Es gibt Alben, die sind harmonisch und schön und die Musik fließt um einen herum. Und es gibt Alben, die erzeugen im Kopf Bilder, wenn nicht sogar einen Film. "Zu Zweit Allein“ gehört eindeutig zu letzterer Kategorie. Manche Menschen bekommen epileptische Anfälle, sind sie zu lange schnellen, aufeinander folgenden Bildern ausgesetzt. Dieses Album ist Epilepsie für die Ohren. Schon der erste Track "Eva Green“ macht klar, in welche Richtung der gesamte Tonträger geht: verrückte, auf dem schmalen Grad zwischen experimentell und unhörbar balancierende Klangteppiche (produziert unter anderem von Dead Rabbit, Robot Koch und Flashgordon), über die Mr. Mar, sowohl als Marsimoto als auch als Marteria, abgedrehte bis schmerzhaft wahre Zeilen rappt. Eine gewisse Affinität zum Bereich der elektronischen Musik ist hierbei allerdings absolut notwendig.
Thematisch wird einem auf „Zu Zweit Allein“ nahezu alles geboten. Ob eine amüsante wie psychologisch bedenkliche Abhandlung über krankhaft werdende Liebe in "Modern Stalking“, oder ein wirklich anrührend erzähltes Aussetzungsszenario aus der Perspektive eines Hundes ("Ausgesetzt“) – Marten Laciny schafft es zu faszinieren. Allerdings vermittelt sich einem trotz dem durchaus vorhandenen roten Faden des Albums der Eindruck, dass die eigene musikalische Identität noch nicht vollkommen gefunden wurde. Dies wird besonders auf dem unabhägig davon wahnsinnig schnell ins Ohr gehenden "Crash Dein Sound“ mit Deichkind deutlich, welches viel mehr wie ein Deichkind-Track featured by Marsimoto/Marteria klingt.
Im Allgemeinen hätte es Features, insbesondere das von Sido, nicht zwingend gebraucht, "Tamara“ mit Miss Platnum hingegen ist großartig. Kam schon mal ein anderer (Deutsch-)Rapper auf die Idee, das Schicksal einer gekauften und zur Heirat gezwungenen Frau zu erzählen? Andererseits: hat sich schon mal jemand in die Rolle eines ausgesetzten Hundes oder einer Pennerin ("Lidl Miss Sunshine“) versetzt? Wahrscheinlich nicht. Gerade die oftmals erst auf den zweiten Blick gesellschaftskritisch anmutenden Momente machen dieses Album zu einem interessanten und vielschichtigen Stück Musik. Spätestens wenn sich der 25-Jährige in "Reich Und Hässlich“ über die materialistische Einstellung mancher Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts mokiert und das mit der Zeile „Ich versteh Frauen nicht, die diesen Weg einschlagen/Verliebt, verlobt, doch nur Geld kannst du heiraten“ absolut auf den Punkt bringt, muss man das erzählerische Talent des gebürtigen Rostockers anerkennen.
Trotzdem sind es gerade auch die thematische Vielfältigkeit und die zum Teil anstrengend elektronische Untermalung, die es schwierig machen, „Zu Zweit Allein“ mit seinen 18 Tracks in einem Stück durchzuhören. Daher auch der Epilepsie-Vergleich: manchmal ist es einfach zu viel Input. Trotz diesem Kritikpunkt ein erfrischendes und interessantes Album, was, obgleich andersartig etikettiert, zu gleichen Teilen von Marsimoto, als auch von Marteria bestritten wird.