Rapdeutschland wartet auf „Chronik III„, den dritten Labelsampler von Deutschlands erfolgreichstem HipHop-Label Selfmade Records. Seit nunmehr zehn Jahren existiert das Indie-Label, das mittlerweile jeden seiner Künstler an die Chartspitze katapultiert als wäre es nuffin. Mit Kollegah, Favorite, Genetikk, Karate Andi und den 257ers hat das Label eine ebenso starke wie breit gefächerte Aufstellung. „Chronik III“ fährt also, wie bereits die Vorgänger, die geballte Kraft des gesamten Labelkaders auf – da kann ja eigentlich nichts schief gehen, oder?
Ich habe da so meine Zweifel. „Breit gefächert“ heißt in diesem Fall nämlich auch unstimmig. Der Selfmade-Kader war ja schon immer ziemlich heterogen, das hatte aber auch einen gewissen Reiz. Die aktuelle Aufstellung aber, so stark sie sein mag, weckt bei mir die Befürchtung, dass „Chronik III“ nicht durch Kontraste interessant, sondern einfach nur durchwachsen wird. Casper und Kollegah funktionieren hervorragend auf einem Track, auch mit Favorite war das ganze eine runde Sache – siehe „Mittelfinger hoch“ oder „Dampfwalze„, bei dem auch noch der vierte Künstler Shiml an Bord war. Nun stelle man sich vor, „Mittelfinger hoch“ hätte statt Casper einen Part von Genetikks Karuzo oder einem der 257ers gehabt. Ich glaube nicht, dass das funktioniert hätte.
Die Stile der verschiedenen Protagonisten greifen weder ineinander noch sind die Verschiedenheiten so, dass sie aufgrund ihrer Eigenheiten miteinander harmonieren. Stattdessen macht ein Haufen guter bis sehr guter Künstler eine Platte zusammen, die ich mir voraussichtlich nicht am Stück anhören können werde. Egal, wie stimmig die Beats das zusammenfügen, ich kann mir nicht Karate Andi, dann die 257ers, plötzlich Kollegah und dann Genetikk hintereinander geben. Das ist eine schlecht sortierte Party-Playlist, aber nichts was ich mir zuhause oder über Kopfhörer im Bus als gelungenes Stück Musik aus einem Guss anhöre.
Auszug aus der Tracklist:
09 Nicht verstanden – Karate Andi
10 Gangsta – 257ers
11 Medusa – Kollegah & Farid Bang
12 Bunte$ Papier – Genetikk
Bestimmt wird jeder einzelne der gelisteten Tracks gut, aber hintereinander weg gehört kann das doch nur anstrengend werden. Selbst Kombinationen, die sich auf Anhieb gar nicht so abwegig anhören – Karate Andi, dann 257ers – sind in der Praxis furchtbar. Ich hab’s ausprobiert und mir in einem Selbstexperiment zuerst „Generation Andi“ und dann „Auseinanda„, daraufhin „Halleluja“ und abschließend „Dago“ angehört – also die Songs, die wohl am ehesten in die Richtung „Chronik III“ gehen . Im Zweifelsfall packe ich mir die einzelnen Songs lieber in Playlists der jeweiligen Künstler und gut is‘ – die CD werde ich nur einmal einlegen – und`zwar, um sie zu digitalisieren.
Das sind natürlich alles nur Vermutungen. Letztlich ist es auch eine Geschmacksfrage, aber Features der Label-Künstler untereinander sind wahrscheinlich nicht umsonst so rar gesät. Das einzig schlüssige Bindeglied, das ich mir in Kombination mit anderen Selfmade-Künstlern vorstellen kann ist Favorite. Ob das reicht? Ich vermute es zwar nicht, lasse mich aber gerne vom Gegenteil überzeugen – denn bisher habe ich auch nicht mehr von „Chronik III“ gehört als ihr.