rap.de: Hast du für „Männlich“ eigentlich irgendwelche Einflüsse oder Erfahrungen aus der Herr-Sorge-Ära mitgenommen?
Samy Deluxe: Alles, was man macht beeinflusst einen ja immer. Es gibt eine Hook, die auf jeden Fall sorgig klingt. Aber ansonsten sind viele unterschiedliche Stimmen drauf. Ich hab viele Frauenstimmen drauf, viele interessante Sängerinnen, die mir im letzten Jahr über den Weg gelaufen sind. Brixx ist ja auch drauf, eine der ersten Rapperinnen in Deutschland. Die hat da eine Hook abgeliefert, unglaublich! Dann hab ich noch Flo Mega auf dem Album, ist jetzt keine Frau, aber ist auch auf dem Album. Ich hab mir viele unterschiedliche Stimmfarben dazu geholt, damit man nicht nur 60 Minuten lang meine Stimme hören muss.
rap.de: Für Herr Sorge musstest du viel Kritik einstecken. Interessiert es dich überhaupt, was deine Fans denken oder ist dir das wurscht?
Samy Deluxe: Man hat schon so eine innerliche Zensur. Wenn ich eine Hook schreibe und die in meinem Kopf super, aber aufgenommen wie deutsche Schlagermusik klingt, dann ist das schlecht. Es gibt so Limits, weißt du. Aber sonst musst du dir ja bei allem die Frage stellen. Wenn man das so lange macht wie ich, dann kann man nicht allen gefallen. Man hofft es, aber das geht einfach nicht. Manche mögen das Softe an mir, die anderen nur die harten Sachen, das ist einfach so. Manche wollen inhaltsstarke Lieder, wo ich was über Politik und die Welt erzähle und andere nicht. Man darf sich davon nicht wahnsinnig machen lassen, jeder hat nun mal einen anderen Anspruch.
rap.de: Wenn man versucht, es allen recht zu machen, vergisst man sich selbst dabei.
Samy Deluxe: Ja, auf jeden Fall. Man darf nie zu viel auf andere hören. Man muss gucken, dass man sich mit Leuten umgibt, die es wert sind auf sie zu hören. Wenn mir dann jemand was sagt, dann nehme ich mir das auch zu Herzen. Ich hab aber auch einfach viel zu viel Zeit mit Leuten verbracht, die es nicht gut mit mir gemeint haben. Und mir Sachen erzählt haben, auf die ich dann gehört habe und total enttäuscht war.
rap.de: Angenommen, du machst ein Album und deine Fans lieben es. Aber Freunde und auch andere Musiker in deinem Umfeld finden es schrecklich. Wäre das oder der umgekehrte Fall für dich schlimmer?
Samy Deluxe: Es ist beides am Ende nicht schlimm, aber ein Album zu machen, welches meinem Umfeld nicht gefällt, ist eher unrealistisch. Das Sorge-Projekt zum Beispiel hat vielen Fans nicht gefallen, aber so vielen Künstlern. Ich habe von vielen Künstlern Props bekommen, von denen ich als Samy noch nie welche bekommen habe. Es ist auch glaube ich leichter zu sagen, ich bin Herr Sorge-Fan als Samy-Fan. Ich bin ja Samy, und Herr Sorge ist eine Kunstfigur. Damit hatte ich einen gefühlt riesigen Erfolg, ohne viele Platten verkauft zu haben. Ich hab davon total profitiert. Ich konnte damit einfach beweisen, dass ich mehr schreiben und produzieren kann als nur Rap. Es gibt nicht nur Erfolg und Misserfolg, es gibt auch persönliche Erfolge.
rap.de: Der dir im Endeffekt am wichtigsten ist?
Samy Deluxe: Ja, voll. Es würde mir eher das Herz brechen, Zeug zu machen, das sich kommerziell gut verkauft, aber Leuten nicht gefällt, die ich sehr schätze. Denn wenn man mit der Kunst geht und sie sich aber nicht verkauft, kann man immer noch sagen, es war Kunst und kein Kommerz. Wenn man so auf Kommerz aus ist, dass es selbst deinen Freunden nicht gefällt, dann ist das auf jeden Fall schlimm.
rap.de: Der alte Streit darum, wer der beste Rapper Deutschlands ist – interessiert dich das noch?
Samy Deluxe: Ich behaupte ja eh immer, dass ich der Beste bin, aber in dem Maße, wie ich Rapper bewerte. Ich hab nicht die krasseste Crew von 20 Schlägern hinter mir und kann deswegen sagen, ich bin der Beste. Ich kann aber das krasseste Doubletime-Dingen auf Platte rausbringen und kann es live dann noch mal geiler rappen als im Studio. Ich weiß einfach, dass ich als Rapper technisch sehr gut bin und das ist dann meine Messlatte. Und für andere ist der King eben der härteste Typ, der die meisten Gangsta hinter sich hat und für wieder andere ist es der, der die meisten Platten verkauft. Das muss jeder für sich selbst definieren. Ich hab zum Glück in meinem Leben als Musiker immer mehr Erfolge als Misserfolge erlebt. Ich kann davon gut leben und kann auch vielen Leuten Jobs geben. Ich hab einen Verein und mache Workshops mit Kids. Ich mache viele gute Sachen und habe viele Projekte und kann seit 20 Jahre davon leben. Es geht immer voran und eine Sache jagt die nächste, und das ist schön so.
rap.de: Apropos neue Projekte: Wird es in nächster Zeit ein Kollabo-Album von dir geben?
Samy Deluxe: Ich hab auf jeden Fall immer Bock darauf und hab auch Bock, mit Afrob mal wieder ein Album zu machen. Ein neues ASD-Album. Generell mag ich Kollabos sehr, das Problem ist einfach immer die Zeit und das Business-Dingen. Die einen haben da den Vertrag, die anderen dort, und deswegen ist das alles nicht so einfach zu machen. Jeder hat seine eigenen Projekte jedes Jahr, und dann noch die Politik des Geschäftes, auf welchem Label kommt das dann raus, das ist alles immer viel Arbeit und sehr schwer. Konkret ist da momentan nichts in der Pipeline, aber Bock hab ich immer.