D-Bo – Die Lüge der Freiheit

In der Schule wurde mir etwas beigebracht, was sich Sandwichprinzip oder so nannte (nicht zu verwechseln mit der Leberwurst-Taktik der Berliner Polizei am 2. Juni 1967). Mit diesem Sandwichprinzip sollte man konstruktive Kritik an Referaten üben, indem erst etwas Positives über das Referat sagt, dann die negativen Aspekte des Vortrages erwähnt, um es dann wieder mit etwas Positiven zu beenden. Meine Deutschlehrerin Frau Steckann-Heider wäre bestimmt sehr stolz, wenn sie wissen würde, dass ich es bei der Review zu D-Bo’s neustem Album "Die Lüge der Freiheit“ angewendet habe, nur ein bisschen umgedreht. Denn was der als Danny Bokelman geborene Rapper abliefert, birgt leider einen ganzen Batzen Kritikpotenzial.

Schon der erste Track besticht durch eine gewisse unfreiwillige Komik: Unter den Beat sind Schreie gemischt, die allerdings so aufgesetzt und albern klingen, dass man eher das Gefühl hat, zwei Muskelschwule beim Liebesspiel zu belauschen, als eine gepeinigte Seele bei der Höllenfahrt zu beobachten. Das Album ist wie ein Hörspiel konzipiert und begleitet D-Bo durch sein graues Leben, in dem es vor Dämonen, die sein "ausgebranntes Fleisch“ fressen wollen, nur so wimmelt. Solche Formulierungen finden sich auf beinahe jedem Track, denn D-Bo neigt zu einem extremen Pathos, der immer wieder ins Kitschige abgleitet. Wenn er aus "jeder seiner Sorgen eine Träne erschaffen“ will, dann kommt einem selbst der späte Curse wie Charles Bukowski vor. Ein großes Problem ist auch, dass D-Bo kein überragender Rapper ist – immer wieder finden sich altbackene Haus-Maus-Reime, oder in diesem Fall Herz-Schmerz. Dadurch wirken einige der Raps eher wie esoterischer Sprechgesang oder im besten Falle wie eine Spoken Word-Performance.

Um jetzt das Sandwich anzuwenden, muss man D-Bo aber auch einige, wirklich positiv auffallende Aspekte zusprechen. Das Album ist parallel zur Möglichkeit, es im Laden zu kaufen, komplett kostenlos herunterladbar. Es wird zwar um Spenden gebeten, zum Zahlen gezwungen ist aber niemand. For-Free-Alben, die sonst nur von verzweifelten MySpace-Rappern ("Free-Download-EP! OUT NOW!“) oder Elektro-Fricklern alà Radiohead herausgebracht werden, sind für einen Rapper, dessen Gesicht man schon mal auf MTVIVA gesehen hat, eine kleine Sensation. Trotz des Risikos, einen kommerziellen Misserfolg zu erleiden, hat D-Bo illustre Gäste versammelt und ein Konzept für ein 35 Tracks starkes Album entworfen. In Zeiten belangloser Müll-Alben ist soviel Selbstlosigkeit der Musik gegenüber wirkliche beachtlich und verdient eigentlich auch jede Spende. Außerdem ist der Track "Diskothek“ einer der lustigsten Party-Tracks seit Ewigkeiten, vor allem das Goldkehlchen Pirelli überzeugt auf diesem Lied.

Um das Sandwich komplett zu machen, muss ich einfach noch mal das erste Lied erwähnen. Das ist echt lustig. Aber halt unfreiwillig.