Hattest du dann auch direkt mit der legendären Aggro-Berlin-Geschichte zu tun? Die hatten ja einen ähnlich kuriosen Einstieg in den splash!-Kosmos und wurden anfänglich vom Veranstalter aus auch eher mit Skepsis beäugt …
Klar, die Aggro-Leute waren ähnlich unbeliebt und mussten ihre Daseinsberechtigung auch erst unter Beweis stellen. Das war eben auch harter, aggressiver Berliner Straßenrap. Allerdings waren wir zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr gut miteinander, als die hier ihre großen Auftritte hatten. Es gibt eine Szene in Sidos Musikvideo zu „Mama ist Stolz“, in der man sieht, wie sein Bodyguard mich wegschubst. Das ist in genau in diesem ersten Aggro-Jahr hier auf dem splash! passiert, als die in diesem Zelt gespielt haben …
Das klingt ja alles ziemlich abenteuerlich! Die Auflagen, von denen du gerader erzählst waren aber alle noch auf dem alten Gelände in Chemnitz, oder?
Ja! Dort habe ich übrigens auch lange Jahre die MZEE-Stage gemacht, auf der Battles stattgefunden haben. Und auch den Royal–Bunker-Stand haben wir auf dem Gelände bei Burg Rabenstein immer aufgebaut.
Ich kann mich an einen Clip erinnern, in dem du dich an einer Stage entlanghangelst. Das ist doch auch auf dem splash! entstanden, oder?
Oh ja. Das war bei dieser eben erwähnten MZEE-Bühne. Irgendwie war dort der Strom ausgefallen und ich dachte, ich müsse den Leuten irgendetwas bieten, damit die da bleiben, solange sich das Problem nicht gelöst hat. Ich habe dann angefangen, mich durch das Bühnengestänge zu hangeln … Das wölbte sich in der Mitte kreisrund nach oben und war an der einen Stelle geschätzte neun Meter hoch. Irgendwann ging mir beim Klettern die Kraft aus und ich bin abgeglitten. Zum Glück stand unten ein Freund von mir, der mich quasi abgefangen und in den Graben umgelenkt hat, sonst wäre mir mit Sicherheit was Übles passiert. Sowas sollte man nicht machen (lacht). Aber naja, wie das eben so ist: Ich habe auch immer zwischen den Auftritten von irgendwelchen Underground-Acts Reden gehalten, damit die Leute im Publikum da blieben … Einfaches Entertainment (lacht).
Im Film ‚Blacktape‘, in dem du mitgewirkt hast, taucht in einem Zusammenschnitt über deine Person auch eine Szene auf, in der du wie ein Verrückter in die Crowd springst, weil dich ein Typ aus dem Publikum provoziert oder beleidigt hat … Das müsste ja dann auch auf dem splash! gewesen sein, oder?
Ja, das war tatsächlich auf der selben Bühne. Was soll ich sagen? Damals war ich eben noch jung und athletisch (lacht).
Du hast sicherlich noch andere splash!-Anekdoten, die du zum 20. Geburtstag auspacken kannst …
Ja, hier haben sich wirklich viele verrückte Geschichten ereignet. Das Krasseste, was wir hier in all den Jahren abgeliefert haben, muss in dem Jahr gewesen sein, als hier alles so tot war und das Festival in seiner tiefsten Krise steckte. Ich denke, das war 2009. Wir haben damals mit rap.de einen Stand organisiert, hatten ein Auto und ein paar Boxen mitgebracht. Zusammen mit Yelm aus Köln, der hier auch heute noch rumspringt, haben wir ein Format entwickelt: ‚Schlag den Yelm‘. Das war alles richtig Ghetto. Wir haben die verrücktesten Challenges gemacht, sind teilweise mit Borat-Badeanzügen durch den Schlamm gerobbt (lacht). In einem anderen Jahr hat Savas mir einen Ringkampf mit seinem Bodyguard angeboten. Der Typ war Boxer und wesentlich größer und breiter als ich. Er hat sich auf einen Bodenkampf eingelassen, in dem er schließlich abklopfen musste … Und Savas war das dann wirklich unangenehm (lacht). Auf dem diesjährigen splash! habe ich wieder gegen einen Kumpel von ihm gekämpft, der ein wirklich gute Grappler ist. Dieser hat mich dann mit einem Fußhebel besiegt, sodass ich dieses Mal abklopfen musste. Insofern steht es jetzt offiziell eins zu eins.
… Womit wir im Hier und Jetzt angelangt wären und die berechtigte Nostalgie ab jetzt mal hinten anstellen. Deutschrap ist in meiner Wahrnehmung 2017 breiter gefächert, als je zuvor. Sein Erfolg wird ja nicht zuletzt dadurch deutlich, dass die Fans ein Festival wie das splash! bereits ausverkaufen, bevor überhaupt ein vollständiges Lineup bekannt gegeben wird. Findest du, dass das splash! über die Jahre hinweg die Entwicklung von Deutschrap realgetreu abbildet?
Ja, natürlich! Zum Beispiel gab es ja während der ersten Hip-Hop-Welle Anfang des Jahrtausends einen richtigen Boom. Der ließ zwischenzeitlich ja ein bisschen nach. Damals waren die amerikanischen Acts noch wichtiger als heute, aber die waren wiederum sehr teuer. Leider hat man irgendwann angefangen, sich ein bisschen zu verkalkulieren … Schau mal: Wenn 5 000 Leute weniger kommen, als du rechnest und jeder hat 100 Euro gezahlt, dann ist das schon eine Halbe Million, die dir am Ende fehlt. Das hat denen teilweise ganz schön weh getan …
Es gab dann Jahre, wo so richtig Ebbe war, oder?
Na klar! Ich habe die Krisen-Jahre ja eben schon mal kurz angerissen. Die ersten Male als es hier auf dem Ferropolis-Gelände stattgefunden hat, war es wirklich so, dass man die Hälfte der Halbinsel abgesperrt hat, damit sich das alles nicht so krass verläuft. Das war wirklich die Talsohle mit geschätzten 5 000 Leuten. Eine Woche später fand ja schon damals das melt!-Festival statt, dass zwischenzeitlich viel mehr Menschen angezogen hat. Heutzutage ist das zum Glück wieder umgekehrt …
Definitiv! Ich finde auch, dass das splash! auf allen Ebenen noch nie so pompös war, wie in diesem Jahr. Was sind insgesamt Unterschiede zu den Anfangsjahren?
Das Festival hat früher ein viel krasseres Fachpublikum angezogen. Da waren fast nur Leute, die im MZEE-Katalog ihr Hip-Hop-Outfit bestellt haben und komplette Nerds waren, mit Plattensammlungen und so. Mittlerweile ist das splash! ein Festival unter vielen … Natürlich läuft Hip-Hop, aber das Publikum ist wesentlich breiter aufgestellt. Ich sehe das an meiner Tochter, die mittlerweile auch hier ist: Die jungen Leute gehen am Wochenende in Techno-Clubs, haben aber trotzdem krasse Vorlieben für Rapmusik.
… Schließt du daraus, dass das Publikum und der Rahmen des Festivals insgesamt kommerzieller geworden ist?
Das weiß ich gar nicht … Ich rede ja wirklich eher von dieser Vermischung. Auf seine Art haben wir es ja immer noch mit einer Auskenner-Kultur zu tun. Das sieht man daran, dass die Leute wegen eher unbekannten amerikanischen Acts herkommen und so …
Ist deutscher Rap in deinen Augen denn überhaupt noch eine Subkultur?
Nein, schon lange nicht mehr. Deutscher Rap ist ganz klar eine Populärkultur. Eine unter vielen. Das finde ich aber auch gar nicht schlimm …