Raptile – Classical Material

Kriechtiere (Reptilia) oder Reptilien (von lateinisch „reptilis“: kriechend) bilden eine Klasse der Wirbeltiere und sind notorische Überlebenskünstler. Ob das der Beweggrund des Münchner Rappers war sich Raptile zu nennen, sei mal dahingestellt – Fakt ist, er ist ähnlich zäh und robust in seinem Vorgehen wie seine vermeintlichen „Vorbilder.“

Diese energische und ambitionierte Charaktereigenschaft wird durch die Tatsache bestärkt, dass er der erste europäische Rapper ist, der sich in den USA, dem Ursprungsland des HipHops, den gebührenden Respekt verschafft hat. Renommierte US HipHop-Größen wie Jay-Z oder Rah Digga schwärmen geradezu von Raptiles Skills und vor allem von seinem unverwechselbaren Flow.

Doch diesen Respekt musste sich Raptile hart erarbeiten. Mitte der 90er Jahre wurden englischsprachige deutsche Rapper nicht wirklich erst genommen. Statt den Kopf in den Sand zu stecken wie viele andere Acts zuvor, sah Raptile diesen Umstand eher als Motivation und Antrieb, um sich zu behaupten.

Der Münchner zog zunächst in kleinen Underground-Events die Aufmerksamkeit auf sich, bis er dann im Laufe der Zeit die Möglichkeit bekam, als Support-Act für etablierte Größen wie Pharcyde oder Absolute Beginner aufzutreten. Sein hartnäckiges Wesen und seine Zielstrebigkeit haben sich ausgezahlt. Sein Erfolg spiegelt sich in den Top 40 wieder. Zuvor konnte er sich mit seiner letzten Single „Make Y’all Bounce“ zwölf Wochen über Wasser halten. Das neue Album „Classical Material“ könnte ein riesiger Sprung in seiner Karriereleiter bedeuten. Mit tatkräftiger Unterstützung von US-Acts wie Rah Digga, Redman, Xzibit oder von Musikern aus europäischen Gefilden wie beispielsweise Valezka oder Promoe (Looptroop), zeigt sich Raptiles neues Album von einer enorm kompetenten Seite.

Die insgesamt 23 Tracks auf dem Album bieten Abwechslung in Hülle und Fülle. Von melodischen Balladen über fette, clubtaugliche „Throw Your Hands in the Air-Party Beats” bis hin zu straighten Battlerhyme-Hymnen, ist alles abgedeckt. Besonders in punkto Lyrik zeigt sich Raptile von seiner besten Seite. Die Texte bergen überwiegend tiefgründige Messages. Die Auskopplung „Da Unbeatables“ feat. Valezka dient als kleiner Vorgeschmack.

Wer behauptet, nur in den USA vernünftigen englischsprachigen HipHop bewundern zu können, wird dank Raptiles „Classical Material“ eines Besseren belehrt. Das Album deckt viele verschiedene Bereiche ab und verspricht, ein Megaseller zu werden. Lasst Euch die heiße Scheibe nicht entgehen. Entscheidet für Euch selbst. Mein Tipp: Anhören, es lohnt sich!