Prinz Pi – Donnerwetter

Bereits Anfang August lieferte uns Prinz Pi mit seiner überdurchschnittlichen EP "Instinkt" erste Indizien dafür, was uns mit dem nun nahenden "Donnerwetter" erwartet. No Peanuts haben sich auf die Fahnen geschrieben, das Level deutschen Raps erneut auf eine höhere Ebene zu heben und um dieses ehrbare Ziel zu erreichen, wird auch gleich kräftig angepackt. Schon in der "nur" normalen Version des neuen Albums sind 22 Tracks und zusätzlich die Mär "Herr Der Dinge" enthalten, worauf sich der Prinz in insgesamt ca. 45 Minuten als "Storyteller" der anderen Art zeigt, vom Bonus-Material der Premium-Edition ganz abgesehen. Doch muss man nicht die Frage stellen, ob  bei  dieser überwältigenden Quantität nicht die Qualität auf der Strecke bleibt?

Dem ist glücklicherweise ein klares "nein" entgegenzusetzen, was vielleicht auch darin begründet sein könnte, dass Pi zusammen mit Biztram so lang und intensiv an der LP gewerkelt hat, wie nie zuvor. Daraus resultiert eine der besten und abwechslungsreichsten deutschen Rap-Platten des Jahres, eines der besten und einfallsreichsten Rapper der Rapublik. Die Bandbreite an Themen, die Pi aufgreift, scheint nie enden zu wollen, genau wie die sprudelnde Quelle musikalischer Kreativität, die seinem Hirn entspringt.

Zunächst einmal wird allen alteingesessenen Beatfabrik- und Prinz Porno-/Pi-Fans ein breites Lächeln auf die Lippen gezaubert, da der Prinz nicht vergessen hat, was ihn auf den musikalischen Thron befördert hat. Mit "Bonnys Ranch III" wird eine beinahe klassische Serie fortgesetzt. "Kette (Wuerfel II)" könnte noch eine Weitere schaffen und bei "So Viele Fragen" wird natürlich auch wieder die altbekannte Verschwörungs-Thematik aufgegriffen. Selbstverständlich dürfen die politischen Seitenhiebe ebenfalls nicht fehlen. Aktuelle Bezüge werden Beispielsweise auf "Die Bomben Schlafen" und "Von & Zu" aufgegriffen, während "Peng, Peng, Peng" die Geschichte eines machtgeilen Cowboys mit seiner (kleinen?!) Kanone erzählt.
Einmalig sind auch "Wie Die Zeit Vergeht", eine amüsante Halb-Parodie auf Zehlendorf und Grunewald, sowie die Story über den ganz gewöhnlichen Psychomörder "Herr Claasen". Die Spitze der Spannungskurve bildet dann "Meene Stadt" mit Biztram und dem Berliner Urgestein Frank Zander(!). In 3:46 min werden so viele Berliner-Worte in den Track gepackt, dass man damit gleich ein Wörterbuch füllen könnte, absolute Suchtgarantie! (Wenn manns denn versteht)
Wie sich wahrscheinlich jeder denken kann, ist das längst nicht alles, was das "Donnerwetter" zu bieten hat. Jeder Track hat seinen eigenen Geschmack, wofür natürlich auch Hausproduzent Biztram verantwortlich ist, in dem Pi seine zweite musikalische Hälfte gefunden zu haben scheint. Neben ihm und Frank Zander ließen sich auch TaktloSS, Bobidze, Beatzarre und der Schauspieler Martin Semmelrogge nicht lumpen und steuerten ihren Teil zu einem runden Album bei.

Teil zwei ist, wie bereits eingangs erwähnt, eine absolute Neuerung im deutschen Rapgeschäft. Mit Bezug auf den "Herr Der Ringe" und natürlich die Szene im eigenen Land, wird über allerfeinste Biztram-Kompositionen eine komplett zusammenhängende Geschichte erzählt, selbstredend mit des Prinzen bestem Rapflow. Diese Idee sucht seinesgleichen und wurde nicht nur gut ausgedacht, sondern auch, wie der Rest der Platte, detailverliebt umgesetzt. 

Deutlich wie nie zuvor bestätigt sich, dass es wohl kein anderer so gut versteht, die Balance auf dem Rasiermesser der explodierenden Kreativität, zwischen Ironie und Ernsthaftigkeit, zwischen Wagnis und Standhaftigkeit zu wahren, wie Prinz Pi, bei dem sich auch dann nichts nach lächerlichem Rap-Kompromiss anhört, wenn Fans aus verschiedenen Richtungen bedient werden. Das Ziel, ein inhaltlich neues Level zu erreichen, dürfte sich bereits mit diesem Album erfüllt haben.