V-Mann/Morlockk Dilemma – Doppelreview: „Fragmente“ und „Index Finest“

V-Mann und Morlockk Dilemma, zwei Charaktäre, die nicht nur in Sachen Flow und Stil bisher eigene Wege gingen und die wir an dieser Stelle nicht umsonst in einer rap.de Doppelreview nur all zu gerne abfeiern.

Jetzt hat es V-Manns "Fragmente", der Underground-Klassiker von 2004 schließlich doch noch vom Tape auf CD geschafft, und das völlig zu Recht. Denn was V-Mann da geleistet hat, hätte so nicht in der Versenkung verschwinden dürfen. Vom Prenzlauer Berg im Berliner Osten kommt der junge und hörbar hungrige MC und macht mit seinem Funkviertel Camp im Rücken die Dinge in Deutschland anders.
Das fängt bei seiner, zugegebenermaßen, etwas gewöhnungsbedürftigen Stimme, inklusive eigenwilliger Art Worte zu betonen, an. Schnell jedoch rechnet man ihm das als gekonnt eingesetztes Stilmittel an, durch welches die abgehackten, verschachtelten Stakkato-Flows erst richtig zur Geltung kommen. Dabei kann man auch durchaus die Einflüsse von Necro oder MF Doom heraushören, die auch für V-Mann zu den ganz Großen zählen, wenn man seiner Myspace-Freundesliste Glauben schenken kann.
Seine galante Art zu fließen präsentiert V-Mann dann sogleich im ersten Track "Scheisse passiert" über ein smoothes Instrumental, das nach klassischem Boom Bap Material klingt. Überhaupt sind die meisten Beats eher zurückhaltend instrumentiert und die Drums rücken in den Vordergrund. Man muss dazu sagen, dass die meisten Beats vom talentierten V-Mann selbst unter seinem Alter Ego "Hieronymuz" produziert wurden
Das nächste Highlight "20 Takte zum Thron" ist ein schöner Battletrack, über dessen Instrumental auch Lil´ Dap von Group Home ohne mit der Wimper zu zucken einen 16er drübergerotzt hätte. Hörbare Gastparts liefern hierbei Mike Fiction und Funkviertel Kollege Mr. Serch, dessen Namen man mal hinsichtlich zukünftiger Großtaten im Hinterkopf behalten sollte.
Neben den Tracks von 2003/04 befinden sich noch zwei neue Tracks auf "Fragmente". Zum einen das schon seit einiger Zeit im Internet kursierende "Spröde Lippen" im neuen Gewand und das zusammen mit dem Leipziger Morlockk Dilemma eingespielte "Nett".
Insgesamt gesehen hat "Fragmente" trotz seines Mitte 90er Flavours nichts an Aktualität eingebüßt, was vor allem V-Mann´s herausragender Delivery zu verdanken ist. Hoher Qualitätsstandard, man darf gespannt sein was V-Mann in Deutschland noch anrichten wird. Einen Titel soll ihm an dieser Stelle schon mal zugesprochen werden und an dem soll keiner rütteln, V – M – A zum Doppel-N  ist der einzig wahre König vom Prenzlauerberg, no doubt!

(Autor: Dexter: 6 von 7)

Es gibt Gründe, warum wir V-Mann aus Berlin und Morlockk Dilemma aus Leipzig in einer Review abfeiern. Einer ist ganz sicher der ähnliche Rapstyle und auch in Sachen Beats gibt es bei den beiden keine großen Differenzen, hier trifft Wu-Tang ähnliches auf Boom Bap und auch sonst so Einiges, was dem geneigten Untergrund Head mächtig Spaß macht. Eine andere unübersehbare Gemeinsamkeit ist das im nächsten Jahr erscheinende Kollabo-Album der beiden King-Spitter, dessen Releasedate ganz sicher für alle Anhänger von  Untergrundrap ein verdammt guter Tag werden wird.
Bis dahin sollte man wahlweise V-Manns oder eben Dilemmas Album pumpen, denn was sich auf den 20 Anspielpunkten dieser CD abspielt bezeichnet Royal Bunker Cheff Staiger mit: „Battles, Stories, Styles, Bloody Cartoons!". Recht hat der Mann. Inhaltlich wie aber auch vom Rapstil an sich,  hat man Dilemma fast schon perfekt beschrieben, wenn man von Necro oder Non Phixion auf Deutsch spricht.
Während der Mann, der den Anspruch hat alleinig die Leipziger HipHop-Szene zu sein,  schon im „Intro“ aber auch in Tracks wie „Sag Ciao“, „Fuck You“ oder  „Open Your Eyes“, in dem übrigens neben DesertD auch ein gewisser V-Mann gefeaturet wird, gerne Überpunchlines a la  „Du bist kein Pimp dir fehlt das X-Kromosom / Du willst safer Sex, doch deine Freundin erstickt am Kondom“ vom Stapel lässt, belässt er es nicht nur beim Gegner-Gekonnt-Zerlegen sondern versucht sich auch an Tracks mit Konzept. So erzählt er gerne mal die ein oder andere ebenso düstere wie abgedrehte Geschichte, in der es nicht selten um Charakter- oder Geistesstörungen und all die anderen alltäglichen Aussetzer und Abgründe der menschlichen Natur geht. Paradebeispiel dafür ist „Fernsehjunk“, in dem abgedreht humorvoll beschrieben wird, wie Dilemma erst nur geistig und schließlich auch körperlich in der Fernsehwelt versinkt.  Ebenso einfallsreich wie abgedreht kommt der Storry-Teller „Nachbar“ der mal eine andere Geschichte aus’m Block erzählt und über dessen Ende an dieser Stelle nichts verraten werden soll. Alleine „Bonus 2003 Zugrunde Gehen“ feat. Choleriker ist ein eher schwächerer Track, weil auch nach dem 100 Mal anhören die Hook unverständlich bleibt und er mich nicht nur deshalb insgesamt weitaus weniger vom Hocker reißt als der Rest der LP.
Richtig großartig und zum ersten Mal richtig ernsthaft wird es gegen Ende von „Index Finest“. Im unbenannten letzten Track, nennen wir ihn mal „The Party’ s Over“ erzählt Dilemma vom Schicksal zweier Charaktere, die am Ende der jeweiligen Strophe vor den Trümmern ihrer Existenz stehen. Zu viel Party, zu viel Drogen, zu viel Sex: Das ist Stoff für großes Kino mit Sad End. Anders war es auch kaum zu erwarten. Da passt dann auch wieder das Sample vom Anfang des Album gut dazu, der „Gangster No 1“ darf am Ende des Films feststellen, dass er sich zwar als Sieger fühlen darf aber dennoch sein Ziel nicht erreicht hat.  Sein Ziel erreicht hat Dilemma bisher wohl noch nicht, aber er ist ihm näher gekommen und als Sieger fühlen darf er sich nach diesem Hammeralbum erst recht.

(Julian 6 von 7)