VA – Rap City Berlin

Ich habe mir das gute Stück – „Rap City Berlin“ – ja schon im Eiszeit Cinema auf Großleinwand beim diesjährigen internationalen Graffiti & HipHop-Filmfestival (Rhythm Of The Line) hier in Berlin gegeben. Habe mich extra ganz hinten hingesetzt, um zu sehen, wie die verschiedensten Menschen auf diese Musikdokumentation reagieren. Das zu meinen Beobachtungskünsten. Es saßen also unterschiedlichste Menschentypen im Saal. Die einen mit persönlichem Interesse an der HipHop-Kultur – weil selber Aktive -, die anderen zur Recherche über die „freakige“ Jugend und ihre so genannte „Jugendkultur“. Es heißt ja immer: „Kinder, die nie erwachsen werden wollen“. Die kommen, wie gesagt, da rein und setzen sich mit der Frage:“was steckt nun dahinter?“ hin und schauen zu.Ja, was geschieht nun in dieser „Rap City“ Berlin?Vierzig Indie-Labels werden vorgestellt, ein gewaltiger Kumulus. Solche kleinen Musikfabriken entstehen zur Zeit in Hülle und Fülle. Erfasst sind aber noch längst nicht alle.Lustig ist zu beobachten, dass Menschen, die nur einen geringen Bezug zu diesem, nennen wir es „Szene-Ding“, haben, Menschen, die eine derartige Leidenschaft, schon Fanatismus, entwickeln, nicht im Geringsten verstehen können. Manche kennen vielleicht das Problem, als Kid behandelt oder abgestempelt zu werden, und dass man einfach mit sich und seiner Kunst nicht ernst genommen wird, auch Business-technisch. Ja, ich muss es leider zugeben: Außenstehende könnten durchaus den Eindruck bekommen, dass es sich bei der Berliner Rap-Szene um ein paar wild gewordene Halbaffen handelt. Für mich aber, jemanden, der selbst enorme Leidenschaft entwickelt in Bezug auf HipHop, ist die Profilierung vor der Kamera und das „Representen“ der Crew sehr wohl verständlich und auch nachvollziehbar. Tja, HipHop ist halt doch noch nicht komplett medientauglich geworden. Sicherlich gibt es trotzdem auch Rapper in Berlin, die sich nicht an diese HipHop-Szene anschließen können und wollen. Warum ist z.B. Bushidos „Ersguterjunge“ nicht vertreten? Aber um es noch mal zusammenzufassen, wir haben es hier also mit einem Überblick über die Berliner Rap-Szene, inklusive sind Interviews, Raps, Exklusivmaterial und 20 Musikvideos der Künstler in voller Länge, zu tun. Berlin spielt immer zunehmender eine tragende Rolle im derzeitigen Rap-Business und der ganzen Rap-Szene überhaupt. Nicht zuletzt durch die Chart-Erfolge von Savas und Sido weiß jeder: Authentischer Rap kommt aus der Hauptstadt. Ich möchte andere, bestimmte Städte auf keinen Fall ausschließen, aber hier geht es nun mal um die Rap City BERLIN-DVD. Da diese besagte Berliner Szene aufgrund vieler interner Streitigkeiten (das ist eben Berlin) sehr undurchsichtig und für Nicht-Berliner schwer begreiflich ist, hat sie noch nicht die längst überfällige Beachtung gefunden. Ansatz des „Rap City Berlin“-Projekts ist es, dies zu ändern und die gesamte Szene endlich einmal auf einem Medium zu präsentieren, was realisiert wurde durch die junge Berliner Produktionsfirma Mantikor Entertainment und in Zusammenarbeit mit Lars „Lasan“ Tendelmann. Über einen Zeitraum von neun Monaten wurde eine Vielzahl an Rap-Labels der Hauptstadt vor die Kamera gebeten. Über 150 Künstler sind dabei zusammengekommen. Ihr findet die DVD in drei Bereiche gegliedert: Label-Stadtplan, Bonus-Menü und den Video-Corner. Empfehlen kann ich euch, zwischendurch mal einen Act des jeweiligen Labels, bei dem ihr gerade angekommen seid, als Musikvideo anzuschauen. Unter Umständen könnt ihr euch so eine optimale Meinung bilden. Zur Orientierung, oder wenn ihr euch gegebenenfalls vorstellen wollt, sind alle vierzig Labels auf einer Berlinkarte verzeichnet – wohl auch, um die Herkunft der einzelnen Künstler aus den einzelnen Bezirken zu verdeutlichen. Um einen möglichst umfassenden Eindruck zu vermitteln, bestehen die zwei- bis zehnminütigen Filme über jedes Label aus Live-Mitschnitten, Action-Szenen (Graffiti, Straßenboxereien usw.) und authentischem Film-Material. So könnt ihr den „Stars“ quasi noch näher sein. Die Drehorte sind beliebig von den Künstlern gewählt und sehr individuell. Ihr werdet in Kellerstudios, Bordelle, Strandbars, Berliner HipHop-Shops und Schießstände bis in die dreckigsten Hinterhöfe Berlins geführt. Die DVD zeigt das Umfeld, in dem sich die Rapper bewegen, begleitet sie zum Tätowieren, in die Stammkneipe oder durch die Straßen ihrer Gegend.Antreffen werdet ihr unter anderem Kool Savas, Sido, Bass Sultan Hengzt, Frauenarzt, Beatfabrik, Shok Muzik, Orgi 69, Moabeat, M.O.R., Kalusha, Ostblokk. Für mich gab es ein paar musikalische Überraschungen und Freuden: In der Stadt, in der man lebt, befinden sich wider Erwarten doch Künstler, die meinen Geschmack treffen. Ist doch großartig! Ein Stück Lebensqualität mehr.