Germany – Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde Der Wahrheit“ spiegelt, über eine knappe Stunde, Germanys selbstreflektierte Erinnerungen in einem als kompromisslos ehrlich gepriesenen Gesamtwerk wieder: „Ich will einfach schreiben was ich will, ohne Kompromisse.“ Viel Zeit ist vergangen nach dem legendären Album „Flash Punks“ (2000) und dem gemeinsamen Album „Hart aber Herzlich“ (2004) mit Italo Reno. Nun ist für ihn der Moment gekommen, seine persönlichen Eindrücke einer schwierigen, hinter ihm liegenden Zeit auf sein erstes Soloprojekt zu bannen.

Mit „Welcome To Germany“ wird das Album eröffnet, Germany lässt seine Rückkehr verlauten und man wird dazu eingeladen, ihn näher kennen zu lernen – „Le Retour“ – unterstützt durch den Schweizer Greis, der den Chorus in diesem Opener auf französisch rappt. Der erste richtig wuchtige Track, der in diesen Heißen Herbst passt ist „Staatsgewalt“, wobei Germany, mit seiner markanten Stimme, einen äußerst eingängigen Chorus mit einem schönen Dreifachreim zum Besten gibt und sich dezent zum zweithöchsten Würdenträger kürt. Die persönliche Nähe unterstreicht Germanys Stiefvater, der in mehreren Interludes, die über das gesamte Album verteilt sind, verschiedene Lebensweisheiten von sich gibt. Und das vier Mal für insgesamt fast sechs Minuten, was bei mehrmaligem Hören eine unschöne Komponente ist, die beim Lauschen der kompletten CD anfängt zu nerven. Nach „Mein Weg“ und „Wer ich Bin“ ist klar, dass das Album wirklich nur auf seinen Artist fokussiert ist. Doch was macht die Ich gehe mein Weg und Ich weiß wer ich bin Phrasen so besonders? Es ist wirklich der ehrliche Inhalt, der schon fast zu viel über Germany offenbart und ihn als einfachen Menschen darstellt, der seine Laster und Fehler eingesteht und akzeptiert aber seine Stärken nicht aus den Augen verliert. „Deswegen vertrau ich nie mehr dem einen Menschen, den ich liebe. Es bringt mich vom Weg ab, wenn ich mein Leben in seine Hände lege.“ –  Es kommt einem fast so vor als säße Germany im offenen Beichtstuhl und spricht alles aus, was gesagt werden muss, was ihm auf der Seele brennt. Er betreibt mit dem was er schreibt eine Art Selbsthilfe und versucht gleichzeitig den Hörer daran Teil haben zu lassen. Zeit heilt ja angeblich alle Wunden und das Gute kommt mit dem Schlechten, ob eine missratene Vater-Sohn Beziehung, diese verfluchten Frauengeschichten oder die Trennung des Klans – „Es Tut Nicht Mehr Weh“. Diese Entwicklung und die Worte darüber müssen ihm einfach unendlich gut tun. Und das ist noch nicht genug, auf „Linda“ huldigt er seiner Großmutter – „Um Dich immer glücklich zu sehen, würde es sich lohnen zu sterben“ – und auf „Es ist wie…“ der geliebten Musik. Nach so viel Herz in den Zeilen „Ist Gut Jetzt“ und mit „Showtime“ kommt der zweite Heißer Herbst Song mit sehr viel Druck und Energie. Nicht mal schlechte Promo, n’ Zwanni für ein Konzert, Leute die backstage den Kühlschrank leer machen und eine 15 Mann schwache Crowd können Germany die Schau vermiesen, denn er liebt HipHop! Und da er weiß, wer er ist und er es gelernt hat aus Tränen und Niederlagen nur noch mehr Kraft zu schöpfen, springt er auf die Bühne und spittet „Bideldibum Badelibim Bam Bum“ so in der Art.  

Jeder Abschied ist schwer, aber im Outro verrät der fleißige Mindener, dass das zweite Album bald kommt und er schon die Nummer Drei plant. Wahnsinn! Doch zurück zum Jetzigen: Man kann von „Der Stunde Der Wahrheit“ viel erwarten, nur keine aggressiven Punchlines, keine Musik für Partys oder das Auto. Viel Mehr ist es für den Einzelnen oder den kleineren Kreis um sich zu besinnen und um Einsicht in Germanys Person zu erhalten. Ob die nächsten Veröffentlichungen auch so persönlich sind, wird sich zeigen. „Ich hab noch nichts mit Rap verdient, doch Rap verdient es, dass ich Rap.“ Dem kann man nur beipflichten.