The Chapter, das sind Verbal E und 3Sixty. Ganz formell gesagt: ersterer übernimmt den Part des Rappers und letzterer ist vor allem für die Produktion zuständig, und das nicht nur am Sampler bzw. an der Drum-Machine, sondern auch an Drums, Bass, etc. Hinzukommen hie und da noch diverse Livemusiker. Man kann sich das Ganze also mehr oder weniger wie „The Roots“ vorstellen, womit wir auch zu einer Sache gelangen, die dem Hörer vielleicht als allererstes auffallen mag: The Chapter sind vom Klang her ?uestlove und Co. sehr ähnlich, besonders wenn man an ältere Releases der Band aus Philadelphia denkt. Nicht umsonst sieht ?uestlove diese Gruppe als Teil des nächsten Hip Hop-Movements. Nichtsdestoweniger lohnt es sich mal reinzuhören, speziell für die, die auf den Sound der Roots, Mos Def oder von ähnlichen Künstlern aus erfolgreichen Rawkus-Zeiten stehen. Die 17 Tracks des Tonträgers haben auf jeden Fall Kopfnicker-Potential. Dies wird unter anderem durch die Verwendung sehr funky, groovender Drumsets erreicht. Dabei kann man ohne Bedenken die Ähnlichkeiten vergessen und sich dem Hörgenuss hingeben. Meist geht es in den Texten darum, sowohl Hip Hop als auch die Wahrheit zu representen und oben zu halten. Wie man sich denken kann, liefern die Jungs Jazz, Blues, Funk und auch Rock beeinflusste Songs. Im guten alten Boom Bap-Style stehen die Basslines meist im Vordergrund. Also ganz klassisch; allerdings hat das, der heutigen Möglichkeiten sei Dank, nicht mehr den Sound der 90er. Deutlich wird diese Linie zum Beispiel in Song #8. Auf einem der besagten Drum-Sets und einer an Public Enemy No.1 erinnernden Bassline werden Ansagen im Stile eines smoothen James Brown gekickt. Ein weiterer interessanter Einblick wird in Titel 4 geboten. Verbal E erzählt in „Star Gazin´“ unter welchen Umständen sein Leben bzw. sein musikalisches Leben stattfindet. Fazit: Egal was kommt, er zieht es durch. Nicht neu, aber gut gemacht. Für wirklich gelungen, halte ich „Landuvbrokenenglish“ Part 1-3 feat. E-Dot. Drei zusammenhängende Beats, auf denen die Jungs representen und sich Styles um die Ohren schmeißen. Leider, aber irgendwie auch witzig, ähnelt E-Dot dem großenartigen Chubb Rock – oder war das etwa beabsichtigt? Mit Track 11 liefern The Chapter einen funky-freshen Song, in dem sich Verbal E einmal mehr als geschickter Lyricist erweist. Durch eine Menge Wortspiele und Bilder rechtfertigt er den Titel „Screwface“ mehr als gut („Make the shit that make you close your eyes and screw ya face“). Fünf Lieder weiter erwartet den Hörer einen der wohl längsten „Interludes“, den es auf einem Tonträger wohl geben mag. Knackige Drums und eine Bassline, die wohl auch einem Baby Huey gefallen hätte, gestalten hier die 3 Minuten und 47 Sekunden. Für den Freund von Loops wird das sicher nicht langweilig.
So weit so gut. Nachdem ich in den vorangegangenen Zeilen zugenüge mit Namen aus den 70ern und der Rap-Historie um mich geschmissen habe und auch ausreichend auf den Drums usw. herumgeritten bin, sollte spätestens jetzt klar sein, in welche Kerbe The Chapter schlägt. Ob das Ganze nun zeitgemäß oder längst überholt ist, sollte jeder für sich entscheiden. Wer auf den Geschmack gekommen ist, dem sei gesagt, dass dies nur der erste Teil einer Trilogie ist. Sozusagen ein Appetitanreger… Im Enddefekt würde ich sagen, dass The Chapter Musik machen, auf die sie feiern; und da von The Roots nichts kommt, machen sie es halt selbst. Okay, man kann das vielleicht auch als bite ansehen, aber damit kennen wir uns in Rap-Deutschland ja bestens aus. Um mit Nas zu schließen: „No idea is original, there is nothin’ new under the sun / It’s neither what you do but how it’s done.”