Mit „Das Leben ist Saadcore“ präsentiert das Halunkenbande-Oberhaupt Baba Saad sein sechstes und laut eigener Aussage auch letztes Soloalbum und besinnt sich nach dem handzahmen „SDoppelAD“ wieder zurück auf seine musikalischen Wurzeln. Das bedeutet kompromissloser Straßenrap auf pumpenden Beats, die an die Erstlingswerke „Das Leben ist Saad“ und das indizierte „Saadcore“ anknüpfen sollen. Und so gibt es bereits im Einstiegstrack „Das Leben ist Saadcore“ die klare Ansage, dass man sich vom locker-lässigen Stil des Vorgängers „SDoppelAD“ getrennt hat.
„Das ist Indexrap/Du bezweifelst mein Image jetzt/ Doch ich komm und zeige dir was dahinter steckt/ Und jeder Keck ist jetzt chronisch am Winseln/ Denn ich töte Hurensöhne und das ohne zu blinzeln„.
Dieser Indexrap-Stil zieht sich dann auch komplett durch das 15 Track starke Album, das mit dem umstrittenen Track „Jamila (Das Finale)“ und „Menschen quälen“ seine traurigen Höhepunkte in Sachen Geschmacklosigkeit erreicht. Während Saad bereits mit „Jamila“ einen drastischen und überaus gewalttätigen Schlusspunkt unter diese fragwürdige Beziehung setzt, geht der Halunkenbande-Chef mit „Menschen quälen“ noch einen Schritt weiter und beschreibt überaus lebendig die Folterung seiner Mitmenschen. Mit Blokkmonsta hat sich Saad dann auch gleich den Branchenprimus ins blutrote Boot geholt, der durch seinen aggressiven Stil und seine Erfahrungen im Horror-Genre die Beschreibung der Folterszenen auf die Spitze treibt.
„Gott gab und Block nahm/ dir deine Menschenwürde/ Wie ein Tier zur Schau gestellt/ Ich breche jeden deiner Wirbel/ Hannibal zerquetscht Schnecken/Also lass ich dich mir schmecken/ Schlürf dein Schädel so wie Austern/ schön verfeinert mit Limetten.“
Das im Anschluss an die knapp drei Minuten lange Verherrlichung einer Folterorgie der Track „Womit hab ich das verdient Pt. II“ folgt, in dem Saad versucht den Terror und den Schrecken des Kriegs in seinem Heimatland Libanon zu hinterfragen, wirkt dabei völlig deplatziert und alles andere als taktvoll. Auch ist die Kritik am weltweiten Kriegsgeschehen eher eine Abfolge von Standardphrasen, die so schon von anderen Künstlern aufgegriffen und tiefgründiger vorgetragen wurde.
„Womit habe ich das verdient, mein Volk ist am sterben/ Meine Landsleute halten aus gefoltert zu werden/ Manche werden Verfolgt manche werden umgebracht/ Und genau deswegen entwickelt sich unser Hass/ Wir sind Menschen so wie ihr es seid/ Keine Scheiße Terroristen/ Junge ich will das es jeder weiß.“
Dafür sorgen die Battleraptracks für solide Unterhaltung und lassen wenigstens ansatzweise den alten Baba Saad Flavour aufkeimen. Hervorzuheben sind hier „Kantsteinsurfen„, „Du bellst aber beißt nicht“ und das düstere „Worte sind nur Luft„, das hauptsächlich durch den blitzsauberen Kontra K-Part überzeugt. Mit „Wenn du ihnen glaubst“ und „Nachtgespräch“ verfällt Saad dann noch mal in die nachdenkliche und reflektierende Schiene, doch leider zünden auch die ruhigeren Parts zu keiner Zeit. Besonders der vorletzte Track „Wenn du ihnen glaubst„, dass eine starke Ähnlichkeit zu Bushidos „Alles wird gut“ aufweist, glänzt mit inhaltslosen Phrasen und Selbstbeweihräucherung. Mit „Nachtgespräch“ gibt es dann noch mal das lyrische Danke für die Fans und der Rückblick auf neun Jahre Musikkarriere. Leider wirkt auch das etwas einfallslos und letztlich austauschbar. Das man auf einem vier Minuten Track keine Rückblende a la „700 Bars“ von Eko erwarten kann, ist selbstverständlich, aber das Saad komplett darauf verzichtet auf seine persönlichen oder karrieretechnischen Höhe- und Tiefpunkte, wie CCN, sein Label, seine Zeit im Libanon oder die Rückkehr nach Deutschland eingeht, lässt einen faden Nachgeschmack zurück.
Mit „Das Leben ist Saadcore“ ist Saad leider nicht der furiose Abschluss einer Musikkarriere geglückt, sondern ein eher austauschbares Battlerap-Album mit vielen Phrasen und wenigen musikalischen Höhepunkten. Wer Saads alten Werke mochte, der wird auch mit dem ein oder anderen Track auf „Das Leben ist Saadcore“ gefallen finden, aber ein zweites „Das Leben ist Saad“ oder „Saadcore“ bekommen Fans zum Abschluss leider nicht mehr geliefert.