwer greifen. Man weiss ja gar nicht, was das bedeutet im Endeffekt. Wir kommen jetzt so langsam dahinter, was das heisst, Verträge zu unterschreiben bei Plattenfirmen oder Musikverlagen. Aber das ist so ein kompliziertes, weites Feld, sich darin zu bewegen und was da alles mit zusammenhängt, dass das Eltern halt sehr, sehr schwierig nachvollziehen können. Meine Eltern feiern das auf jeden Fall ab, aber das war auch ein langer Weg. Natürlich gab es auch Phasen, wo die sich das anders gewünscht hätten. Aber mittlerweile denken die schon, dass das alles richtig so ist.

rap.de: Zu Recht tun sie das. A pro pos geregeltes Leben. Was müssen Frauen tun, um eure Herzen zu erobern? Was weckt euer Interesse?

Jonas: Wenn man kreischende Mädels vor sich stehen hat, die dann Backstage wollen und einen anhimmeln, dann ist da natürlich überhaupt keine Spannung da. Ich kenn keinen Künstler, der Bock auf so ein Mädel hat, auch wenn sie noch sone hotte Granate ist. Das gibt es einfach nicht.

Raffael: Ja, aber so Frauen, die auf obercool machen und nicht mal sagen können, dass ihnen die Show gefallen hat, find ich auch nicht viel besser. Ist so eine Mischung halt.

Jonas: Nein, ich will damit sagen, dass du als Mann schon das Gefühl haben solltest, dass du dich anstrengen musst. Weiss nicht, wie ich das sagen soll. Es geht halt nicht darum, um jeden Preis dieses Game-Ding zu haben, aber trotzdem wollen wir als Typen doch playen.

rap.de: Ihr wollt quasi Jäger sein.

Raffael: Ich glaub, die Mädels, die zu unseren Konzerten kommen, fallen in gewisser Weise sowieso aus dem Raster. Die kann man halt auch nicht mehr ernst nehmen. Die projizieren ja irgendwas in uns rein.

Moritz: Nicht alle, die auf unser Konzert kommen!

Raffael: Ja, natürlich nicht alle, aber die viele. Es ist ja was anderes, ob du jemanden kennenlernst nachdem du gespielt hast auf der Bühne und der hat dich gesehen oder ob du im Club bist und dich so kennenlernst.

Moritz: Aber das ist schwierig. Ich mein, wenn man jetzt, keine Ahnung mal sich vorstellt, dass alle einen kennen. Das ist jetzt bei uns nicht so, aber dann kannst du ja echt keine Frau mehr ernst nehmen oder keine Frau mehr kann dich irgendwie erobern.

Jonas: Doch! Indem sie ganz normal zu dir ist und auch mal einfach eine kalte Schulter gibt. Stell dir vor, Kate Moss ist heute abend in Berlin und du willst dir Kate Moss klarmachen, dann gehst du ja nicht hin und sagst: „Oh, du bist so geil.“ , sondern sagst vielleicht erst mal sowas wie: „Im Fernsehen siehst du besser aus.“ Das würde sie verwundern. Also keine Ahnung, ich mein damit, dass man sie kurz mal rausholt aus dem für sie Normalen, was ihr halt jeder Typ sagt, aus ihrem normalen Kosmos, um dann irgendwie eine Basis zu haben, um überhaupt reden zu können. Okay, wir sind ein ganz kleines bisschen angetrunken gerade und deshalb reden wir vielleicht aus sehr viel Hohlraum.

rap.de: Ach Quatsch, alles gut.

Jonas: Wir bitten unseren Promoter jetzt mal einzuschreiten und das mal abzubrechen.

Promoter: Er wollte damit nur mal kurz erwähnen, dass er Hunger hat.

rap.de: Was war denn die verstörendste Situation mit einem Fan?

Jonas: Positiv verstörend? Wir gehen ja auch häufig raus zu den Fans zum Merch-Stand und trinken noch einen Schnaps mit denen. Wir haben immer einen eigenen Schnaps dabei und stoßen mit denen an und geben Autogramme. Da ist es schon mehrfach passiert, auch in verschiedenen Städten, dass Leute angekommen sind und krasse Probleme hatten, teilweise bis hin zu Leuten, die sich umbringen wollten und durch unsere Musik wieder Kraft bekommen haben. Das ist auf jeden Fall heftig, weil du gerade in dem Adrenalin und Endorphin-Modus nach so einem Auftritt bist. Dann drückt dir jemand sowas und auf einmal ist alles scheißegal und du bist mit demjenigen eine halbe Stunde am Reden, warum das so ist und nimmst das extrem ernst. Bist halt komplett aus diesem Highlife-Party-Film gerissen. Das fand ich prägend.

rap.de: Respekt dafür, dass ihr euch die Zeit dafür nehmt. Das macht auch nicht jeder.

Jonas: Das ist doch klar. Kannst ja nicht einfach im Vorbeigehen sagen: „Geht’s dir jetzt besser? Super. Ciao.“ Zweimal war es wirklich so, dass jemand gesagt hat, er wollte sich umbringen und durch unsere Musik dann nicht mehr. Das ist natürlich heftig, wenn einem bewusst wird, was unsere Musik für eine Bedeutung haben kann. Etwas, das du ja selbst nicht einfach so wahr nimmst.

rap.de: Was haltet ihr eigentlich von Karma oder Rache? Also gibt es zum Beispiel jemanden, der mal gemein zu euch war oder euch verschmäht habt, wo ihr euch heute denkt: ‚Ha! Guck mal, was ich heute so mache. Jetzt bereust du es, so zu mir gewesen zu sein!‘

Jonas: Das Gefühl hast du voll oft, nur nicht, wenn du tatsächlich in der Position bist. Vorher denkt man immer, dass man es allen zeigen wird und so. Aber wenn man dann in der Position ist, dann will man es gar nicht mehr, weil man das ja nicht mehr braucht. Man findet sich selbst ja gut und ist mit sich im Reinen. Bei mir war das früher viel häufiger, als wir noch Unbekannt waren, da wollte ich unbedingt in jede Cypher gehen, ahb gerappt und wollte allen beweisen, dass ich es drauf hab. Ich hab voll viel über die Band geredet und so, aber sobald man igendwann für sich einen coolen Status erreicht hat, hat man es gar nicht mehr nötig, darüber zu reden. Weil man einfach eine innere Ruhe hat und Selbstsicherheit, dass alles gut ist. Neid ist zum Beispiel ein Audruck innerer Unsicherheit. Wenn man Neid hat, ist man kein glücklicher Mensch und ist auf jeden Fall auf dem falschen Weg.