Angeklagt war Vicente H. besser bekannt unter dem Namen Frauenarzt wegen Gewaltdarstellung, pornographischer Gewaltdarstellung, namentlich auf den CDs Pornomafia und Geschäft ist Geschäft sowie dem Besitz von insgesamt 15 verbotenen CDs, die im April 2009 während einer Hausdurchsuchung bei ihm gefunden wurden.
Das Gericht erkannte ihn in allen Fällen für Schuldig, wobei Arzt auch im Vorfeld die Tatvorwürfe einräumte und umfassend geständig war. Dies führte denn auch, sowie die Tatsache, dass der Rapper bislang nicht vorbestraft ist, zu einem relativ milden Urteil, wenn man bedenkt, dass auf die erhobenen Tatvorwürfe Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren verhängt werden können.
rap.de sprach direkt nach der Verhandlung mit dem zuständigen Staatsanwalt Thomas Schulz– Spirohn, der auch schon die Hausdurchsuchungen bei hirntot Records anordnete und andere Berliner Fälle in Sachen Gewalt und Pornorap bearbeitete.
Schulz–Spirohn wies gegenüber rap.de darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft von der Gesetzeslage her verpflichtet sei, Straftaten zu verfolgen, wenn sie bestehende Gesetzte verletzen. Diese Gesetze würden allerdings nicht von der Staatsanwaltschaft gemacht, sondern vom Bundestag, weswegen er zum Sinn und Zweck der Gesetze nicht unbedingt etwas sagen könne.
Auf die Nachfrage welche Gesetze der Künstler Frauenarzt verletzt habe, verwies der Staatsanwalt auf die Paragraphen 131 und 184a des Strafgesetzbuches, die explizite Gewaltdarstellungen und pornographische Gewaltdarstellungen verbieten, wohl mit dem Zweck, so fügt Schulz Spirohn dann doch hinzu, dass ein gewisser Nachahmungseffekt unterbunden werden soll.
Auf den Widerspruch hingewiesen, dass es sehr wohl Menschen gibt, die in Deutschland, Tag für Tag oder Woche für Woche, sadomasochistische Sexualpraktiken ausüben, eben jene Praktiken, die auf der CD Pornomafia beschrieben wurden, verwies der Staatsanwalt auf ein Paradoxon der Gesetzeslage. Wörtlich sagte er gegenüber rap.de: „Es gibt in Deutschland sehr wohl Praktiken und Handlungen deren Ausübung straffrei ist, deren Abbildung in Wort, Schrift und Musik aber eben unter Strafe steht“ und fügte als Beispiel hinzu, dass man auch mit Personen unter 18 sexuellen Verkehr haben darf, die Abbildung eines solchen, aber eben unter Strafe steht.
Abgesehen davon aber unterstellt Schulz Spirohn dem angeklagten Rapper Frauenarzt, dass er mit seiner Provokationsmasche und dem jetzigen Erfolg einen beabsichtigen Plan verfolge und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und auch ihn selbst als PR-Gag missbrauche. Wörtlich sagte Schulz Spirohn gegenüber rap.de: „Ich ärgere mich darüber, dass ich diesen Künstlern so viel Publicity verschaffe.“
Frauenarzt hingegen bedauerte das Urteil, wenngleich er es akzeptierte. Im Gespräch mit rap.de wies er darauf hin, dass es sich bei einem der besagten Titel tatsächlich um die explizite Darstellung von sadomasochistischen Sexualpraktiken gehandelt hat und erklärte: "Man muss sich das mal vorstellen, ich bin jetzt vorbestraft, wegen meiner Musik. Es ist doch traurig, dass man nicht über seine eigenen sexuellen Vorstellungen und Vorlieben rappen darf.“
Der Umstand, dass diese Musik Jugendlichen und Kindern nicht zugänglich gemacht werden darf, störe ihn dabei gar nicht: "Das ist doch selbstverständlich, dass das nur Erwachsene konsumieren dürfen“, aber das solche Darstellungen unter Strafe stehen, das kann der Künstler nicht unbedingt nachvollziehen.
Desweiteren sprach sich Frauenarzt noch einmal für die Einrichtung einer Freiwilligen Selbstkontrolle der Musikindustrie nach Vorbild der Filmwirtschaft aus, damit den Künstlern schon im Vorfeld ein Leitfaden vermittelt wird, an den sie sich halten können.
„Wenn man Musik macht, ist die einzige Prüfung, die man bekommt, die BPjM und damit einhergehend die Indizierung. Besser wäre eben, ein Prüfsticker und damit eine eindeutige Kategorisierung, wo ich meine Sachen verkaufen darf und wo nicht. Damit wäre allen geholfen.“
Das Urteil allerdings wird Frauenarzt in vollem Umfang akzeptieren und auch von weiteren Rechtsmitteln absehen. Das Exempel, das Schulz–Spirohn, nach eigener Aussage an Frauenarzt, als Kopf der Berliner Porno-Rap-Szene statuieren wollte, scheint also erfolgreich statuiert worden zu sein.