Den Beipackzetteln der Plattenfirmen Glauben zu schenken, ist meist eine schlechte Idee. Eben jener Zettel zum neuen Rasco-Album glänzt mal wieder mit Übertreibungen und Superlativen. Rasco wird hier zu einem der komplettesten MCs hochgejubelt, der sowohl einen „jiggy hot-spot“, als auch eine verrauchte „backpack convention“ rocken kann. Auch dass er damit neuen Respekt als einer der Veteranen der Bay-Area bekommen wird, behauptet dieser Zettel. Nach mehrmaligem Durchhören von „Escape from Alcatraz“ bleibt aber nur zu sagen: Nichts Neues aus der Bay-Area.
Nach dem etwas abwechslungsreicheren Cali Agents-Album mit Planet Asia kehrt Rasco wieder zu Altbewährtem zurück. Musikalisch und Rap-technisch hat sich seit „Time waits for my man“ (1998) und „Hostile Enviroment“ (2001) nicht viel getan. „Escape from Alcatraz“ (eine Anspielung auf Rascos Verhältnis zu ehemaligen Labeln) bewegt sich von Battle-Tracks zu Party-Tracks und zurück. Genre-typisch werden Feinde benannt, Neue gemacht oder Freundschaften gepflegt. Textliche Tiefe wird maximal angedeutet, beschränkt sich dann aber auf den sehr durchschnittlichen Hiphop/R’n’B-Track „All i wanna be“ zusammen mit Kisha Griffin (wen es interessiert: Kisha Griffin ist eine ehemalige Backgroundsängerin von En Vogue und Amel Larrieux).
Nicht dass „Escape from Alcatraz“ ein schlechtes Album wäre, das Album ist wohl das, was man „solide“ nennen kann. Dass Rasco ein guter MC ist, ist unbestritten, aber manchmal fehlen der Druck und die Begeisterung, variantenreich ist auch keine Vokabel, die sich in seinem Zusammenhang aufdrängt. Alle Tracks sind ordentlich produziert und folgen meist dem Beat-plus-Sample-Schema. Auf Dauer macht das allerdings das Album recht eintönig, da so sehr wenige Tracks einen individuellen Charakter entwickeln. Mit Da Beatminerz, Jake One, Omen, Brisk und Kleph Dollar haben keine Unbekannten die Beats beigesteuert, aber wenige Tracks ragen wirklich heraus. Eins der Highlights ist „The Sweet Science“ mit Chali2na von Jurassic 5. Der Track basiert auf einem geloopten Basslauf und ist mit einem eher zurüchhaltenden Beat versehen. Chali2na und Rasco geben ihm mit ihren Reimen eine überraschende Dynamik und lassen erahnen, wie gut ein Rasco-Album sein könnte. „Endless“ feat. Planet Asia ist ein weiteres Highlight, Indie-Rap mit dicken Beats, ohne alberne Hochglanzrefrains, nur gewaltige Reime, die einen nach vorne treiben. Überhaupt sind die Tracks mit Feature-MCs deutlich besser als die Tracks, die Rasco alleine bestreitet. Bei „U got time“ wirkt Rasco, als ob er noch auf jemanden wartet, der in den Track einsteigt, aber vergebens.
Insgesamt gibt es erfreulich wenige Versuche, das musikalische Universum des Indie-Raps Richtung Satinbettlaken-Rap zu verlassen. „Escape from Alcatraz“ ist bestimmt kein Album, mit dem man Leute zur Rapmusik bekehren oder einen Club rocken kann. Hier geht es nur um solide Walkman-Musik für Fans, das aber in ziemlich guter Form.