Marius No.1 – The Record Player

Er hat sie erreicht, die verflixte Sieben. Die neue EP The Record Player ist die siebente Veröffentlichung auf seinem eigen Label Chiefrocker Records und meiner Meinung nach eine ganz starke.

Die Rede ist von Marius No.1, seines Zeichens DJ und Produzent, wohnhaft in Hamburg, von wo aus er seit Jahren schon seine Fans mit qualitativ hochwertigem Soundmaterial versorgt. Marius, der bereits für verschiedene Labels und Künstler gearbeitet hat, unterstrich sein Streben nach Unabhängigkeit 1998 mit der Gründung von Chiefrocker Records. Hier hat er nun die Möglichkeit, seiner Kreativität freien Lauf zu lassen und jeden Schritt des Prozesses selbst bestimmen zu können, was sich in der Vergangenheit durch sehr gute Scheiben wie Owners Manual oder Germoney ausdrückte.

Mit seiner Musik landete er bisher keinen Hit, was die Verkaufscharts anbetrifft, aber das ist auch weder sein Ansatz noch sein Anspruch. Wie jeder weiß, hat die Qualität von Musik schon lange nicht mehr viel mit der Platzierung in den Charts zu tun. So hat Marius das Level seiner Produktionen immer sehr hochgehalten, ohne sich irgendwelchen Trends unterwerfen zu müssen, nur um ein paar mehr Tonträger zu verkaufen.

Auch die neue Platte, die es seit einigen Tagen zu kaufen gibt, hat noch nicht die Aufmerksamkeit bekommen, die ihr ohne Zweifel zusteht. The Record Player ist, wie es so schön zutreffend im Pressetext zur EP heißt, …ein echtes und selbstständiges Werk in einem relativ traditionellen Rahmen.

Das bedeutet, dass Marius nicht zwanghaft versucht, sich komplett neu zu erfinden. Seine Weiterentwicklungen liegen im Detail, es lohnt sich also, auch bei diesem Werk wieder genau hinzuhören.
Der erste Track May I feat. Grand Agent geht einem auch sofort durch Mark und Bein. Der frische, melodisch schwingende Beat setzt Frühlingsgefühle frei, und Grand Agent kann seinen Flow voll zur Entfaltung bringen  eigentlich ist das Stück besser, als alles, was ich auf GAs letztem Album gehört habe. Das Instrumental groovt so leicht und locker, dass man die Komplexität der Produktion erst beim zweiten Hinhören wirklich mitbekommt.
Kein geringerer als Mirko Machine gibt dann auch noch einige seiner Cuts zum Besten, die den Track abrunden und zu einem echten Highlight machen.

Bei unserem letzten Interview mit Marius hatte er angekündigt, dass der mit seinem Portablen DAT-Recorder die Bahnhöfe abklappert und Geräusche aller Art aufnehmen werde, um diese dann in einen Track umzuwandeln. Auf Heimfeld, der sechsten Chiefrocker-V.Ö., hat er diese Geräusche dann tatsächlich zu Songs verarbeitet. Aber einen kleinen Rohdiamanten hat sich Marius glücklicherweise für The Record Player aufgehoben.

Take The Train ist das Ergebnis dieses Soundmosaiks. Bukue One aus der Bay Area (Oakland) & EMC rappen hier in Höchstform über ihre Liebe zu Graffiti.
Wer sich fragt, wer, neben den genannten Gästen, oder auch BAS 1 aus San Francisco, der auf Conspiracy Theory RMX gefeaturet wird, ein gewisser Julian Rutkowski ist, dem sei geantwortet: Er ist ein Beatschrauber, der Marius vor einiger Zeit mal ein Demo zugeschickt hat und den Altmeister damit so sehr überzeugen konnte, dass Marius den Track in überarbeiteter Fassung gleich mit auf das Album genommen hat.

Mit The Record Player hat Marius No.1 einmal mehr ein absolut professionelles, frisches, eigenwilliges Werk rausgebracht, dessen einzige Schwäche nur die ist, dass man nach knapp über 20 Minuten noch lange nicht genug davon hat!
Da kann man nichts machen, außer: die Scheibe umdrehen, sie sich noch einmal anhören.