Umse im Interview: Drogenpolitik, AfD und Urlaub auf Jamaika

Umse nimmt sich Zeit und tut die Dinge mit Bedacht. Seit 1997 schreibt er Texte auf Papier; inzwischen hat er sechs Alben und drei Mixtapes mit entspanntem, aber dennoch nachdenklichem und kritischem Inhalt gefüllt. Dabei bewegt er sich eher im Untergrund, was ihn aber überhaupt nicht stört, da er trotzdem eine treue und große Hörerschaft hat. Im Interview mit Simon und Krissi spricht er über die aktuelle politische Lage, die Kriminalisierung von Marihuana und über Urlaub. Gute Mischung, oder? 


Umse (links) chillt mit Simon und Krissi (rechts) im grünen Hinterhof der Redaktion.

Krissi: Der erste Track des neuen Albums heißt wie das Album selbst: „Durch die Wolkendecke“. Worauf bezieht sich das?

Der Track beschreibt den Prozess, der zum Album geführt hat. Die Wolkendecke steht als Bild für eine schwierige, düstere Phase. Wir haben zu dritt an dem Album gearbeitet: Crop, Deckah und ich. Crop hat alles gemischt und gemastert und es hat erstmal eine gewisse Zeit gedauert, mit ihm zusammenzuwachsen. Am Ende haben wir es aber geschafft und sind dann gemeinsam „Durch die Wolkendecke“.

Simon: Warum hast du eigentlich kurz vorher noch die EP „Flammenwerfer“ rausgebracht?

Nach der langen Ruhephase hat es Sinn gemacht, erstmal wieder ein Lebenszeichen zu geben. Der Gedanke war, einen Vorboten zum Album zu haben, damit die Leute wieder aufmerksam werden und ich ein Gefühl dafür kriege, an welchem Punkt ich gerade stehe: Muss ich etwas aufholen oder neu anfangen? Oder sind die Leute direkt da?

Krissi: Wie schöpfst du aus schwierigen Phasen neue Motivation? Du wirkst wie ein sehr optimistischer Mensch.

Ja, total. Es ist ja nicht so, dass in diesen zweieinhalb Jahren, in denen wir das Album aufgenommen haben, jeder Tag schwierig war. Man hat auch seine Erfolgsmomente, die waren nur ein bisschen rarer gesät und man musste um sie kämpfen.

Krissi: Du beziehst die Krise ja auch auf die aktuelle politische Lage. Wie wirkt sich diese auf deinen Alltag aus? 

Ich stehe jetzt nicht morgens auf und denke direkt daran aber sobald ich irgendwas lese, Fernsehen schaue oder anderweitig Infos kriege, beschäftigt mich das schon. Das sollte sowieso keinem egal sein. Da ich Musik mache und die Möglichkeit habe, irgendwas zu lenken, auch wenn es nur in kleiner Form ist, habe ich an mich selbst den Anspruch, hier und da auch politische Inhalte zu verpacken. Ich habe Freunde, die eine andere Herkunft haben und dadurch von dem Rechtsruck noch mehr betroffen sind, als ich. Aber nur, weil es mich nicht direkt betrifft, ist es ja nicht weniger schlimm. Das ist eine Sache, die jeden etwas angeht.

Simon: Du hast auf dem Album das erste Mal wirklich deutlich Position bezogen. 

Das AfD-Thema ist aktuell allgegenwärtig. Da kann man sich nicht genug zu positionieren, obwohl das Erwähnen des Namens direkt mit einem Klischee einher geht. Von wegen: ‚Ah, jetzt sagt der auch was dagegen.‘ Das hat mich aber nicht davon abgehalten, auch weil es in dem Song inhaltlich Sinn gemacht hat: Die AfD nimmt ganz gerne Nichtigkeiten und bläst diese künstlich auf.

Krissi: Nun sind wir direkt in den nächsten Song geschlittert: „Mücken und Elefanten“

Es wird heutzutage viel über Trash geredet. Das ist das, was zieht. Dieser BILD-Style. Der Song soll die rhetorische Frage stellen, was eigentlich wirklich wichtig ist. Ich spreche konkrete Fälle an, bei denen ich dachte, dass die Menschen viel zu pingelig und auch spießig waren. Zum Beispiel meinen Nachbarn: Wie oft der bei mir schon geklopft hat, weil der Bass zu doll war. Leute regen sich über Dinge auf, die eigentlich nichtig sind.

Simon: Würdest du sagen, dass du generell etwas wütender geworden bist? Du rappst viel über das Kiffen und sagst nun aber ganz klar, dass der Staat dich diesbezüglich nicht in Ruhe lässt. 

Ich hab sonst höchstens nebenbei Kiffer-Lines gebracht, aber die Leute wissen eigentlich, wie ich in der Hinsicht ticke. Ich rauche Weed seitdem ich 15 bin, jetzt bin ich 35. Die diesbezügliche Politik stört mich einfach. In anderen Ländern klappt das ja auch. Man muss nicht 20 Jahre hinterherhinken! Wenn ich Stress mit dem Gesetz habe, dann wegen so’nem Scheiß – wegen einer Nichtigkeit.

Simon: Dabei könnten die ihre Zeit besser verwenden als irgendwelche Kiffer zu jagen.

Die Polizei will ja eigentlich auch, dass das nicht mehr bestraft wird und man einen offenen Umgang findet. Die Drogenbeauftragte in Deutschland diskutiert wirklich arm. Es gibt immer eine Lösung, Jugendliche zu schützen, ohne Gras weiterhin zu kriminalisieren.

Krissi: Was glaubst du, warum sich meistens die Leute beschweren, die das ganze gar nicht betrifft? Oder allgemeiner gesprochen: diejenigen, denen es gut geht, meckern. Die, denen es schlecht geht, nicht.

Leute, denen es schlecht geht, haben keine Luxusprobleme. Die denken hauptsächlich daran, genug Geld zu verdienen, um sich um ihre Kinder kümmern zu können. Die haben gar nicht die Zeit oder den Luxus, sich über Nonsens aufzuregen.

Simon: Du hast einen Song namens „Mach das Kleine groß“. Siehst du dich selbst als Kämpfer für die kleinen Leute? 

Ich mache Songs, ohne den Leuten andauernd meine Ideologie aufdrücken zu wollen. Ich sehe das als Denkanstoß, gerade für die jüngeren Leute. Ein Ansatz, bei dem wirklich jeder etwas machen kann, ist beim Kaufverhalten. Man sollte sich die Frage stellen: Wo genau stecke ich da gerade meine Kohle rein? Wenn jeder diese Frage durchdenken würde, bevor er Geld ausgibt, würden die Dinge anders laufen. Mit dem nötigen Bewusstsein würde es fairer zugehen. Ich sage zwar, dass man lieber was beim Kiosk als bei der Tanke kaufen soll, wenn ich aber gerade getankt habe, kaufe ich natürlich auch dort etwas und gehe nicht nochmal extra zum Kiosk. Sonst gehe ich aber immer zum Kiosk.

Krissi: Was ist denn das konkrete Problem an der eben angesprochenen Monopolisierung?

Es macht mehr Spaß, wenn es viele kleine Läden gibt. Dadurch werden auch speziellere Dinge angeboten. Wenn ich in ein Backwerk reingehst, steht da nicht der Typ, dem der Laden gehört, sondern irgendein Angestellter. Der menschliche Umgang wird dadurch oberflächlicher.