Dark Angel

Frust. Das ist das Wort, das die Versoftung von James Camerons ehemals populärer Fernseh-Action-Superheldin-Serie Dark Angel beschreibt. Oder vielleicht: Unverschämtheit, denn unverschämt ist es allemal, was uns Radical Games hier vorsetzt. Ein komplett schwachsinniges Kampfsystem (ich sage nur: absolute Willkür + Button Mashing), extrem unfaires Leveldesign (wobei das Wort Level hier mit Vorsicht genossen werden sollte, es ist eher immer das Gleiche mit wechselnden Gegnerpositionen!) und ein Frustrationsfaktor, der seinesgleichen sucht (nicht, weil man zu schlecht ist, das Spiel ist einfach nur unfair). Aber fangen wir erstmal mit dem Positiven an.

Die Grafik ist eigentlich ganz gut gelungen, die Atmosphäre des postapokalyptischen Seattles ist gut getroffen (bietet aber keine Überraschungen), und vor allem die Hauptdarstellerin Max Guevera ist gut in Szene gesetzt worden. Auch die Levelumgebungen sind im Prinzip detailreich, wenn, ja wenn sie nicht immer die Gleichen wären. Hey, so eine schäbige Gasse mit brennender Mülltonne und Abfallcontainer sieht ja toll aus, nur wenn man um die Ecke geht, sieht die nächste Gasse genauso aus. Und danach die auch. Alle 4-5 Level wird dann ein neues Levelset geladen, wobei sich das Wiederholungsprinzip aber – wie der Name schon andeutet – wiederholt. Somit fällt die Grafik trotz ihrer realistischen Darstellung einzelner Objekte und der Animationen von Max nach kurzer Spielzeit nicht mehr weiter ins Auge. Zu allem Überfluss benutzt das gesamte Spiel immer wieder die gleichen Standardobjekte. Leitern sehen auf den Straßen Neo-Seattles genauso aus wie in einem unterirdischen High-Tech-Forschungskomplex, und Fässer (von denen es im Spiel eine Menge gibt) sehen auch überall auf der Welt gleich aus. Super.

Nun aber zum Gameplay, immerhin haben wir ja auch alle Tetris nicht wegen der tollen Grafik gespielt. Hier haben die Entwickler von Radical versucht, einen Mix aus Metal Gear Solid und Streets of Rage (wenn das überhaupt noch jemand kennt!) zu kreieren, der aber – leider, muss man sagen – vollkommen nach hinten losging. Über die Steuerung braucht man nicht viel diskutieren, ich bezeichne sie einfach mal als unpräzise. Soll heißen: Ihr lauft vor den Gegnern her, plötzlich, aus unerfindlichen Gründen, dreht ihr euch um und lauft in die Gegner hinein, ohne dass sich die Kamera bewegt hätte oder ihr gar den Stick bewegt hättet. Aha, interessant. Auch das Kampfsystem ist nicht gerade ausgereift. Ein Punch-, ein Kick- und ein Wurf-Button stehen dem modernen, genetischen Superkämpfer zur Verfügung, die allesamt durch simples Mehrmalsdrücken zu Combos ausgebaut werden können. Spielerisch überhaupt nicht anspruchsvoll, wenn ihr die stärkste Attacke mit 5mal-Punch-Drücken auslöst. Ganz im Matrix-Stil ist die Rage-Anzeige in der linken unteren Bildschirmecke. Ist sie voll, könnt ihr besondere Special Moves ausführen. Das wird zumindest in der Anleitung behauptet. Realität ist aber:
Ab und zu (d.h. unabhängig von eurer Rageleiste) werden während des Kampfes einzelne Aktionen in Bullet-Time (bekannt aus Matrix oder Max Payne) dargestellt, wobei der Zeitpunkt wie gesagt völlig willkürlich ist. Habt ihr die Rageleiste voll, passiert das nur öfter. Wow.

Die Stealthelemente beschränken sich darauf, dass man tot ist, wenn man sich vom Gegner erwischen lässt. Das bedeutet, dass man in jedem der Stealthlevel durch die feuchter Schwamm-Steuerung mindestens 5mal draufgeht, weil man sich, anstatt sich an eine Wand zu pressen, versucht, dem Wachmann die Luft mit den Armen wegzusaugen. Wird man nämlich entdeckt, stürmen alle Wachen aus dem Gebiet auf euch zu, und ihr habt knapp eine Minute Zeit, um alle zu liquidieren (was im Großteil der Level unmöglich ist). Schafft ihr’s nicht, geht ihr drauf. Dass man dann den kompletten (oftmals sehr langen) Level von vorne beginnen muss, weil man nur am Levelende speichern kann, brauch ich nun wirklich nicht mehr zu erwähnen. Also: Stealthelemente vollkommener Unsinn.

Tja, was bleibt da eigentlich noch zu diesem Spiel zu sagen? Die Story. Ähm ja, die Story kann allenfalls als 08/15 beschrieben werden, Max Guevera ist eins von 12 Kindern, die aus einem militärischen Genlabor für Supersoldaten geflüchtet ist und jetzt ihre 11 Geschwister suchen. Keine Angst, nach 2 Leveln ist euch die Story eh egal, da sie nur als Aufhänger für das Zusammenschlagen der ewig gleichen Gegner dient.

Pro:
– Eigentlich ganz nette Grafik
– Gute Animationen der Charaktere
– Originalsprecher der US-Serie
– Die Atmosphäre der Serie wurde gut umgesetzt
– Am Anfang sehen die Effekte und die Kämpfe cool aus…

Contra:
– …nach dem zweiten Gegner merkt man, dass sich die Kämpfe immer wiederholen.
– Zu den Sprechern: 1. Sie sind schlecht 2. Es sind nur zwei…
– Das angeblich revolutionäre Ausweichsystem hilft nicht beim Ausweichen
– Grafik wiederholt sich, Level wiederholen sich, Gegner wiederholen sich, die Sprüche von Max wiederholen sich, die Levelziele wiederholen sich, man selber muss jeden Level x-mal wiederholen, irgendwie wiederholt sich einfach alles!wiederholt sich einfach alles!wiederholt sich einfach alles!
– Extrem unfaire Endgegner (deren Angriffstaktiken sich übrigens wiederholen, d.h. alle Endgegner besitzen die gleichen Moves!)
– Schwierigkeit schwankt von Versuch zu Versuch, das Beenden des Levels hat definitiv nichts mit Können sondern ausschließlich mit Glück (oder nennen wir es positiv: Intuition) zu tun
– Die schlechteste Kameraführung aller Zeiten macht es unmöglich, die Gegner gezielt und kontrolliert auszuschalten. Oder erst mal zu entdecken.
– Die Entwickler führen euch an der Leine durch die Levels, fette Symbole kennzeichnen die Stelle, an der das angegebene Item benutzt werden muss.
– Wenn es eine Steigerung von linear gäbe: Dieses Spiel ist es!
– Es gibt überhaupt nichts freizuspielen oder zu entdecken, man spielt das Spiel durch, und das war’s einfach. Und das Durchspielen packt man an einem Abend. Trotz der Stealthmissionen.
– Es ist unmöglich, eine Stealthmission komplett ungesehen zu beenden.
– Man stirbt -> man beginnt den Level neu!
– Katastrophale Steuerung (Spurt liegt auf L3! Versucht da mal, gezielt zu spurten!)
– Was am wichtigsten ist: das Spiel macht keinen Spaß!

Fazit: Kauft euch für das Geld lieber eine Monatskarte eures Busunternehmens, da habt ihr mehr Abwechslung! Dieses Spiel ist wirklich niemandem zu empfehlen, selbst die Hardcore-Dark-Angel-Fans werden es nicht spielen wollen.

Bewertung: 1

Entwickler: Radical Entertainment
Publisher: Sierra
System: PS2
Spieler: 1
Genre: Stealth / Streetfighting