Killa Hakan – Kreuzberg City

Killa Hakan ist nicht nur ein Veteran, nein er hat schon Legendenstatus in der West-Berliner Rapszene. Als Mitglied der Islamic Force, einer der ersten Rap-Crews, die auf türkisch rappten und türkische Volksmusik sampelten, ja, eine der ersten Rapcrews überhaupt in Deutschland, vertrat er schon Anfang der Neunziger das Berlin der Türken, den Berliner Untergrund.

Nach seiner Islamic Force-Zeit brachte Killa Hakan mit Cakallar“, „Rapüstad“, „Semt Semt Sokakraus. Mit  „Kreuzberg City“, seit dem 9. März auf dem Markt, sind es jetzt inzwischen vier Alben .
Rapüstad“ war ein Kollabo-Projekt mit Fuat. Auch bei „Kreuzberg City ist der Begriff Soloalbum nicht ganz passend, auf der ganzen Platte gibt es gerade ein einziges Stück, in dem Hakan ohne Features auskommt. Natürlich hat er wieder viele alte Freunde zur Unterstützung geholt.
Mit von der Partie sind z. B. die ebenfalls auf Türkisch rappenden Gecko, Ceza, Yener, Crak und Eko Fresh und der türkische Sänger Ayaz Kapli, aber auch deutschsprachige Rapgrößen wie Kool Savas, Olli Banjo, Tone, Sammy Deluxe, Manuellsen, Jonesmann, Harris, …

Im ersten Stück „Bir Ara Bir Daha Sor (Kreuzberg City)“, das einzige Stück ohne Feature, besingt der Killa mit dem Ohrwurm-Refrain „Bir ara, bir ara, bir daha sor, Kreuzberg-City, Kottbusser Tor! Bir ara, bir ara, bir daha sor, Berlin-Kreuzberg, kücük Istanbul“ seine Heimat. Das ist nicht Deutschland, das ist auch nicht Berlin, selbst Klein-Istanbul Kreuzberg City ist fast zu groß. Im Kiez Kottbusser Tor – kurz – am Kotti ist Hakan Durmus aufgewachsen, hier in der von drei Seiten durch die Berliner Mauer umgebenen Nische SO 36 im Herzen Berlins durchlebte Hakan seine Kindheit und Jugend als Sohn türkischer Gastarbeiter.

Nach dem Postzustellungsbezirk Südost 36 benannten sich die „36 Boys“, die den Bezirk Ende der Achtziger unsicher machten. Mit zeitweise bis zu 400 Mitgliedern war sie eine der größten und berüchtigtsten Banden Berlins und Killa Hakan war im innersten Kreis dabei. Nach einem bewaffneten Überfall auf einen Juwelier zusammen mit Freunden aus der Gang, wurde Hakan in einem gestohlenen BMW erwischt und kam für 4 Jahre in den Knast. Hier hörte er zum ersten Mal „My Melody“ von Islamic Force und begann selber Texte zu schreiben. Wieder in Freiheit erfuhr Hakan, was es mit Islamic Force auf sich hatte. In der 36 Boys Gang gab es einen, der sich stark für Musik interessierte. Es war Boe B., derjenige Boe B., der durch die Gründung der Islamic Force 1987/88 als Vater der türkischsprachigen Rapmusik bekannt wurde, einen kurzen Hype erlebte und um 2000 von den Medien relativ unbeachtet aus dem Leben treten sollte. Hakan wurde Mitglied und Boe B. sein Mentor.
Heute zählt Killa Hakan zu den bekanntesten türkischsprachigen Rappern in Deutschland.

Nicht nur der Rap ist türkisch, auch die Beats von DJ Ses sind oft stark von türkischer Musik geprägt, doch verlieren sie dadurch keineswegs den treibenden, dunklen, meist von kräftigen Synthie-Klängen dominierten "Ghetto-Sound", den man aus West-Berlin kennt. Die orientalischen Melodien intensivieren ihn eher noch.

Kreuzberg City“ ist auf alle Fälle ein sehr interessantes und starkes Album. Auch wenn der textliche Inhalt für Hörer, die kein Türkisch verstehen, größtenteils im Dunklen bleibt, wird die Stimmung doch gut rübergebracht. Und darum geht es ja in der Musik. Ohne die vielen Featuregäste wäre „Kreuzberg City“ natürlich kaum so interessant für deutschsprachige Hörer geworden. So aber wird es auch für solche – vor allem auch wegen der kräftigen Beats von Aksit Ugurlu aka DJ Ses – auf keinen Fall langweilig. Auf der Scheibe ist harter Aggro-Rap ebenso zu hören wie schnelle Party-Tracks oder eher traurige, melodische Songs. Doch "Gangsta" ist natürlich das ganze Album.