Jon B – Stronger Everyday

Dieser Herr wird der jüngeren Hörerschaft wahrscheinlich kein Begriff sein. Sein letztes Lebenszeichen hat der amerikanische R’n’B-Künstler mit „Don‘ t Talk“vor ungefähr 3 – 4 Jahren gegeben. Geht man weiter zurück in der Zeit, konnte dieser ambitionierte Musiker durchaus einige brauchbare Referenzen sammeln. Unter Vertrag genommen wurde Jon B so um 1994 von keinem Geringeren als Kenny „Babyface“ Edmonds, der zu New Jack Swing-Zeiten – und auch noch darüber hinaus – als eines der größten R’n’B-Talente galt. Weiterhin zählte er als Freund des legendären 2 Pac und nahm mit ihm den damaligen Hit „Are You Still Down“ auf. Nach mehr als einem Jahrzehnt im Musikbusiness mobilisierte Jon nun seine Kräfte ein weiteres Mal und nahm sein viertes Album auf. „Stronger Everyday“steht im konkreten Gegensatz zu den Omarions, O´ryans und Marques Houstons der Neuzeit. Dem Album kann man ganz klar das Alter und die Erfahrungen, die der Protagonist in seinem Leben gesammelt hat, entnehmen. Dass Jon B jedoch auch ein Gefühl für den Geist der Zeit hat, erkennt man schon auf dem Dirt McGirt aka ODB (R.I.P.) featurenden „Everytime“. Just Blaze stellt mit diesem Beat den inoffiziellen Nachfolger zu Lenny Kravitz´ „Storm (Remix)“. Und auch „Lately“, das mit asiatischem Touch daherkommende „One More Dance“ und das absolute Highlight des Albums, der Remix zu „Everytime“, bei dem Jon mit Beenie Man und Farena im Anhang einen jeden Dance für sich zu Gunsten entscheiden wird, belegen eindrucksvoll die Freshness des Albums.In etlichen Uptempo-Tracks ist Jon dann darum bemüht, das weibliche Geschlecht zu umgarnen, um dessen volle Aufmerksamkeit zu erlangen. Auf „One More Dance“, dem vom Geschlechtsakt erzählenden „Hands On You“, „Az U“ und Patient gelingt ihm das relativ gut. Auch ein altes 2 Pac-Acapella hat der gute Jon wieder ausgegraben und verwertet dieses zu „Part 2“ , einem sehr gefühlvoll dargebotenen Liebessong, der sich mit dem Thema Trennung beschäftigt. „What In The World“ ist der schönste Midtempo-Song und bleibt bei der Trennungsthematik und anderen Facetten der Liebe, wie dem gegenseitigen Vertrauen.Zum absoluten mentalen Striptease entschloss sich Jon dann auf dem Scarface featurenden „Thru The Fire“, das mit einem souligen Gitarrenriff begleitet wird. Hierauf verarbeitet Jon seine jüngsten Erfahrungen, die von seiner Scheidung bis zum Abbrennen seines Studios reichen. Dieser Beat ist wie für Face gemacht und so läuft auch dieser zu Höchstleistung auf.Leider hat jede Medaille zwei Seiten, so auch „Sronger Everyday“. Songs wie „Multiple“, „Lay It Down“, „Before It’s Gone“ und „What I Like“ (feat. Babyface) kommen emotionslos vorgetragen rüber und scheinen eher als Lückenfüller fungiert zu haben. Das trübt leider den Blick auf das sonst sehr impulsive Gesamtwerk, das ansonsten zu überzeugen wusste. Jon B tätigt mit diesem Album keine Neuerfindung des R’n’B, weist sich jedoch als Meister dieses Genres aus. Ein schöner Gegenpol zu den meist oberflächlichen aktuellen Veröffentlichungen, ohne jedoch irgendwie altbacken zu klingen.