Swollen Members – Armed To The Teeth

Eigentlich dachte ich, dass die Herren Swollen Members so deepe Realkeeper in hart wären. Irgendwie so wie…wie Jedi Mind Tricks oder so. Nach "Armed To The Teeth“, meinem ersten "Swollen Members“-Album, bin ich irgendwie ein bisschen verwirrt. Warum hört sich das so an?

Aber der Reihe nach: Den ersten Track, "Reclaim The Throne“, den habe ich mir so vorgestellt. Düsteres Gitarrengeschrammel als Loop, so ein Piano-Sound, der gemeinhin als "düster“ bezeichnet wird, und darüber, dass der Thron zurück erobert wird. Das ist nichts besonders Aufregendes, aber wahrscheinlich solide "Swollen Members“-Kost. Staubtrocken und hart und düster. Und dann wird es echt verwirrend.

"Pornstar“
heißt das zweite Lied und da geht es um Pornostars. Aber ich dachte immer, dass Swollen Members nur darüber rappen, dass sie Ratten essen müssen und Äxte schwingen. Aber nein, da geht es darum, dass sie den Club mit einer Erotik-Darstellerin verlassen und dass die ganz schön "hart abgeht“. Dann Autotune-Einsatz. Was ist denn da los? Der Beat ist so richtig billige Nu Metal-Plörre und auf dem "Rebirth“-Album von Lil’ Wayne hätte ich das erwartet, aber ich dachte hier wäre alles so geil und true? Im "Swollen Members“-Land?

Oder hier, das ist noch schlimmer, "Bollywood Chick“: Selbst der große Tech N9ne schafft es bei aller Motivation nicht, dieses konfuse Lied über das Flachlegen von indischen Filmdarstellerinnen irgendwie besser zu machen. Das hört sich wirklich so an, als würden sich ältere Männer einen auf "Slumdog Millionaire“ runterholen und dabei die besten Euphemismen für ihr Treiben raussuchen. Und so werden in diesem Track die Cobras gestreichelt, bis die Schwarte kracht. 

Bei "Meltdown“ wird dann wieder ganz klassisch Streicher/Piano-Sample-Rap geliefert, nicht schlecht, aber nicht so krass. Es wäre einfach schöner, wenn die "Innovation“, die in HipPop-Nummern wie "Pornstar“ oder "Bollywood Chick“ gesteckt wurde, in das eingearbeitet worden wäre, was die geschwollenen Mitglieder wahrscheinlich am Besten können: Schwere Kost machen. Ab und zu gelingt ihnen das auch, auf "My Life“ wird die bisherige Karriere der Rapper auf einem guten Synthie-Beat gerappt und auch das Leben, dass die Kanadier jetzt führen wird beleuchtet. 

"(…)Now waking up to pay the bill is fucking typical/ I’m watching porno but my dick ain’t hard/ People look at me like who the fuck is this retard/ All I do is watch movies, stoned alone on my couch/ Passed out with a lit cigarette in my mouth/ I got cigarette holes on my couch, on my clothes/ Cigarette burns in my house on the floor (…)”

 
Geht doch. Und geht dann auch immer besser, “Funeral March” ist ein Todessehnsucht-Track, zart, auch ein bisschen pathetisch, aber wird immer besser. Der Beat ist super, Western-Sehnsucht trifft auf trauriges Nouvelle Vague-Gesäusel, das ist gelungen. Aber ich frage mich wirklich, was denn so hartgesottene "SM“-Freunde von einem Track wie "Flyest“ halten, auf dem wieder ein ganz bestimmtes Stimmverzerrungs-Werkzeug zum Einsatz kommt und es textlich darum geht, warum die Herren die Flysten sind. Wenn jetzt ein, sagen wir mal, Lil’ Wayne das macht, dann ist das okay, das ist sein Naturell, aber hier irritiert das alles einfach nur.

Also. Das ist bestimmt ein Album, dass sich von den älteren Alben unterscheidet, eine ganz neue Richtung einschlägt und und und. Aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass "Armed to the Teeth“ den Swollen Members-Fans klassischer Prägung besonders viel Spaß macht.
 

Dafür klingt das Album zu sehr nach dem sechsten Album einer Band (welches dieses auch ist), auf dem man mal "ganz neue Wege" einschlagen möchte. Leider wirken die Popmarkt-orientierten Autotune-Einsätze erstens ziemlich konstruiert und zweitens bei einer Gruppe wie den Swollen Members nicht besonders authentisch. Es hätte ihnen einfach besser zu Gesicht gestanden, wenn sie ihren klassischen Sound weiter ausgebaut hätten, anstatt jetzt hier uninspiriert mit Autotune, Synthesizern und Porno-Texten herum zu werkeln. Schade.