Sucuk Ufuk: Interview über „Pablo Sexobar“, Bassquiat und Wettbüros

Jetzt sind die anderen Member, jedenfalls Tua und Kaas, ja auch nicht mehr fest in Reutlingen. Du dagegen schon. Du wohnst in Gönningen, darf man das verraten?

Kennt ja eh keiner.

Jetzt schon!

Na, nicht dass die ganzen Groupies mit dem Bus nach Gönningen kommen.

Fährt da überhaupt einer?

Doch, doch, da fährt schon ab und zu einer.

So einmal am Tag, oder?

Ich hab einmal in meinem Leben kein Auto gehabt – mein Leben war richtig gefickt. Ich war hilflos.

Ja, da unten im Süden braucht man einfach ein Auto.

Hier in Berlin ist es dafür andersrum: Hier ist es MIT Auto Scheiße. Ich war gestern mit Auto unterwegs – Horror!

Ja, absolut. Außer nachts, da geht’s. Aber gab es bei dir eigentlich nie den Gedanken, mal wegzugehen, hinaus in die weite Welt?

Nein, grundsätzlich war der Gedanke bei mir nie da. Ich bin da einfach ziemlich arg verwurzelt. Ich hab viel zu spät angefangen, die Welt außerhalb der Spielcasinos von Reutlingen zu sehen. (grinst) Was das angeht – Novoline-Automaten haben wir viele.

Die gibt es natürlich überall, aber in RT sitzen dann halt auch deine Kumpels drin.

Genau. Ich war aber nicht nur wegen denen da. Automaten geht so – da hab ich ziemlich schnell gecheckt, dass es ein Algorithmus ist. Aber Wettbüro – da bin ich komplett drauf kleben geblieben. Jetzt bin ich gerade wieder bisschen clean. Aber eine Zeit lang war es so: 17 Uhr aufstehen, direkt rein ins Wettbüro und bis morgens bleiben. Da ging musikalisch nicht so viel. Eigentlich gar nichts.

Aber das liegt hinter dir?

Ja, im Vergleich zu damals lebe ich viel geordneter. Aber für mein Alter bin ich noch ziemlich asozial geblieben. Nicht komplett abgestürzt, ohne Sinn und Zweck. Ich hab auch gerade einen ganz normalen Job. Davor habe ich extrem gehustlet. Seit ich aus der Schule raus bin, hatte ich nur Gelegenheitsjobs oder gar keinen, nur Scheiße bauen. Bis ich dreißig war, hab ich komplett nichts gemacht. Mit dreißig hab ich dann die Lehre nachgeholt und versucht, ein anständiges Leben zu führen – schlimmste Zeit meines Lebens. (Gelächter)

Was war das für eine Lehre?

Einzelhandelskaufmann. Schlimmste Zeit meines Lebens. Ich hab jeden Tag gemerkt, ich hab keinen Bock auf diese Scheiße. Ich hab kein Problem damit, aufzustehen und wohin zu gehen. Aber mich unterzuordnen und den Launen der Missgeburten ausgeliefert zu sein… das war schlimm. Objektiv betrachtet ist es gar nicht so schlimm, aber für mich war es extrem die Hölle.

Klar, wenn man davor immer erst um 17 Uhr aufgestanden ist und ins Casino gegangen ist.

Ja. Ich hab echt drei Jahre lang versucht, ein normales Leben zu führen. Depressionen.