Interview mit Kex Kuhl: „Stokkholm“, Nahtoderfahrung & AfD

Eine Line ist mir besonders in Erinnerung geblieben – „Ich habe mit 26 den scheiß Tod gesehen“ auf der „Alte Götter“-Single. Was ist damals passiert?

Da hatte ich meine erste richtig große Panikattacke. Da bin ich auf die Straße gerannt und habe den Krankenwagen gerufen. Ich dachte in dem Moment wirklich, dass ich sterbe. Ich hatte einen Puls von 180 und mir ging nur durch den Kopf – „Ok, es ist vorbei.“ Diese Angststörung in mir hat das ausgelöst. In diesem Moment ist das alles sehr real und du denkst, dass das dein Ende sein könnte. Meine Psyche hat das auf meinem Körper übertragen und ich hatte Todesangst. Das war eine Nahtoderfahrung für mich.

Du hast eben erwähnt, dass du in Therapie warst. Kannst du mittlerweile umschreiben, was dieses Gefühl in dir auslöst?

Exakt kann ich das nicht sagen, aber ich denke, dass es bei mir meine Tendenz zum Zerdenken ist. Ich zerdenke alles. Schon immer. Dann sitze ich da und denke plötzlich: „Ok, mein Herz schlägt komisch.“ Dann steigere ich mich da hinein und analysiere mein Krankheitsbild, bis ich durchdrehe. Das nennt man Psychosomatik. Das bedeutet, dass man sich so intensiv reinsteigert, bis es sich auf den Körper auswirkt.

Wie geht es dir momentan?

Mir geht es besser. Es wird nie komplett weggehen. Mein Tipp an Leute, die das gleiche Schicksal wie ich teilen, ist, dass man nicht dagegen ankämpfen sollte. Du bekommst das nicht weg. Du bist so und musst lernen, damit umzugehen. Das habe ich mittlerweile gecheckt. Ich kann heute besser damit umgehen. Früher hat mich eine Panikattacke vier Tage komplett aus der Bahn geworfen und ich konnte nicht mehr das Haus verlassen. Heute geht das zehn Minuten und die Sache ist gegessen.

Rap öffnet sich auch international mehr für diese Thematiken – Angststörungen, psychische Krankheiten usw.

Absolut. Das hat alles mit Lil Peep angefangen. Es ist besser, wenn du darüber sprichst, was in dir vorgeht. Und das wird mittlerweile akzeptiert. Und ich finde das auch gut so. Es gibt leider auch Künstler, die dann so tun als ob. Da denke ich mir „Du Spasti, du sagst doch auch nicht, dass du Krebs hast!“ Aber so ist das nun Mal.

Trends werden in dieser Industrie kommerziell ausgeschlachtet.

Melden sich Menschen bei dir, denen du mit deiner Musik geholfen hast?

Ja, voll oft. Und das macht mich sehr glücklich. Wenn sich Menschen bei mir melden und mir mitteilen, dass ich ihnen mit meiner Musik helfe, dann ist das ein tolles Gefühl.

Zu wissen, dass ich Menschen in Situationen helfe, in denen ich selbst schon war, ist das Größte.

Mir ging es ja ähnlich. Ich habe in Momenten, in denen es mir sehr schlecht ging, Musik angehört, die mir geholfen hat: Bob Dylan, Lil Peep. Ich bin sehr dankbar dafür, wenn Menschen mir schreiben und so offen sind. Ich versuche zu helfen, weil ich da selber drin bin. Ich bin die letzte Person, die dafür kein offenes Ohr hat.

Während deiner Promophase meintest du, dass dein Debütalbum von Menschen handelt. Was für einen Bezug hast zu Menschen? Würdest du so weit gehen, dich als Philanthrop oder Misanthrop zu bezeichnen?

Philanthrop würde ich nicht sagen. Ich bin Menschen gegenüber immer sehr skeptisch eingestellt. Für mich ist ein Typ ein Wichser, bis er mir das Gegenteil bewiesen hat. Ich würde in der Vergangenheit so oft verarscht, weißt du. So oft bedroht und solche Sachen.

Als Kind hat mich ein Nazi mit einem Messer bedroht. Wer drückt einem Sechsjährigen ein Messer ins Gesicht?

Wow. Was ist damals passiert?

Ich habe mit meinem Bruder und einem Freund Fußball gespielt. Dann kam der Typ vorbei und hat uns mit dem Messer bedroht. Er hat uns gezwungen Liegestütze zu machen und meinte danach: „Zieht zurück in euren Land oder ich steche euch ab!“ Wie willst du da zu Menschen Vertrauen aufbauen?