Wir Leben in einer Zeit der stetigen Veränderungen. Allerdings machen sich die meisten Menschen über diese Veränderungen -und den Menschen an sich, nie weiter Gedanken- oder zumindest keine wirklich kritischen.
Aber es gab immer schon auch andere Menschen: Wissenschaftler, Philosophen, Dichter. Gerade in Deutschland kennen wir die Drittgenannten und manchmal lieben wir sie sogar, die Goethes und Schillers. Immerhin sind uns ja neuerdings die gemeinsamen Aushängeschilder und Stärken wichtig, so sind wir ja bereits Papst und wer nicht religiös ist, ist ja immerhin noch Deutschland…
Es würde wohl etwas zu weit führen, wenn ich 88 Komaflash in die Reihe der großen deutschen Dichter stellen würde, aber die Beobachtungsgabe und kritischen Zwischentöne von Omega Takeshi auf den Beats von Aqua Luminus III. und Bowdee , verfeinert mit den 1A Cuts von Devastateyaears könnten als der „Neue Sturm und Drang“ verstanden werden, die „Neue Deutsche Welle“ haben wir ja bereits- warum also nicht noch weiter zurück in die Vergangenheit reisen, um das Neue im Alten zu finden?
Wahrscheinlich würden mir die drei Musiker aus München da aber widersprechen, denn sie haben sich immerhin die „Verteidigung der Zukunft“ auf die Flagge geschrieben.
Was auch immer, für 88 Komaflash steht Eines fest: „das letzte feuer heisst hoffnung/ ein meer kämpft gegen die flammen/ lass dein letztes einhorn überleben/ der rote stier muss weichen“.
Sollten sich Schüler unter den Lesern dieser Rezension befinden, dürfen die gerne diese Zeilen aus „Haggard`s Hobby“ mit in den Deutschunterricht nehmen- oder besser noch das ganze Album. Doch die metaphorische Sprache Takeshis geht weid über einfache Bilder hinaus.
Selten waren Raplyrics sprachverliebter, aber selten auch waren die Aussagen scharfzüngiger, kompromissloser und unbequemer: „hier kann man unwahrheiten freikaufen solange man sie oft genug wiederholt/ lügen ist volkssport! und die besten märchenerzähler werden die mächtigsten männer!“
Was bleibt weiter zu sagen? Der konventionelle HipHopper hat das Lesen der Rezension wahrscheinlich aufgegeben, aber ein unaufgeschlossener Geist wird mit 88 Komaflash auch niemals glücklich werden.
Was sonst? Beats, die ihresgleichen suchen, fantastische Grundlagen, auf die die Lyrics passen wie… ihr wisst schon. Jedenfalls ist es Aqua Luminus III gelungen Instrumentale zu bauen, deren Bandbreite hierbei von knochentrockenem Synthie- bis melodiöse Pianobeats reicht…
Aber da waren ja auch noch richtige Cuts von einem richtigen DJ. Wahrscheinlich muss eine unkonventionelle Hiphop Kombo in sich mehr der guten alten „HipHop Werte“ verinnerlichen, als es denjenigen, denen 88 Komaflash zu weit weg sind vom Rap, lieb sein kann. Jedenfalls tut der DJ dem Album gut und mich haben die Einlagen von Devastateyaears auch über alle Maßen erfreut.
Dieses Album hat nach meinem Ermessen keinen einzigen schwachen Track und wer Sole auf seiner LP featuret, hat bei seiner Fanbase einen großen Stein im Brett. Dennoch möchte ich einige Tracks als besonders gelungen hervorheben: „Apt Nr.5“, „Haggard’ s Hobby“, „“Minus8plus8“.
Was bleibt? Die Feststellung, dass es Alben gibt, denen man mit einer Rezension nicht oder nur sehr schwer gerecht werden kann. 88 Komaflash haben eine LP kreiert, von der ich fast befürchte, dass sie zu intellektuell und zu anders für den gewöhnlichen Hiphop-Head sein könnte- aber dennoch hoffe ich, dass ich mich irre und sich viele an der „Verteidigung der Zukunft“ beteiligen- die Hilfe hätten die 3 Herren aus München wohl verdient.