Musa ist bis vor Kurzem nur im Kontext der BSMG in Erscheinung getreten. Mit seinem Debüt-Album „Berliner Negritude“ legte er im März dann den Grundstein für eine Karriere als Solo-Künstler und schaffte den Sprung aus dem Schatten seines Kumpels Megaloh. Wir sprachen mit ihm über sein neues Album, Pläne mit der BSMG und seine größtenteils amerikanischen Einflüsse.
Seit Jugendtagen bist du nun mit Megaloh befreundet und ständig mit ihm im Studio. Wie kommt es, dass du erst jetzt dein Debüt-Album veröffentlicht hast?
Die Frage wird mit öfters gestellt. Ich habe das Ganze einfach erst ab einem bestimmten Punkt ernst genommen, beziehungsweise ernst nehmen können. Erstmal habe ich mich nie für soweit empfunden, auch von dem was ich erzählen will und der stilistischen Art. Dann war ich auch mit anderen Sachen beschäftigt, hatte Druck von meiner Familie. Wer afrikanische Eltern kennt, weiß, dass die nicht herumscherzen: „Mach dein Abi, geh studieren“. Das hat dann auch einige Zeit in Anspruch genommen. Ich wollte aber eigentlich immer Musik machen. Ich war zwar zu Beginn hin- und hergerissen, aber als ich die Features auf Megas „Regenmacher“ machen durfte, habe ich das Ganze ernst genommen und gesehen, dass die Leute das feiern. Vor allem aber habe ich meinen eigenen Film gefunden. Ich habe gefunden worüber ich sprechen und rappen möchte.
Auf deinem neuen Album“Berliner Negritude“ zeigst du dich sehr persönlich. Es geht häufig darum, wie du aufgewachsen bist. Von Berlin nach Sierra-Leone und zurück. War es dir wichtig den Leuten gerade auf dem ersten Album klarzumachen, wer du überhaupt bist?
Ja, auf jeden Fall. Als ich auf einmal mit der BSMG daherkam, war es für den ein oder anderen sicherlich überraschend oder gar aggressiv: „Warum rastet dieser Schwarze da jetzt aus?“ Ghanaian Stallion hat mich dazu inspiriert so eine Art Prequel-Projekt zu machen, um nochmal auf meine Person einzugehen und zu erklären, warum ich gerade ausraste. Das war der Ansatz von dem Album.
Ansonsten ist mir aufgefallen, dass du in Sachen Beats und dem Sound auf „Berliner Negritude“ sehr flexibel bist. Du hast diese Nineties-Sachen, dann aber auch viel Trap. Präferierst du irgendeinen Stil?
Am Anfang, bevor ich die Songs überhaupt geschrieben habe, hatte ich ein Bild mit all den Sachen, die ich darauf haben will. Auf „Alles was ich hab'“ erkennt man eine ähnliche Dynamik wie auf „Wer hat die Hitze“ von Mega. „Dribble“ ist vielleicht sowas wie mein persönliches Jesse Owens. Ich wollte eigentlich alles Mögliche draufhaben. Ich persönlich präferiere die trappigen Sachen und meiner Meinung nach ist das Album eine offene Symbiose von verschiedenen Styles. Die Grundbasis ist für mich insgesamt schon trappig, bis auf „Dribble“ oder „Splitter“. Das sind halt mehr so tanzbare Sachen. „Gott sei Dank“ ist dann vielleicht ein bisschen mehr Boombap, aber trotzdem noch in dieser Symbiose.
Ghanaian Stallion hat dein Album exklusiv produziert. Wie kam es dazu, dass nur er Beats beigesteuert hat?
Wir sind eigentlich seit Tag eins ein Team. Mit Mega bin ich schon lange down. Eine kurze Zeit danach habe ich dann auch Stallion kennengelernt und wir haben immer Musik gemacht. Wir sind Homies, eigentlich wie Brüder, die die gleiche Leidenschaft teilen. Wir hören zusammen Musik und ich war schon bei seinen ersten Beats dabei. Dementsprechend ist es einfach zusammengelaufen. In der BSMG haben wir das erste Mal länger zusammengearbeitet und dann war es einfach natürlich, dass wir zusammen weitermachen. Nach dem BSMG-Schaffensprozess ging es direkt mit meinem Album weiter. Ich habe Beats von ihm gepickt und mich mit ihm ausgetauscht. Alles also auf ganz natürlicher Art und Weise.
Wird es in Zukunft auch Musik mit anderen Produzenten geben?
Was in der Zukunft passiert weiß man nie (lacht). Mit Sicherheit, aber ich weiß auch immer was ich an seiner Musik und den Beats habe. Er weiß was für einen Vibe ich will. Aber er arbeitet ja auch mit anderen Rappern zusammen. Mit ihm und auch als Dreier-Konstellation mit Mega wird es auch wieder etwas geben.
Ihr spielt also mit dem Gedanken ein zweites Album zu veröffentlichen?
Ich denke immer irgendwie daran und würde es deshalb nicht ausschließen. Wir sind es aber noch nicht angegangen, deshalb weiß ich nicht wann es soweit sein könnte. Ich habe jetzt erstmal mein Album gemacht, Mega wird sicherlich bald eins bringen. Danach will ich auch noch eine EP nachlegen. BSMG ist halt auch Arbeit und wenn wir ein zweites Album machen, müssen wir das erste auch toppen. Damit müssen wir uns erst einmal bewusst auseinandersetzen. Wer weiß, manchmal überkommt es einen. Bei „Platz an der Sonne“ war es auch so, dass Mega angefangen hat. Dann hatte ich eine Phase, in der ich aus dem Gefühl heraus viel vorgelegt habe. Das war einfach der Vibe damals. Den müsste man dann halt wieder catchen.
Wie lief es eigentlich genau ab, als ihr euch dazu entschieden habt „Platz an der Sonne“ zusammen zu machen?
Das war ein sehr natürlicher Prozess, dadurch dass ich immer um die Jungs herum war. Wie gesagt, ich war immer mit Stallion und Mega im Studio. Die haben immer gesagt: „Komm mit rein, damit man sich gegenseitig inspiriert.“ Das mit BSMG war eigentlich total komisch. Ich kam 2014 aus Sierra-Leone, habe dort gearbeitet und wollte eigentlich gar nicht mehr rappen. Ich war voll auf diesem African-Film, afrikanische Musik und so. Dann kam ich aber eben zurück und da hat Mega mir angeboten auf diesen zwei Songs noch irgendwie was zu machen. Ich fand geil, was er darauf gerappt hat und habe dann auch meine Parts beigesteuert. Aus dieser Inspiration heraus ist dann „Platz an der Sonne“ entstanden. Mega hatte zu dem Zeitpunkt schon ein, zwei BSMG-Parts fertig. Ursprünglich sollten die noch auf das „Regenmacher-Album“. Die fand ich sehr gut und daraufhin habe ich auch meine Verses gemacht. Dann kam eben die Idee ein kleines Projekt zu machen. Das Ganze ist dann immer weiter gewachsen. Zuerst haben wir ein paar ignorante Songs aufgenommen, wollten dann aber immer mehr machen. Mega meinte, Nesola will auch mit uns arbeiten und ist an dem Projekt interessiert. So ist es schließlich immer größer geworden. Anfangs war das Mindset einfach „Lass raus“. Wir haben mit „Notwendige Mittel“, „N-Wort“ und so weiter die ganzen aggressiven Songs gemacht. Eigentlich haben wir schon immer über uns als Schwarze in Deutschland und über politische Sachen geredet. Es ging nicht nur um Rassismus, sondern allgemein darum, dass man schwarz ist und dass man es auf natürlicher Art und Weise embracet. Ich glaube, es hat viel zusammengespielt. Das Ding ist, dass wir nicht immer hergehen und uns vornehmen: „Komm, wir sagen jetzt das und das…“ Dieser Beat-Film, dieser Trap-Film, das, was wir in den Staaten gehört haben spielte auch eine große Rolle. Einerseits das geflexe, aber auch diese Aggression und Emotion kommt auf den Beats gut rüber.
Ich bin im Zusammenhang mit dir auf den Begriff „Concious Trap“ gestoßen. „Concious Rap“ kennt man ja zum Beispiel von Kendrick Lamar. Du bringst da dann aber noch Trap-Beats und Autotune mit ein. Was hältst du von diesem Label? Findest du es zutreffend?
Mir kommt es so vor, als müsste es in Deutschland für alles ein Label geben. Ich habe schon früh gemerkt, dass Megaloh, ich und auch wir als BSMG als concious getitelt wurden. Für mich ist das, was in Deutschland als concious definiert wird ein bisschen fragwürdig. Sobald man etwas Politisches sagt, wird man in diese Schublade gesteckt. Deshalb habe ich meine Musik als Concious Trap gelabelt. Einfach Trap, der vielleicht ein bisschen mehr reflektiert statt nur zu zelebrieren. Dementsprechend habe ich dieses Conscious-Label angenommen, beziehungsweise für mich auch definiert. Aber sowieso, man, wir sind in 2019. Meiner Meinung nach haben wir Trap in Deutschland gar nicht begriffen. Wir labeln irgendwelche Sachen, ohne überhaupt zu begreifen, was sie sind. Das merke ich, wenn ich mir Zaytovens Beats anhöre oder auch die Vermischung von Trap und Soul. Diesen Stil habe ich in den Staaten schon damals gefeiert und auch heute noch, beispielsweise „Beast Mode 2“ von Zay und Future.
„Einfach Trap, der vielleicht ein bisschen mehr reflektiert statt nur zu zelebrieren.“
Dann ist dein Fokus also gar nicht so sehr auf der Message, die du bringen willst?
Eigentlich nicht. Die Leute lenken das oft in diese Richtung, womit ich manchmal natürlich auch im Konflikt bin. Klar finde ich es cool, wenn Leute das nachvollziehen und feiern können. Ich finde es aber nicht cool, wenn man meine Musik nur darauf beschränken will. Für mich geht es nie darum mich zu fragen, was ich hier gerade aussagen will oder welche Message ich vermitteln will. Ich lasse die Gefühle einfach fließen. Das klingt dann vielleicht oft kompliziert und politisch für die Leute, aber für mich jetzt nicht so krass.
Du hast eben schon Zaytoven und „Beastmode 2“ mit Future angesprochen. Welche Künstler zählst du sonst zu deinen musikalischen Inspirationen?
Also man muss halt sagen, dass ich zwar jetzt erst angefangen richtig zu rappen, aber ich freestyle schon lange und bin seit langem Fan. Dazu bin ich ja auch nicht der jüngste Newcomer, wie Keemo sagen würde (lacht). Es gibt viele Sachen die ich gehört habe. Anfangs, in den Neunzigern war Jay Z immer einer meiner Favorites. Dann kamen bei mir die Südstaaten-Sachen wie Ludacris und T.I dazu. Die älteren Sachen feiere ich aber auch eher noch von dem Inhalt und dem Mindstate und die neueren dann von dem Flex. Future, Gunna, Lil Baby, auch Offsets Album ist krass. Von den Migos war ich erst nicht so der Fan, Culture fand ich dann aber geil. In die Mixtapes habe ich immer reingehört, aber die Jungs haben halt eine Menge Zeugs. Von den Solo-Alben, die die drei jetzt rausgebracht haben finde ich Offsets Album mit Abstand am besten. Die anderen finde ich leider nicht so geil, obwohl ich Takeoff sonst sehr feiere. Dazu kommen bei mir auch viele afrikanische Sachen. Tekno, Wizkid, die bekannten Leute sowieso, jetzt gerade Burner Boy. Viel, viel African Stuff. Es gibt eigentlich viel Mucke, die mich inspiriert. Soundtechnisch sind es dann aber echt die neuen Sachen, die mich am meisten inspirieren.
Interessant, ich hätte jetzt vielleicht auch einen J. Cole, oder Kendrick Lamar erwartet, weil es thematisch etwas mehr passt. Aber dann stehst du mehr auf so ignorante Sachen, wenn ich das richtig verstehe.
Das ist das Ding und das Interessante. Ich bin in unserer Crew eigentlich der absolute Future-Stan und feiere ihn schon ewig lang. Besonders in den letzten Jahren wegen der Kontinuität, die er an den Tag legt. Ich mag diesen ignorant shit halt, weil ich diese Leute aus der Hood als Fallbeispiele sehe. Eigentlich betrachte ich mich auch so, deswegen ist es für mich manchmal ein bisschen schwierig, wenn die Leute meine Musik nur auf diesen politischen Aspekt reduzieren. Ich habe Kendrick auch eine Zeit lang gefeiert. „Section 80“ vor allem und klar finde ich ihn bezüglich der Inhalte nice, muss aber auch sagen, dass ich die Inhalte selber in mir habe. Ich reflektiere das irgendwie selber und es ist lustig, weil ich oft mit Stallion darüber rede. Er sagt immer:“Ey, gebt euch doch mal die Rapper…“, also meistens mehr Rapper mit Inhalt, die bestimmte, prägnante Lines haben, was ich auch sehr geil finde. Nur habe ich oft das Gefühl, dass ich es in mir habe und ich das gar nicht so studieren muss, um darüber zu sprechen.