Krissi: Ein Song aus dem Album heißt „Ich bereue nichts“. Das klingt nach Rückblick.
Ich bin, seitdem ich 20 bin, aktiv dabei, hier und da mal zurück zu blicken. Ich merke, dass ich ein Rapper bin, bei dem man aktuell nicht zwanzig weitere daneben stellen kann, die genau das gleiche machen. Damit habe ich natürlich auch meine Schwierigkeiten, da das, was ich mache, eher zur Außenseiterposition gehört. Trotzdem habe ich das nie bereut.
Krissi: Was für Schwierigkeiten bringt das mit sich?
Ich bin nie im Mainstream. Ich kann nie auf Wellen mitreiten, die andere mitnehmen. Ich bin nicht der Typ, der Leute anspricht, um daraus einen Gewinn zu schlagen. Ich will nicht auf Teufel komm‘ raus connecten, sondern versuche, alles aus eigener Kraft hinzukriegen. Ich wurde nicht künstlich in den Himmel geschossen. Der Track ist irgendwo auch ein Zeichen, die Leute darin zu bestärken, das zu tun, was sie lieben.
Krissi: Wenn du Zeit hast, fährst du ganz gerne mal weg. Darüber sprichst du in „Wenn die Ferne ruft“.
Wenn wir eine Platte machen, fahren wir gerne weg, um uns inspirieren zu lassen. Bei dieser Platte waren wir für zwei Wochen in Colorado. Wegfahren ist sinnvoll, um aus seinem Trott herauszukommen, den Kopf für Ideen frei zu kriegen und auf Ideen zu kommen.
Krissi: Gibt es Orte, die dich persönlich stark geprägt haben? Solche, wo du zum Beispiel einen sogenannten „Kulturschock“ erlebt hast?
Ich war privat auf Jamaika. Das war natürlich schon ein kultureller Unterschied im Vergleich zu Deutschland. Das habe ich extrem genossen. Ich bin das ganze nicht so touristisch angegangen, sondern habe mich mit einem Taxifahrer in Verbindung gesetzt, der sich gerade am Straßenrand eine Tüte gerollt hat und mich gefragt hat, ob ich eine Mitfahrgelegenheit bräuchte. Mit dem habe ich mich dann an einen Baum gesessen, einen gedampft und Vertrauen aufgebaut. Der hat mich dann am nächsten Morgen abgeholt und mir Orte gezeigt, die andere wahrscheinlich nicht sehen. Es ist echt ein Highlight, mit den Leuten, die da wohnen, in Kontakt zu kommen und nicht dem langweiligen Reiseleiter zuzuhören.
Krissi: Du sagst, dass du mit deinen Reisen vor dem Stress abhaust. Was für Stress ist das?
Stress ist vielschichtig. Man kann ihn sich auch selber bereiten, indem man seinen Alltag nicht so ausgewogen gestaltet, wie man es vielleicht tun sollte. Das Erzwingen von Musik klappt in der Regel nicht. Man sollte sich davon frei machen, jeden Tag ins Studio gehen zu wollen, da man dadurch völlig unentspannt wird. Ich muss aber sagen, dass ich schon relativ stressfrei leben kann. Wenn dann ist das eher privater Stress oder Druck, den man sich selber macht.
Simon: Deine neuen Sachen sind düsterer und nachdenklicher als das, was du vorher gemacht hast. Warum?
Man wird ja auch nicht jünger und irgendwann kommt der Punkt, wo man sich fragen muss, an welcher Position man gerade steht und ob das so weiter geht. Es ist schon Kopfstress. Es sagt einem keiner, dass man sich damit in fünf Jahren auch noch über Wasser halten kann. Was machst du dann? Der Stress ist einem mit den Jahren immer bewusster geworden. Früher war man weit weg von dem Punkt, irgendwas safe in der Tasche haben zu müssen.
Krissi: Meinst du damit deine Rente?
Ja, auch. Ich bin niemand, der sich doppelt und dreifach absichert. Der Stress, dass es irgendwann nicht mehr reicht, ist schon da.
Krissi: Glaubst du das ist ein Grund dafür, warum viele Musiker die breite Masse bedienen?
Gute Frage. Das musst du die Leute mal fragen. Ich glaube, viele sind schon daran interessiert, viel anzuhäufen – alleine schon wegen des Egos. Wer will schon von sich sagen, dass er seit zehn Jahren rappt, aber noch keinen Porsche hat. Da ist dann die Frage, inwiefern man die Eier hat, darauf zu scheißen, wie andere einen sehen.
Simon: Du bleibst deinem Sound sehr treu. Gibt es bei dir nicht den Wunsch, etwas Neues auszuprobieren?
Ich habe mich so daran gewöhnt, mit Deckah Musik zu machen. Klar, ist man da in seiner Spur und man redet auch darüber, die hier und da mal zu verlassen, das ist bei uns aber ein Prozess. Wenn ich von anderen Leuten Beats kriege, die einen gewissen Soul haben, dann springe ich darauf auch durchaus an, obwohl das dann eher in den Bereich des Traps geht. Solange es mir gefällt. Pausenlose Wortwiederholungen und Autotune würde ich trotzdem nicht machen.