Roger – Iro und iPhone?

rap.de: Der Sound der Platte geht auch stark in Richtung der guten, alten Neunziger.

Roger: Das finde ich eigentlich nicht, aber selber sieht man sich eh immer anders. Natürlich sind die Zutaten klassisch, das war’s beim Rap aber schon immer. Ich wollte ein Sample-HipHop-Album machen, aber das macht man wahrscheinlich auch noch in 20 oder 30 Jahren. Kommt drauf an, aus welcher Platten-Kiste du dich bedienst. Ich bin viel auf Orgel-Sounds gegangen. Die Zutaten sind alt bei den meisten und ich hab auch versucht, nicht etwas aufgesetzt Modernes zu machen, was einfach nur auffällt, mir aber selbst eigentlich gar nicht gefällt. Ich denke, dass es nicht ganz das ist, was ich früher gemacht habe, aber es basiert natürlich sehr auf dem.

rap.de: Diese klassische Herangehensweise gewinnt derzeit wieder an Bedeutung Zulauf, bzw. wird auch von einer etwas breiteren Öffentlichkeit wahrgenommen.

Roger: Ich glaube auch. Das ist einfach ein cooler Sound. Die Leute machen das ja nicht umsonst so. Ich finds schon ein bisschen schade, wenn ich jetzt einmal die große Entwicklung sehe, dass ich auf eine HipHop Party gehe, wo nur 20-Jährige hingehen und nur Premo-Material läuft. Dabei sag ich, es gibt auch heute coole Gruppen jetzt, die diesen Stil so’n bisschen fahren, aber das halt noch mehr ausgefrickelt haben, man muss nicht immer das gleiche hören. Und dann komm ich mir vor, wie auf einer Oldieparty, wo ich mir denke „Gott, was ist denn hier los?“ Es gibt schon geile Lieder von früher, aber ich finde es schade, wenn man sich total vor diesen neuen Sachen verschließt.

rap.de: Also sind 90s-Partys nicht so dein Ding?

Roger: Alle HipHop Partys sind 90s-Partys. Das ist das Schlimme. Dann gibt es vielleicht noch die Blackmusik-Typen, die spielen dann eventuell noch ein DMX-Ding was 2000 rauskam, das ist dann aber auch schon das Neueste, was kommt. Was glaubst du, wie mich die Leute anschauen, wenn wir als Soundsystem auftreten und ich spiel was von Lil Wayne oder so. Die kriegen fast einen Vogel, weil das überhaupt nicht in ihr Weltbild passt. Den Leuten passt es dann nicht, dass jemand von Blumentopf etwas gut findet, das nicht von Premo produziert wurde oder wo Mos Def drauf rappt. Ich mag altes Zeug, aber man muss auch immer aktuelles Zeug im Auge behalten. Wenn es keine Entwicklung gibt, dann kommt es zu Stillstand und Stillstand führt nicht weit.

rap.de: Hast du denn alles von Platten gesampelt oder hast du auch auf Librarys oder mp3s zurückgegriffen?

Roger: Ich muss sagen, ich hab das ganz verschieden gemacht. Ich hab mir zum 20. Mal meine 20 Sampleplatten, die ich mir irgendwann mal auf nem Flohmarkt geholt hab, durchgehört und hab was Neues entdeckt. Früher war es so, dass der Anfang das Sample sein musste. Wenn das Lied in den ersten zehn Sekunden kein Sample enthält, dann kannst du die Platte wegschmeißen. Jetzt ist es schon so, dass man sich das ganze ding reinzieht und überlegt, woraus man was machen könnte. Ich hab’s quasi überall her. Von allen Portalen, allen Kisten. Es ist mir eigentlich wurscht, wo das herkommt. Von mir aus kann es mir auch jemand von Musikkassette vorbeibringen, wenn es gut ist. Also wenn du was hast, dann gib her. Vielleicht mach ich was draus.

rap.de: Brauchst du eine bestimmte Stimmung zum Musikmachen?

Roger: Ja klar, kommt halt auf das Lied an. Ich brauch halt hauptsächlich meine Ruhe um Musik zu machen und das verstehen viele nicht. Deshalb nervt mich auch dieses Telefonzeug. Man kriegt halt ständig Anrufe. Ich hab jetzt nicht den normalsten Geschäftsalltag, aber es gibt am Tag immer drei Fragen, die du nicht nur mit Ja oder Nein beantworten kannst und die müssen auch gelöst werden. Und wenn man dann mitten im Schreiben ist, dann denkt man sich nur noch: Bitte lasst mich alle jetzt für zwei Stunden kurz in Ruhe. Deshalb nehmen viele glaube ich auch erst Nachts auf, da nervt sie halt keiner. Ich hab keine feste Uhrzeit, aber wenn mich der Beat mal catcht, dann muss ich das auch fertig machen, ansonsten nervt mich das. Wenn mir dann jemand blöd kommt, dann bin ich auch voll aggro. Wenn man einmal rauskommt aus dem Vibe, dann stimmt die Idee nicht mehr und man ärgert sich einfach nur noch, dass man es nicht erst fertig gemacht hat. Am Besten den nächsten Tag nochmal schnell rübergehen, aber ich bin keiner, der fünf Wochen lang an einem Text schreiben will.

rap.de: Dieses schnelle Texten scheint dir zu liegen.

Roger: Viele Lieder leben vom Moment und dass man dem Rapper auch anhört, dass er in dieser Stimmung war und auch Bock hatte aufzunehmen. Deshalb sind auch Demo-Tapes so geil. Man spürt das die Leute bock hatten. Dazu zählen auch zu späte Einsätze oder einmal falsch geatmet, weil es dadurch authentischer und ruffer wirkt.