Ghostface Killah – The Big Doe Rehab

Schon Monate vor diesem Release gab es Aufregung. Erst sollte „The Big Doe Rehab“ mit dem Releasedate des lange ersehnten Wu-Tang Comeback Albums "8 Diagrams“ zusammenfallen, wogegen sich Ghostface vehement wehrte. Ganz zu schweigen von der Aufregung im Clan, die sich um den Sound des Albums breitgemacht hatte und deren sich RZA erwehren musste. Nun, ob berechtigt oder nicht, das wird dann in der dazugehörigen Review besprochen werden. Erstmal sind wir bei Tony Starks aka Ghostface Killah aka Dennis Coles, wie er mit bürgerlichem Namen heißt. Und letztendlich kommt „Big Doe Rehab“ doch eine Woche früher als das Clan-Album. Aber heißt das nun zu deutsch die Erholung oder Rehabilitation durch großes Geld oder vom großen Geld? Dem Cover nach zu urteilen, wohl eher ersteres! Was denn auch sonst, dies ist ein Hip Hop Album!

Und ein Richtiges, so viel wird, so bald man das afro-kubanische Intro hinter sich gelassen hat, klar. Neben Tracks mit fetten Beats von zum größten Teil unbekannten Produzenten – was ein Hinweis darauf sein kann aber nicht muss, dass da jemand Realness nicht mit großen Namen verwechselt –  gibt es wieder ein paar ausufernde Sampleorgien, oder vielleicht sollte man besser sagen: Coverorgien. "Chipmunk Soul‚" ad absurdum geführt sozusagen. Ein paar Beispiele gefällig?
„We celebrate“ ist ein Zwittertrack der das Problem hat, für die Strophen einen echt harten Beat mit verzerrten Gitarren, der natürlich prädestiniert für Ghostfaces Raps ist, zu benutzen, allerdings fällt die Hook mit der simplen Aussage „I Just Wanna Celebrate“ extrem ab, weil plötzlich nur noch das originale Sample des Rare Earth Klassikers da zu sein scheint. Natürlich Absicht, aber für mich ist der Bruch zu krass und die Partystimmung will deswegen irgendwie nicht aufkommen – es klingt zusammengeschustert. Ähnliches gilt auch für „Supa GFK“, ich kann mich nicht entscheiden: das wirklich fantastische „Superman Lover“ von Johnny „Guitar“ Watson oder der Flow des Tony Starks? Eine ganze Weile funktioniert beides ganz gut, aber an manchen Stellen ist es nicht nur ein musikalisches, sondern auch wirklich ein akustisches Problem, die Vocals überschneiden einander in einem solchen Maße, dass man es auch Chaos nennen könnte. Oder „Walk Around“, wieder eine negative Kritik am Samplework! Muss man gleich einen ganzen Song als Vehikel für seine Raps benutzen? Auch hier ist das Original „Packed Up And Took My Mind“ von Little Milton eigentlich viel zu schade dafür. Entspricht auch nicht so wirklich dem ursprünglichen Gedanken des Samplens und Loopens.

Betrachtet man allerdings das Gesamtbild, sind das eher Randerscheinungen, denn der Gesamteindruck ist, dass hier mal wieder jemand von der obersten Etage gekommen ist, um die Welt wissen zu lassen, dass es diese eine Art von Hip Hop noch gibt, nach der sich eine große Fangemeinde immer noch die Finger leckt. Das Gros des Albums ist deep und Ghostface Killah ist genau da am stärksten, wo es richtig zur Sache geht – mit düsteren, zum Teil auch etwas melancholischen Instrumentals. Repräsentativ dafür ist meiner Meinung nach der In-Die-Fresse-Track „Yolanda’s House“, der super-roughe Drums und traurig-schöne Streicher auffährt: natürlich geht es um Gewalt, Sex, natürlich geht es um die Hood, aber es ist wirklich so – glaubwürdig! Der eine Faktor – Authentizität – , der so vielen auf dem Majormarkt fehlt. Hier ist er, vor allem, wenn dem auch noch die Clankollegen Method Man (stark wie selten in letzter Zeit – bam!) und Raekwon beiwohnen und das Ding zu einem beispielhaften Storyteller erheben. Das ist wohl der Wu-Tang Sound, nach dem sich viele Mitglieder, deren Wortführer ja unter anderen auch Ghostface war, zurücksehnen. Das zeigt auch „Shakey Dog Starring Lolita“ (ebenfalls mit Raekwon), auch das eine Beleuchtung eines Mordfalls, in den der (fiktive) Tony Starks verwickelt zu sein scheint. Natürlich funktioniert auch dieser Beat mit einem Sample, aber diesmal richtig! Allein die wunderbaren Bläser hauen einen um und verleihen dem Track die nötige Dramatik. Ghost und Rae traden Verses am Ende und ergänzen sich vorzüglich.

Das ist East Coast Rap: 1994 genauso wie 2007, state of the art. Insgesamt gesehen also ein durchaus passables und stellenweise sogar saustarkes Album!