Interview mit Nazar

 rap.de: Wird diese OP auf dem Album auch thematisiert?

Nazar: Absolut gar nicht, weil ich ehrlich gesagt kein Freund davon bin, so persönliche Dinger in der Musik zu verarbeiten.  99 Prozent würden es sowieso nicht respektieren und verstehen. Es ist auch nicht das Thema, wofür ich dann irgendwie dafür bemuttert oder bemitleidet werden möchte.

rap.de: Warum dann aber der Albumtitel?

Nazar: Das Thema Narkose, Amnesie und überhaupt dieses ganze Drumherum, was damit zusammenhängt, ist nun mal ein großer Teil meines Lebens.  Ich fand‘s einfach visuell wie auch namentlich sehr stark, weil ich momentan sowieso auf einem ganz starken Totenkopftrip bin, deswegen kam einfach der Entschluss, das Album so zu nennen. Ich war ja noch nie ein Freund davon, Albumnamen in den Inhalt des Albums umzusetzen. Ich kenne auch nicht viele Alben, wo das funktioniert hat. Das ist immer nur so ein Ding, was man in Interviews versucht zu erklären, aber wenn du dann das Album hörst, stimmt es überhaupt nicht mit dem überein, wie er’s genannt hat. Man versucht mit Titeln halt oft so zu tun, als wäre man intelligent und als hätte man sich überkrasse Gedanken darüber gemacht, weil‘s dann schön ist, in Interviews zu erklären, wie kreativ man eigentlich war. Aber im Endeffekt hört man es dann zu 90% gar nicht raus, was damit gemeint ist.

rap.de: Die ersten Singles waren sehr nachdenklich. In den Videoblogs zum Album hieß es aber, dass „Narkose“ eher clublastig wird.

Nazar: Ja, das Album ist sehr clublastig, sehr krass produziert. Wir haben da mit neuen Methoden rumgespielt, den Bass zu verschieben, dass er wirklich so rauf und runter geht und weiß der Teufel was. “Stilles Meer“ war ja gar nicht geplant, das war eine Über-Nacht-Aktion, zu der mich Adam Klik (Berliner Fotograf und Videokünstler – Anm. d. Red.) therapiert hat. Ich finde den Song halt sehr schön, auch wenn  ihn viele Leute nicht verstanden haben, was auch glaube ich damit zusammenhängt, dass sie sowas einfach nicht von mir gewohnt sind.  Ich habe mir auch nicht viele Gedanken darüber gemacht habe, dass alle damit gerechnet haben, dass ich mit einer Granate um die Ecke komme, als ich ein neues Album angekündigt habe. Was wahrscheinlich markttechnisch viel intelligenter gewesen wäre, aber ich bin einfach nicht der Typ, der markttechnisch sehr intelligent agiert. Mir ist ehrlich gesagt scheißegal, wie man das normalerweise macht, ich bin ja auch kein Freund von Managern und Instanzen, die den Künstler zu stark beherrschen und versuchen, ihn in ein zu starkes Raster einzubauen, weil du dann wie ein kleiner Roboter bist. Deswegen mache ich einfach das, was ich will und so lange es funktioniert, ist es auch gut, und es funktioniert.
 
rap.de:  Kreativität ist dir also wichtiger als Geld?

Nazar: Ich verdiene nicht schlecht durch meine Musik. Gott sei Dank hat sich für mich durch meine Musik auch die Möglichkeit  ergeben, anderweitig sehr gut Geld zu verdienen. Das bedeutet, ich habe noch immer die Möglichkeit, einen hochdotierten Major Deal  abzulehnen, weil ich ganz einfach gesagt habe, ich unterschreibe nur, wenn ich meine Freiheit behalten kann. Das wollten sie nicht, weil sie gesagt haben, die Summe, die sie mir bezahlen, da kann ich keine Freiheit haben.

rap.de:  Geld oder Freiheit.

Nazar:  Genau. Also, Freiheit ist jetzt natürlich ein bisschen ein krasser Begriff, aber sie wollten einfach darüber entscheiden, wie mein Artwork aussieht, was meine Singles werden und dass manche Songs vom Album hätten gestrichen werden müssen, weil sie einfach der Auffassung waren, dass sie mich mit diesen Songs in diverse Medien bringen können und das wollte ich ganz einfach nicht.

rap.de: In welche Richtung wollten sie dich denn drängen? Mehr so in eine harte Ecke?

Nazar: Nein, natürlich nicht. Man hat ja auch die Entwicklung bemerkt, dass meine Musik sich immer mehr von diesem ganz krassen Straßending distanziert hat. Manchen gefällt das, anderen Hörern irgendwie nicht, aber für manche, gerade in der Branche, ist es noch immer viel zu krass. Vor allem jetzt, wo dieses Hipster-Ding sehr stark am Kommen und sehr erfolgreich ist, versucht man natürlich aus fast jedem Künstler auch einen Hipster zu machen, weil man denkt, dass das automatisch erfolgreich ist, was absoluter Schwachsinn ist. Es sind halt immer diese Vorurteile und ich denke auch, dass ich halt ein gewisses optisches Erscheinungsbild habe, bei dem man sich nicht darüber Gedanken machen würde, ob ich vielleicht ein kreativer Typ bin. Dabei mache ich mir wirklich über sehr, sehr viele Dinge Gedanken. Man darf nicht vergessen, dass ich das visuelle Bild von 3.0 kreiert habe, was im Endeffekt sehr erfolgreich war, und da habe ich mir lange Gedanken darüber gemacht, wie man einen unfassbar krassen Rapper wie RAF Camora, der zwar nicht über Ghettos und Kanacken gerappt hat, aber trotzdem Street-Rap war, wie man das visuell verpacken kann, damit einerseits die RAF Camora-Liebhaber nicht von 3.0 abgeneigt sind, man aber trotzdem mit diesem musikalischen Projekt auch an eine andere Zielgruppe kommt. Und das haben wir geschafft, und zwar ohne einen Major, ohne irgendwelche Typen, die dafür engagiert wurden sich darüber Gedanken zu machen.