J-Live – Reveal The Secret EP

J-Live ist ein wahres Multitalent, so konnte man ihn 1995 dabei beobachten, wie er bei der ehemals bekannten deutschen TV Hip Hop Show „Word Cup“ an den Plattentellern stand, auflegte und gleichzeitig den Song „Braggin’ Writes“  rappte. Ein furioser Einstieg in eine kuriose Karierre, die zum großen Teil von Label-Frust begleitet war, so wurde aus der Veröffentlichung seines groß gehypten Erstlingswerkes nichts, da sich das Label Payday Records 1998 auflöste. Danach tauchte eine Bootleg-Version auf, die auch noch ihm in die Schuhe geschoben wurde, da die Klangqualität auffällig gut war. So strugglte sich der begnadete Lyriker mit einem richtigen Album („The Best Part“, das dann doch endlich  2001 rauskam,  auf Grund der ganzen Turbulenzen aber wenig Resonanz bekam), mit vielen Live-Auftritten und einigen EPs durchs Leben. Nebenbei machte er noch seinen Uni-Abschluss in Englisch und fing an, Siebt- und Achtklässler  zu unterrichten. Nun hat er bei BBE eine neue Labelheimat gefunden und steht kurz davor, ein neues Album zu veröffentlichen. Diesem voraus schickte man eine Promo-EP namens „Reveal The Secret“, die ich nun in den Händen halte.

Zu hören sind auf dem nur 6 Tracks enthaltenden Kurzspieler eher unspektakuläre Joints, die aber durchaus unterstreichen, was dieser Herr raptechnisch so alles kann. Das alles klingt sehr raw und hat einen Mixtape-Charakter, der durch für heutige Verhältnisse sehr viel Scratches noch unterstützt wird.  Doch das ist es auch, was man kritisieren kann, denn obwohl J-Live durchaus in der Lage ist, sich als Rapper der Konkurrenz zu stellen, wird er ein bisschen von der für meinen Geschmack zu gewollt oldskool klingenden Produktion, übertönt, ja überrannt. Gleichwohl kann man dem New Yorker nicht vorwerfen, er würde sich hier Marktzwängen unterwerfen – eher im Gegenteil. Alles klingt, als wäre die Zeit 1995 stehen geblieben, was ja trotz allem nicht  das schlechteste Prädikat ist. Allein „Practice“, das hier in zwei verschiedenen Mixes vertreten ist, weist das gewisse Etwas auf, das sich im "Magnificent Mix" durch den unwiderstehlichen Jazz-Flava artikuliert (dieses Sample habe ich, festhalten, auf Hausmarkes 1998er Solodebut schon einmal gehört) und im „Spaghetti Bender Mix“ unterstützt ein wahnsinnig bounciger Midtempo-Beat J-Lives coole Gedanken darüber, dass rappen eher Übung als ein "Game" ist, Gedanken, die er überdies sehr lustig rüberbringt.

Das Album, das hier geteast werden soll, wird wohl nicht weiter auffallen, wenn es nicht doch noch Überraschungen parat hält. In der Liga, in der J-Live mitspielen will, hat zum Beispiel Pharoah Monch mit „Desire“ dieses Jahr eindrucksvoll vorgelegt. Dessen Innovation und Unbedingtheit, die einen an seinen Lippen hängen lassen, lässt J-Live zumindest auf dieser EP größtenteils vermissen.