G-Hot – Der Blonde Türke

G-Hots neues Album “Der Blonde Türke“, welches auf dem Label “Suppe inna Puppe“ heraus kommt, ist ein weiterer Versuch, sich nach dem Rauswurf von Aggro Berlin, künstlerisch zu etablieren. Denn das betont der Berliner immer wieder, er sei kein Rapper- er sei Künstler. Stellt sich natürlich nur die Frage, ob es gute Kunst ist, so viele Musikrichtungen wie nur eben möglichen auf ein Album zu packen. Eher scheint es als würde sich G-Hot immer weiter von Hip Hop entfernen, um krampfhaft aufzufallen.

Dem aufmerksamen Leser wird es nicht entgangen sein, ich und mein Ford Fiesta wir brauchen einander um ein Album richtig zu besprechen. Leider weist mein Autochen seit vergangenem Winter schrecklich störende Motorengeräusche auf, die sich einfach nicht beheben, sich aber perfekt mit den kläglichen Versuchen G-Hots, den Ton in seinen Gesangsparts zu treffen, vergleichen lassen. Die Beats gestalten sich durchweg zäh wie Kaugummi an Schuhsohlen, dickflüssig wie mein Motorenöl im Winter, enervierend und unauthentisch. Ich bin ein Gegner davon, sich Klassikern wie dem vielgecoverten “Fire“ (Arthur Brown) zu nähern, sich in dieser Musikrichtung aber nicht zurecht zu finden und damit sehr un-reale Beats zu basteln. Das Album überzeugt eher and den Stellen, an dem es sauberen Hip Hop abliefert wie in den Tracks “Der Blonde Türke“, “Nimm watte kriegst“ und “Streng Verboten“. An einigen Stellen allerdings holpern die Rapskills so schrecklich hart, wie meine Stoßdämpfer über Kopfsteinpflaster. Besonders die  Features von “Smor one“ und “Pablo“ scheinen mir eher destruktiv. Ehrlich gesagt, kann mein vierjähriger Neffe den Takt besser halten als diese Gäste, wenn er den Sandmannsong abends mitsingt. Die ständig runtergepitchten Stimmen in den Hooks wirken auf Dauer sehr unkreativ.

Wer jetzt denkt, ich äußere mich derart kritisch gegenüber dem Werk, aufgrund frauenfeindlicher Inhalte wie zum Beispiel bei “Mädchen“, oder dummer pauschalisierender Aussagen kombiniert mit Macho-Ghetto-Gehabe, der irrt. Ganz im Gegenteil amüsierten mich Textzeilen wie:

Ich hab Druck aufm Sack, Druck, Druck, Druck aufm Sack.
Die Ziegen zeigen sich und kriechen aus ihren Löchern
ich hab Druck aufm Sack und such mir feuchte Löcher
Es ist Paarungszeit und ich spür die Hormone
Zwischen meinen Beinen hängt eine volle Kanone
Die Vögel zwitschern und meine Klöten platzen
Es zieht mich raus ich muss vögeln Atzen….
…ich muss Druck ablassen und der nächsten geilen Sau einen Schuss verpassen.

Stellt sich mir hier dann aber doch eher die Frage, warum die Genitalien der Interpreten so lange nicht mehr zum Einsatz gekommen sind, dass nun die Angst vor Hodenexplosion besteht, wenn in zahlreichen anderen Tracks der häufige und ausgelassene Verkehr dargestellt wird. Und genau an dieser Stelle sehe ich das Problem dieser Platte. Einerseits wird der Fokus darauf gelegt, soziale Missstände zu thematisieren (“Grauer Dschungel“) anderseits stellt sich G-Hot auch immer wieder als Initiator dieser dar und bietet somit keinen Lösungsansatz für gesellschaftliche Disparitäten.

Willkommen im grauen Dschungel, du kleiner Bauernjunge
hier ist es kalt und dreckig, hier werden wir alt und hässlich…
…hier werden Frauen befummelt
hier siehst du Schwerverbrecher, Penner Dealer, Messerstecher

Eine Anzahl von Widersprüchen zieht sich also durch die Texte und lässt damit die Glaubwürdigkeit schrumpfen. Was mir fehlt ist die Konsequenz mit denen die eine oder andere Ansicht vertreten wird. Spaßmusik, mit brutalen aber nicht ernstzunehmenden Texten, die amüsieren sollen, mit Elektro gespickt  ist und ironischem Witz besitzt, ist nichts Schlimmes. Aber das ist das Album eben nicht. Pseudo-Ghetto trifft auf Lucy Lektrik Sample. “Ich-bin-notgeil“ trifft auf harte Jungs, die auch dich bald abziehen werden. – Was denn jetzt?