Kuchenmann veröffentlichte am 30. Juni sein Debütalbum „1000 Stunden Phunk aus dem Süden mit Liebe“. Grund genug, um mit ihm nicht nur über sein erstes Album, sondern auch sein Debüt als Regie/Drehbuchautor, seinen Weg zum Label Heart Working Class und weitere interessante Dinge zu sprechen.
Was hat der Kurzfilm „Tausend“, der ja extra für dein Album gedreht wurde und ebenfalls dein Debüt als Regisseur und Drehbuchautor ist, für einen Hintergrund und wie wird der Film aussehen?
Den Kurzfilm „Tausend“ haben wir mit Freunden gedreht, einer hat den Film auch geschnitten. Es war auch eher eine semi-professionelle Produktion, aber ich habe auf das Talent in meinem unmittelbaren Umkreis zurückgegriffen und das macht mir persönlich immer am meisten Spaß. Der Film „Tausend“ dreht sich um um Inspiration. Er ist eine Hommage an die Inspiration und soll zeigen, wie man Dinge in der Kindheit, wo man Eindrücke ja noch viel stärker wahrnimmt, ins Erwachsen-Sein mitnimmt.
Okay, inwiefern ins Erwachsen-Sein mitnimmt?
Also, der Film hat zwei Szenen. (lacht) Nee nicht zwei Szenen, also er ist in zwei Teile unterteilt: Einmal sieht man die Hauptprotagonistin als kleines Kind, so als sieben/achtjährige, wie sie inspiriert wird von der Kunst sozusagen. Dann gibt es einen Cut, anschließend sieht man die gleiche Person im jungen Erwachsenenalter, wie sie eine gewisse Krise hat, weil sie sich eben nicht mehr inspiriert fühlt. Am Ende des Films wird dann symbolisch darauf zurückgegriffen, welche Eindrücke sie als Kind wahrgenommen hat.
Gerade weil du gesagt hast, dass du mit Freunden zusammengearbeitet und dich in deinem Umfeld bedient hast, wie sieht‘s mit den Feature-Gästen auf deinem Album aus? Kommen die auch eher aus deinem direkten Umfeld?
Zu einem großen Teil schon, ja. Auch was die Beats angeht. Nicht zu 100%, aber 80% der Gastbeiträge und Beatproduktionen kommen aus meinem engen Umfeld. Wen ich zum Beispiel davor gar nicht kannte, eigentlich die einzige, war Fleur Earth. Ansonsten hatte ich zumindest über’s Internet schon Jahre Kontakt mit den Leuten. Robanzee, Laca, Vuka, Luca Brasi, Smilingstreet die Crew, die sind definitiv mit drauf und machen auch einen großen Teil der Gastbeiträge aus.
Meinst du, dass deine Musik auch so ein bisschen von diesem Charme lebt, den diese Wohnzimmerproduktionen und die Zusammenarbeit im Freundeskreis haben?
Ja ich denk schon. Also da wo ich wohne, Nürnberg, Erlangen der Ecke, da gibt’s zwar viel HipHop und auch sehr viel dopes Zeug, aber es gibt nicht viel an Infrastruktur. Es ist cool, dass du sagst, dass das einen Charme hat, weil es ist eher „aus der Not eine Tugend machen“. Für dieses Album war es mehr oder weniger das erste Mal, dass ich in einem Studio war und auch das erste Mal, dass ein Album von mir gemastert wurde. Ein großer Teil von dem was ich vorher gemacht habe, war wirklich so, dass wir ein Mic aufgestellt haben, ein Interface, ein Homie hat die Beats gemacht und ich habe dann in meinem Zimmer aufgenommen. Das kann man ja auch machen, wenn man talentierte Leute hat, die mit der Technik umgehen können. Ich kann nicht so viel mit Technik machen, ich bin da nicht so affin. (lacht) Aber ich bin dankbar dafür, dass ich Leute in meinem Umkreis habe, die das können und das macht auch Spaß, ist halt ne chillige Atmospähre.
Würdest du lieber in einem Umfeld mit besserer Infrastruktur arbeiten, oder meinst du, dadurch ginge das gewisse Etwas verloren?
(Überlegt) interessante Frage. Ich denke eher nicht, dass da was verloren gehen würde. Wenn man immer mit der gleichen Einstellung hingeht, dann macht das keinen Unterschied. Was das Studio und solche Dinge angeht, das ist ja nur Mittel zum Zweck. Wenn du cool in deinem Zimmer rappst, rappst du auch cool im Studio, würde ich sagen.
Ja und jetzt hast du ja dein Studio. Wie kam denn überhaupt die Zusammenarbeit mit Heart Working Class zustande?
Ja das ist ‘ne ganz witzige Geschichte. Ich kannte Sherin (Sherin Kürten; Amn. d. Red.) schon vom Namen her und mein Handy war halt kaputt, also der Touchscreen. Und dann hab ich ihr versehentlich voll viele dieser facebook Sticker geschickt und dachte nur so „oh fuck“, jetzt komme ich bestimmt wie so’n Weirdo rüber…
„Ok, Heart Working Class-Deal kann ich vergessen…“ – dann der Plottwist?
Nee, ich wusste gar nicht wirklich, dass sie ein Label hat, ich kannte ihren Namen halt. Dann habe ich ihr irgendwann geschrieben: „sorry mir ist mein Handy ausgerutscht“, so nach dem Motto. Und dann meinte sie, dass es nichts macht und sie übrigens meine Mucke mag. Dann sind ein paar Tage vergangen und ich war auf ihrer Seite und habe gesehen, dass sie ein Label hat. Habe sie dann gefragt, ob sie nicht Bock hätten was zu machen, weil ich ein Album habe und sie meine Musik auch bei Soundcloud geshared. Habe jetzt nicht gebettelt „Bitte bringt mein Album raus“. Ich bin dann zu ihr nach Köln gefahren für zwei Tage, da habe ich mich auch mit Veedel Kaztro getroffen und im Laufe der nächsten Monate hat sich das abgezeichnet, dass wir das so machen.
Das heißt, du verdankst das dem kaputten Handy?
Ja ein Stück weit schon, ja. (lacht)
Du hast bei Facebook geschrieben, dass das Album genau das geworden ist, was du dir quasi seit du 17 bist als Debütalbum gewünscht hast. Was ist das für ein Gefühl? Man kann ja davon ausgehen, dass da sehr viel Arbeit drinsteckt. Wie hast du es geschafft, deine eigenen Erwartungen zu erfüllen?
Ja ich saß damals irgendwann im Bus und dachte mir: Okay, du kannst rappen – also einigermaßen – mal schauen, wie das wird. Du übst und irgendwann bringst du ein Album raus. Aber für mich wäre es da noch nicht vorstellbar gewesen, einfach ein Album zu machen. Ich hatte auch schon aufgenommene Songs, die jetzt auf dem Album sind, und da hab ich gemerkt, okay, das ist jetzt was, woraus ich wirklich ein Album machen könnte. Eigentlich war nur eine EP mit meinem Bruder Lobo Funk geplant, der ja Beats macht, aber wegen fünf Songs einen ganzen Film zu machen, das wär auch komisch gewesen. Und dann waren die Songs, die ich schon hatte, die Grundlage für das Album und das hat auch gut geklappt. Das ist ein schönes Gefühl, weil es genau das ist was ich wollte.
Du denkst nicht so weit voraus und du agierst eher spontan, was deine Musik angeht, oder?
Ja, ich finde Spontanität ist generell ein großer Punkt im HipHop, es gibt ja auch Freestyles und so weiter. Also meiner Meinung nach ist HipHop viel Jazz, da gibt es ja auch viel Improvisation. Warum soll man das nicht auch auf die eigene Arbeitsweise übertragen? Ich finde das passt.
Auf dem Track „Gierig“ hast du ein Saxofon-Sample von Herbie Hancock. Da stellt sich die Frage, ob du selbst auch ein Instrument spielst und ob du dich außerhalb vom HipHop Kosmos viel mit Musik beschäftigst?
Ich habe ein bisschen Klavier gespielt, so als Pre-Teenager, aber das war mehr so, dass du da gelernt hast, Songs zu spielen. Das war nicht so, dass du das Instrument beherrschst. Ich kann dir jetzt nicht viel über Akkorde erzählen oder so. Aber erstens ist es definitiv eine Richtung, in die ich gehen möchte, mit mehr Live Instrumenten zu arbeiten und zweitens beschäftige ich mich sehr viel mit Musik außerhalb vom HipHop-Kosmos. Ich finde auch, dass HipHop die einzige Musikrichtung ist, die du mit anderen vermischen kannst und es klingt immer dope.
Es folgt eine kurze Exkursion über Exile, Madlib und Sample-basierten HipHop.
Produzierst du für andere Künstler?
Nee nicht wirklich. Also wenn ich Beats mache, dann meistens mit Lobo Funk zusammen, wir nennen uns die Helium Rangers (lacht), das ist durch so ein random Bandnamegenerator entstanden. Und als die Helium Rangers haben wir zum Beispiel ein Album der Rapperin Physical Graffiti aus New Jersey produziert, die ja auch auf meinem Album ist. Eine sehr sehr gute Freundin von mir. Aber bei mir ist es jetzt nicht so, wie bei meinem Homie Rob, also Robanzee, der wirklich Hunderte von Beats rumliegen hat. Wenn dann hocke ich mich mit Lobo Funk hin und dann wollen wir so einen gewissen Sound produzieren, da ist die Arbeitsweise ein bisschen anders.
Stichwort Helium Rangers: Du hast offenbar einen Hang zu schrägen Namen. Es hat auch für etwas Verwirrung gesorgt, weil es im VBT diesen Herr Kuchen gab.
Hab ich auch gehört alter, das habe ich davor nicht gewusst. Das fand ich ganz lustig, unter das Video von „Der Jam“, hat jemand geschrieben „Herr Kuchen soll dich mal dissen“ und ich wusste überhaupt nicht wer das ist. Also kein Disrespect an den Homeboy, aber das war so „oh okay“.
Ist Kuchen ein Insider-Gag, den von uns keiner kennt oder so?
Nein, ich ich sag dir ganz ehrlich, als ich mir den Namen ausgedacht habe, war ich 15-16 Jahre alt und hatte grad meine ersten paar Tracks. Ich komme aus dem Graffiti und habe davor immer meinen Graffiti Namen represented, aber das wurde mir ein bisschen zu gefährlich. Weil Erlangen ist ‘ne relativ kleine Stadt. Und die Soko ist auch echt fit. Ein paar Tags gemacht und zack Hausdurchsuchung und so’n Zeug, deswegen war das für mich irgendwann keine Option mehr. Wir waren draußen, also Luca Brasi und ich und dann ist ein Laster vorbei gefahren und hinten drauf stand Kuchenmann – das war’s schon.