Anne: Busta also mit dem „Big Bang“. Ganz großer Hype, bereits weit im Vorfeld, schließlich ist man ja nicht irgendwer, hat doch einen größeren Moment lang keinen Long-Player springen lassen und – last but not least – ein heftiges make over hinter sich – bang also… Zunächst mal ist alles irgendwie anders, als man das von Rhymes gewohnt ist, so viel steht fest und wird zur Kenntnis genommen. Wir wissen: Ein Quadrat ist ein Rechteck, aber ein Rechteck muß kein Quadrat sein. Aber, ist Bang automatisch Hype, und bedeutet Hype schon Innovation? Der Journalien-Chor äußert sich wohlwollend – und meint: JA. Ich hege da jedoch so meine Zweifel.
Julian: Aber kann man Busta Rhymes nach all den Jahren kritisieren? Sollte man Innovation im Rap-Bizz nicht einfach B-u-s-t-a schreiben? Und hat uns der Doktor bisher jemals enttäuscht?
Anne: Hm, vielleicht live… Was Platten anbelangt; nein, aber genau das macht die „Big Bang“-Enttäuschung für mich aus. Ich kann den typischen Style nicht mehr finden.
Julian: Nun, zumindest vom Intro des großen Krachs bin ich nicht wirklich überzeugt. Eine vor sich hin plätschernde Harfe, mit einem Busta oben drauf, der sicher – wie gewohnt -, solide flowt. Nur, muss ein solches Arrangement sein? Mir zu poppig und zu banal.
Anne: Immerhin: Q-Tip am Start. Überhaupt ließt sich die Feature-Liste gut – aber das sagt ja nichts über Busta aus – und wenn, dann nur über entsprechende gute Connections.
Julian: Dass Busta die ganz großen Spieler im Rap-Geschäft hinter sich weiß, dürfte spätestens nach „Touch It“ auch Max Mustermann, Lischen Müller und der Rest der deutschen Clubgänger wissen. Immerhin geben sich im Video zur ersten Single Mary J. Blige, Missy usw an Busta´s Seite die Ehre. Zu dem, von Swizz Beatz produzierten Geschoss auch nur ein negatives Wort zu verlieren, könnte einem im Club den / die Tanzpartner / in kosten.
Anne: Für den Club finde ich z.B. „How We Do It Over Here“ – ebenfalls mit Missy – wesentlich interessanter.
Julian: Ich gar nicht. Ich finde den Swizz Beat geil. Innovativ, reduziert und nicht so bombast-, synthie-mäßig. Darauf könnte ich mir ebenso zehn andere Rapper vorstellen, da brauche ich keinen Busta zu.
Anne: Aber das ist genau das, was ich meine: Busta hatte immer etwas relativ Einzigartiges. Wo iss´n das hin?
Julian: Also seine Stimme ist weiterhin da, sein Flow weiterhin krass. Wie er bei „Touch It“ seinen „Ausrast-Style“ bringt: krass! Und gerade auch in „New York Shit“ finde ich das auch ganz deutlich. Neben seinen Features sticht er heraus – das hat was von den guten alten Zeiten. Wer auch immer den Beat gemacht hat (DJ Scratch): er ist ´n Guter! Oder „In The Ghetto"! Hammer! Rick James & Busta: Träume werden wahr! Zwei Verrückte, ein Track. Busta rappt wie ein junger Gott! „Cocaina“ erinnert mich an Smif-n-Wessun mit Mary J Blige, nur total langweilig. Wie findest du den?
Anne: Naja, vielleicht nicht total langweilig. Ich würde es eher lieb gemeinte, aber low gelevelte Hommage nennen wollen. Richtig langweilig wiederum finde ich „I Love My Bitch“, obgleich das ja die zweite Single ist. Kühl kalkulierter Track, der sich aber sicher gut verkaufen wird. Klingt wie ein Track, basierend auf einer Idee von irgendeinem Video-Director.
Julian: Was sagst du zum Dilla-Beat auf dem Album?
Anne: „You Can’t Hold The Torch“ wiedrum ist einer meiner Faves auf dem Album. Back in the days Stuff. Killer Buss! Aber hier macht es glaub ich auch die Mische aus Q-Tip, Dilla, Busta & Chauncey Black.
Julian: Ich finde die Ansage – warum das Mic abgeben, wo der Nachwuchs eh nicht mithalten kann – übrigens Bombe. Ich sag so etwas ja nur sehr selten, aber Busta ist in diesem Track, auf diesem Beat unfickbar!
Anne: Dr. Dre ist für „The Big Bang“ als Executive Producer ziemlich maßgeblich an vielen Beats beteiligt. Was meinst du zu Dre´s Einsätzen?
Julian: Also, ich bin allgemeinen kein besonders großer Dre-Fan. „Don´t Get Carried Away“ z.B. klingt total nach Mobb Deep “Quiet Storm". Einfallslos. Wiederum “Legend Of The Fall Offs” finde ich klasse. Irgendwie sehr soft, aber es gefällt mir. Ich bin auch kein Fan von von Frauen gesungenen Hooks, aber hierbei passt das. Ich finde das Stück hat Charakter, der Beat passt wunderbar.
Anne: Die Mär sagt, Dre habe sich dafür Kistenweise Sand ins Studio bringen lassen und real geschippt.
Julian: Der Perfektionist. Das wäre wirklich krass. Einer wie er holt das Maximum heraus. Dann gibt es entweder Hits wie bei Eminem – oder Flops wie bei Rakim…
Anne: … oder eben „The Big Bang“. Aber ehrlich, es gibt durchaus beeindruckende Momente auf dem Album, aber ein Big Bang? Auf keinen Fall! Lieblos zusammen geschmissene Tracks, gespickt mit ein paar Glücksgriffen.
Julian: Also lieblos glaube ich weniger. Aber es ist eben am Reißbrett geplanter Erfolg.
Anne: Das kommt am Ende auf dasselbe raus. Liebevoll wäre was mit Herz und nicht mit Reißbrett gemachtes. Ich fühl bei Busta nichts mehr – das war früher anders. Von daher finde ich den Hype nicht gerechtfertigt!