Der Stuttgarter Sickless hat einige Zeit nichts von sich hören lassen. Jetzt, im September 2018, klopft, gute vier Jahre nach Veröffentlichung seines Untergrund-Klassikers „Horus“, endlich ein neues Release an die Pforten der deutschen Conscious-Rap-Szene. Ohne Gäste, dafür allerdings auf der Grundlage ausgeklügelter 7apes-, Enaka-, Ghanaian Stallion– und Drum Quixote-Beats hat Sickless sich diesmal, und das war man bislang Weißgott nicht gewohnt, dem eigenen Weltschmerz hingegeben, greift den düsteren Zeitgeist im nachdenklich-wütenden Stile auf.
Gleich auf dem ersten Track deiner „BETA EP“ konfrontierst du deine Hörerschaft mit einer ungewöhnlichen Frage. Du willst wissen, ob sie dich überhaupt noch kennt. Hattest du Angst, dass man dich vergessen hat?
Irgendwie schon, klar. Seit „Horus“ sind vier Jahre vergangen, das ist ja gerade im Musikgeschäft eine unheimlich lange Zeit. Ich release seit über zehn Jahren Tapes und habe die Intros schon immer für persönliche Updates seit dem vorangegangenen Projekt genutzt. Auch diesmal erkläre ich in den Nebensätzen, was in der Zwischenzeit so abging. Der Track beschäftigt sich, gemeinsam mit dem Outro, am ehesten mit mir selbst und stellt dementsprechend auch diese sehr wichtige Frage an die Anhänger (lacht).
In deinem Pressetext heißt es sinngemäß, dass du trotz des verhältnismäßig geringen Outputs der letzten Jahre dennoch stets sehr präsent warst. Ich finde diesen Satz sehr zutreffend, frage mich aber gerade deshalb, warum man das latente Gefühl hat, dass du nie weg warst?
Man darf nicht vergessen, dass beispielsweise der Track mit Lakmann und Marz erst nach „Horus“ erschienen ist. Und der war ja quasi mein zweiter großer Push nach dem VBT-Hype. Danach habe ich viel Live-Erfahrung gesammelt und war alleine deshalb nie so wirklich abwesend.
Du bist ja auch Chef deines eigenen Labels wirscheissengold. Ist die damit verbundene Arbeit auch ein Grund für die lange musikalische Unterbrechung?
Ja, ganz bestimmt. Ich investiere viel Zeit in WSG und tue mich parallel dazu auch immer noch sehr schwer damit, Dinge aus der Hand zu geben, gerade im Label-Kontext.
Was nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass du und deine Labelkollegen stets ziemlich fertige Visionen haben, die ihr dann sehr detailverliebt umsetzt.
Wir legen großen Wert auf kleine Details und eine gewisse Professionalität, das stimmt schon. Hier und da zahlt sich das ja auch wirklich aus: Wenn ich zum Beispiel an die Promophase zu Marz‘ Album „I Love 2 Hate“ denke, muss ich schon sagen, dass das alles sehr gut aufgegangen ist und es sehr förderlich war, ein klares Konzept zu haben.
Wer dich nicht erst seit gestern kennt, weiß um deinen Perfektionismus, der manche Prozesse sicherlich auch verlangsamen kann.
Ja, ich bin tatsächlich kein Typ für Schnellschüsse. Die „BETA EP“ ist eigentlich das beste Beispiel: Ich plane die Veröffentlichung im Prinzip schon seit 2016. Ich habe fast jedes musikalische Gerüst in der Zwischenzeit mehrmals wieder umgeworfen, mit dem Ziel, die EP zu einem einheitlichen und runden Ding zu machen, habe einiges ausgeschlagen und allein an der Wahl eines passenden Titels ewig gefeilt. Lange Zeit habe ich nach einer coolen Metapher für „Ballast abwerfen“ gesucht – bis ich mich irgendwann für „BETA“ entschieden habe.