Game One – Rap und Spiele

rap.de: Ganz ehrlich, das finde ich so krass albern an diesen Rapbattles. Wenn man so Leute sieht, und es kotzt mich jedes Mal an, die dann sagen "Hey. Und. Ich. Sage. Jetzt. Nichts. Gemeines. Gegen. Deine. Mut-ter. Aber. Wir. Batt-len. Uns. Hier.
 
Etienne: Das hat ja schon so ein bisschen was vom Mittelalter mit dem Fehdehandschuh. "Wir schlagen uns nicht, aber hier ist mein Reim! Ich präsentiere ihn dir. Du bist weich wie ein Kissen. Was antworten sie darauf?“ – "Aha! Ich bin also weich wie ein Kissen. Nein, nein, ich bin hart wie dieses Stahlrohr!“ Das ist eine moderne Form der Auseinandersetzung. Stell dir mal vor Länder würden das so machen. Dann wäre Weltfrieden! Amerika gegen Afghanistan mit einer Reimbotschaft.
 
Simon: Du bist da an was ganz heißem dran, glaube ich. Da wäre USA Weltmacht, wenn es nur um die Skills geht.
 
rap.de: Du beschäftigst dich also doch mit HipHop!
 
Simon: Ja, ich höre ja auch ein bisschen HipHop! Zwangsweise, weil ich neben ihm sitze. Aber ich mochte halt den lustigen deutschen HipHop, den wahrscheinlich keiner von den "richtigen“ Rappern ernstgenommen hat. Fettes Brot war ja nie… Das war ja Spaß-HipHop. Das ist ja nicht mal Rap eigentlich, oder? Aber das sind die Sachen, die mir gefallen. Massive Töne finde ich gut, dann kamen Blumentopf – mehr so das Lustige im Leben. Ich konnte mit diesem Asi-Ding nie so richtig was anfangen und das hat sich ja doch jetzt durchgesetzt.
 
Etienne: Mittlerweile ist es eigentlich schon ausgewogen. Das meine ich ja. Vor 15 Jahren im Deutsch HipHop gab es Bestellkataloge von irgendwelchen Musikmagazinen, wo es keine CDs von den Fantastischen Vier oder Fettes Brot gab. Die wurden geächtet. Die konnte man  einfach nicht kaufen. Wenn du da reingegangen bist und gefragt hast "Habt ihr was von soundso“, das ging einfach nicht. Heutzutage respektieren die sich. Jeder von den erfolgreichen Rappern hat ja auch irgendwelche Popsongs und andere Einflüsse drinne, die können ja gar nicht mehr… Wenn Bushido den "Biene Maja“-Song samplet, kann er sich ja schlecht hinstellen und über irgendwelche Spaß-Rapper lästern. Heute ist das alles vermischt, aber es gab Zeiten, da war Spaß-Rap total verpönt. Dabei fing es damit an! Das muss man einfach mal sagen. Also, Rap an sich fing natürlich nicht mit den Fantastischen Vier an, aber…
 
 
rap.de: Damals in der Bronx.
 
Etienne: Auch damals in Amerika war ja zum Beispiel ein Kurtis Blow weit weg von dem, was ein 50 Cent so gemacht hat. Es gab ja eine ähnliche Entwicklung. Das waren auch mehr lustige Wortspiele und dann ist es irgendwann Gangster geworden mit N.W.A. und Public Enemy.
 
Simon: Ich finde ein Eminem macht das genau richtig. Ich kann das ja nur als Laie beurteilen, aber da hat wirklich jemand ein Talent, was er nahezu ausreizt.  Man hat wirklich das Gefühl: Da ist jemand der was kann, was es sonst nirgendwo gibt. Der "Flow“, wie du jetzt wahrscheinlich sagen würdest. Ich bin ja jetzt wirklich keiner der weiß, wovon er spricht. Ich höre das und denke mir krass, das ist Poesie, das ist Lyrik auf eine andere Form und wenn man sich durchliest, was genau er auch alles sagt und nicht nur Fetzen versteht, ist das auch einfach richtig gut. Diese Kunstform ist wirklich unterschätzt.
 
Etienne: Ich stimme dir voll zu was Eminem angeht. Bei ihm merkt man so eine gewisse Leidenschaft und das finde ich bei Eminem halt auch geil. Bei vielen seiner Songs spürt man richtig Wut und Emotionen. Aber generell ist es so, dass es schon auch viele US-Rapper gibt, wo man, wenn man da komplett die Lyrics verstehen würde, was für uns als Deutsche ja auch nicht so einfach ist… Gerade auch wenn man die nicht so häufig hört.
Wenn man jetzt einfach nur mal so einen Rapsong von Mos Def oder so hörst, dann raffst du ja auch nicht sofort alles, wenn du nicht superfließend in der Sprache bist. Aber da sind dann auch so viele geile Wortspiele und solche Sachen drin und deshalb tut es auch immer so weh, wenn man sagt "Ich höre Rap“ und die Leute reduzieren es nur so auf das, was sie so gerade kennen. "Ey ja krass, Gangster und tickt das Koks und so“ – das ist so, als ob du zu jemandem hingehst, sagst du hörst Rockmusik und der sagt "Nickelback oder was?“ Als ob das so das Einzige ist, was das Spektrum Rockmusik hergibt. HipHop oder Rapmusik sagt ja noch überhaupt nichts darüber aus, was man hört. Dafür ist das Spektrum schon so breit, dass das alleine noch keine Aussage ist. Es reicht aber trotzdem, dass dann über einen gelästert wird.
 
Simon: Du tust jetzt so, als hättest du da den allerschlimmsten… Ganz ehrlich, du nervst da doch… Also, das Dreieck des Bösen, du und zwei andere hier und das kann man auch ruhig so sagen: Ihr nervt uns alle immer mit Battlerhymes! (lacht) "Du bist so fett wie Rama Light!“, weißte? Ich kann’s jetzt nicht. "Deine Mutter ist ständig breit!“ Das geht so den ganzen Tag. Die schlechtesten Rhymes einfach so aus der Luft.
 
Etienne: "Mein Penis ist wie eine Bahnschranke. Wenn er hochgeht, gibt’s Verkehr!“ Original von mir. Es reimt sich nicht, aber es ist eine coole Punchline.
 
Simon: Das sagt Ede dann immer, wenn es sich nicht reimt. "Ja, im Rap muss sich ja auch nichts reimen, es muss flowen!
 
rap.de: Aber muss es wirklich nicht. Der beste Rapper der Welt ist Taktloss, so der Rap-Helge Schneider ungefähr. Er ist einfach perfekt. Es reimt sich meistens nicht, er ist eigentlich immer offbeat, er klingt einfach wie der krasseste Psychopath der ganzen Welt, er hat so Lines wie "Mein Penis hat Rostschutz, bei den vielen feuchten Fotzen ist das vernünftig!“…
 
Simon: (lacht) Vernünftig vor allem!
 
Etienne: Wir haben hier einen Kollegen, den Hannes, der ist riesen MOR- und Taktloss-Fan und der kann natürlich auch so rappen wie der. Der kommt auch immer rein und sagt so (macht Taktloss nach) "Was gibt’s heute zu essen, Niggaa?“ (Gelächter) So kommt er in die Küche! Aber ganz ehrlich, Taktloss, bei aller Liebe, den könnte ich jetzt nicht wirklich im Auto hören.
 
Simon: Das ist der eine Name, den ich mir aus diesem Gespräch merken werde. Auch wegen diesem Prädikat "Helge Schneider des Raps“. Das klingt sehr gut. Ich höre mal rein! (zu Etienne) Von dir habe ich ja schon genug andere Sachen gehört.
 
Etienne: Ich spiele dir gerne auch mal ein bisschen Taktloss vor. Ich bin gespannt. Vielleicht ist das dein Ding. Vielleicht haben wir es gefunden.
 
Simon: Endlich! Ede kann das einfach nicht verstehen, dass ich mit seiner Musik nicht so die Bindung habe.
 
 
rap.de: Gibt es eigentlich irgendwelche guten Spiele, in denen HipHop thematisiert wird?
 
Simon: Das ist ja jetzt eher dein Ding, aber das Lustige ist: Für den Piloten von Game One wollten wir halt fresh sein und MTV was bieten und dachten, da muss ein Musikthema rein. Das war bevor wir wussten, dass auf MTV ja gar keine Musik mehr stattfindet. Damals dachten wir "Geil! Nehmen wir doch die Geschichte des HipHops in Videospielen!“ und dann fing es an mit gekünstelten Sachen wie "Ping und Pong“…
 
Etienne: Das weiß ich noch, da hast du mich noch angefragt. Da sollte ich Musiken und so raussuchen.
 
Simon: Ja, das war auch ganz geil. Es ist nie gesendet worden, muss man dazu sagen, weil das acht Minuten waren und MTV meinte "Nee, so ein Scheiß“. Aber daher weiß ich auch noch grob, welche Spiele es gibt. "Toejam & Earl“ ist zum Beispiel so ein Videospiel. Zwei hiphoppende Aliens. Der eine ist so der Dicke und der andere ist so der dreibeinige Freshe, der auch so eine riesige Uhr hat. Wie Flavor Flav. Die stranden auf der Erde und ihr Raumschiff zerfliegt in tausend Teile und die müssen halt die Teile zusammensuchen. Die ganze Zeit läuft so ein funky Beat, aber auch nur einer und der stundenlang. Und es gibt dann so eine Scratch-Ecke, wo man abseits des Spiels die ganze Zeit zusammen Beats machen kann mit diesen Aliens… Also, es ist wirklich ganz toll! Es hat Stil. Sogar der Beat ist gut. Die haben irgendwelche Samples von, was weiß ich, Jam Master Jay oder so genommen.
 
Etienne: Bei so aktuelleren Sachen gibt es halt diese Def Jam Icon-Dinger oder diese Def Jam-Prügelspiele, die völliger Scheiß sind. Ansonsten… "San Andreas“, GTA, ist wahrscheinlich so das Bekannteste, was auch den Flair und den Vibe der Westcoast so am treffendsten einfängt.
 
Simon: Was lustig ist, weil gerade da hat man die größte Welt aus allen GTA-Teilen und man kommt aus dieser kleinen Ecke eigentlich recht schnell raus und trotzdem trägt man sie immer in sich.
 
Etienne: Ich fand das super. Das ist immer noch mein Lieblings-GTA-Spiel.
 
Simon: Das war auch super, ich fand das auf jeden Fall richtig gut! Was gibt es noch? "Get On Da Mic“, dieses Rap-Karaoke-Ding, was fürchterlich ist. Wo man erst so vorm Spiegel anfängt.