Seit letzten Donnerstag läuft „Blacktape“ , laut Pressetext der erste, deutsche HipHop-Film, in diversen Kinos. Unsere Autoren Anna und JPK haben ihn gesehen und sich angeregt über ihre Eindrücke unterhalten. Gut, dass wir das für die Nachwelt festghalten haben.
JPK: Ich bin von Blacktape alles in allem positiv überrascht. Ich konnte vorher schwer einschätzen, was mich erwartet und ob das Konzept funktioniert, aber das hat es. Was den Film meiner Meinung nach stark getragen hat, war der gruppeninterne Konflikt zwischen Falk und Staiger, auch wenn dabei leider Sékou etwas kurz gekommen ist.
Anna Schulze: Im Großen und Ganzen kann ich mich dir anschließen. Mir hat „Blacktape“ auch gut gefallen. Es ist ein interessanter Film, der die Thematik rund um Deutschrap aus vielen verschiedenen Facetten dargestellt hat. Natürlich war es da nur förderlich, dass Falk und Staiger da selbst oft unterschiedlicher Meinung waren und so die Protagonisten die Story voran getragen haben. Allerdings fand ich die in erster Linie lautstarken Diskussionen zwischen den beiden auf Dauer ziemlich anstrengend.
JPK: Ich versteh zwar, warum man das so sehen kann, fand es selber aber meistens einfach zu lustig. Es hat schon was, wenn sich erwachsene Männer mit hoher Frequenz Schimpfwörter an den Kopf werfen und einfach nicht über ihr Ego hinwegsehen können. Obwohl – oder gerade weil – man ja auch die Beweggründe von beiden verstanden hat bzw. zumindesten erahnen konnte. Als Charakter fand ich Jaybo eigentlich am interessantesten, weil er manche Sachen doch recht unkonventionell angegangen ist.
Anna Schulze: Ja klar! Unterhaltsam war das teilweise schon. Die Situation wurde von Sékou in den meisten Fällen ja auch kommentiert, so dass wenigstens einer ein bisschen Klarheit und vor allem auch Beweggründe in die Wortgefechte gebracht hat. Jaybo ist ein origineller Typ. Er hat ja auch tatsächlich einiges mehr zur Story beigetragen, als ich ursprünglich erwartet hätte. Als Jaybo ins Spiel kam, fand eine Art Führungswechsel statt und man konnte das Mysterium um Tigon wieder von einer anderen Seite aus betrachten. Ich finde, das hat den Film auch wirklich ausgemacht, dass er mit Hilfe vieler unterschiedlicher Charaktere auch viele unterschiedliche Blickwinkel liefert. Interessant wurde es dann, als Neffi Temur ins Spiel kam.
JPK: Ich kenn mich mit dem Thema auch nicht so gut aus, aber für mich war es völlig unverständlich, dass Staiger mit ihm zusammengearbeitet hat. Am Anfang wird er ja dadurch „aufgestachelt“ das Neffi auch nach Tigon suchen will. Für mich kam ihre Zusammenarbeit deshalb sehr überraschend, nachdem sie zunächst so als Rivalen aufgebaut werden. Vielleicht hab ich Staiger falsch eingeschätzt, vielleicht war das auch gestellt oder der Film bringt die Beziehung der beiden doch nicht so gut rüber – insgesamt für mich doch ein enttäuschendes Segment.
Anna Schulze: Eine wirkliche Zusammenarbeit hat in dem Sinne aber nicht stattgefunden. Sobald die beiden aufeinander treffen, werden die Standpunkte der beiden meiner Meinung nach schnell deutlich. Was mich eher gestört hat, war das die Diskrepanz zwischen Staiger und Neffi einen so großen Part im Film eingenommen hat. Gut, dieses Element ist zwar der Aufhänger, der die Sache erst ins Rollen und auch am Laufen gelassen hat, aber insbesondere Richtung Ende des Films nimmt für mich diese Thematik ein bisschen überhand.
JPK: Das liegt wohl daran, dass das Ende generell etwas unbefriedigend war. Man hatte das Gefühl, dass jetzt halt noch irgendein Abschluss gefunden werden muss, der sich leider nicht gut von selbst ergeben hat. Während vorher immer sehr klar war, was und warum etwas passiert, wusste ich am Ende nicht wo diese Jam jetzt genau hergekommen ist – sie war halt einfach da. Das man dafür im letzten Teil die Staiger–Neffi-Thematik nochmal aufgegriffen hat fand ich allerdings nicht schlimm, da ja wie schon erwähnt die Tigon-Sache letztendlich etwas im Sande verläuft. Zudem kann man den Konflikt zwischen den beiden theoretisch schön auf eine größere Ebene, nämlich die Diskrepanz in Methodik und Mentalität zwischen Majorlabel und Independent, abstrahieren. Was dann aber leider nicht gemacht wird, es bleibt auf der persönlichen Ebene.
Anna Schulze: Aber irgendwie gehört das ja auch mit zum Konzept des Films. „Black Tape“ behandelt eigentlich ein großes und offenes Thema, nämlich den Ursprung von Hip-Hop in Deutschland. Anhand der Protagonisten wird dem Ganzen dann jeweils ein persönlicher Charakter aufgelegt. Da ist es irgendwie vorprogrammiert, dass da für den Zuschauer ein paar Ungereimtheiten entstehen. Auch wenn es ein paar Sequenzen gab, die mich persönlich auch gestört haben, hat Sékou durch unterschiedliche Stilmittel versucht, die Waage zu halten. Es ist eben diese ungewöhnliche Mischung aus Dokumentation und Unterhaltungsfilm, die aber meiner Meinung nach funktioniert.
JPK: Besser hätte ich es nicht sagen können. Auch die eingeschnittenen Interviews funktionieren gut und erweitern das Meinungsspektrum sinnvoll. Ich wurde informiert und zugleich unterhalten, habe Einblicke bekommen und Meinungen gehört und mir selber eine gebildet. Sicher gibt es hier und da Sachen die man besser hätte machen könne, und es gäbe noch viel mehr Aspekte und Blickwinkel zu betrachten. Aber ein doch so großes Thema so ansprechend umzusetzten – Respekt.