Bosca, Freund von Niemand und bekennender Ultra von EintrachtFrankfurt, legt nach seinem 2011 erschienenen Album „Fighting Society“ nach. „Solange es schlägt“ heißt sein neues Werk – und schon im „Intro“ macht Bosca klar, dass er seinen Weg unbeirrbar weitergeht. Boscas Rap bleibt hart, authentisch, dunkel und gesellschaftskritisch, das hört man schon aus den ersten Zeilen raus. Innovationen sind hier eher nicht zu erwarten, dafür umso mehr Verlässlichkeit und Beständigkeit.
Sein Grundhaltung bringt Bosca im Track „In einer Welt“ auf den Punkt. Es ist ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Autoritäten, das den Hessen prägt. Nun gibt es bekanntlich zahllose uninspirierte 08/15-Tracks, bei denen Rapper „Fick den Staat“ sowie weitere austauschbare Parolen ins Mic brüllen, ohne ihre Meinung näher zu begründen. Bei Bosca ist das anders. Mit schlagfertigen Argumenten kann er seine zum Teil durchaus radikale Meinung überzeugend darlegen, man kann seinen Hass auf Staat und Gesellschaft förmlich spüren. Man merkt dem Song einfach an, dass das Bosca hier seine echte Meinung kundtut und nichts vorgespieltes dabei ist. „Kriminelle sind verhöhnt in diesem Land und im Finale schüttelt Merkel einem Hoeneß dann die Hand?“, stellt Bosca rhetorisch fragend fest. Es ist diese Ungerechtigkeit, die Bosca stört, hier anhand des Steuerhinterziehers UliHoeneß verdeutlicht, der – seien wir ehrlich – genug Geld für Anwälte hat, so dass er wohl mit einem blauen Auge davonkommen wird. „Man schaut auf deinen Lebenslauf statt nach der Persönlichkeit“, bemerkt Bosca und liegt damit völlig richtig in einer Zeit und einem Land, in dem ein ausländisch klingender Nachname schnell mal ein Grund sein kann, jemanden nicht für ein Bewerbungsgespräch einzuladen.
Bosca lässt es jedoch nicht gleich auf jedem Track so hart angehen, sondern schaltet auch immer mal wieder einen Gang zurück. „Der mit den Adlern fliegt“, ist ein Song zum zurücklehnen. Bereits im Vorfeld des Albumreleases wurde dieser Song, der durchaus Gänsehaut-Potential hat, als Video veröffentlicht. Der Adler soll hierbei auf das Logo von EintrachtFrankfurt hinweisen. „Letztes Lächeln“ ist dann der deepeste Track des Albums. Bosca verarbeitet in diesem Text den Verlust eines Menschen aus seinem Umfeld und erzeugt dabei eine krasse Stimmung. „Und auch wenn sich diese Erde immer weiter dreht, will ich, dass du in diesen Versen immer weiter lebst, wir werden hier niemals vergessen wer du bist und zaubern dir ein allerletztes Lächeln in Gesicht.“
Wenn man sich das Albumcover anschaut auf dem ein vermummter Mann – nennen wir ihn Bosca – eine vermummte Frau küsst, hätte man vielleicht ein Liebeslied erhandelsübliches warten können, jedoch sucht man das vergeblich. Mit „Platz in meinem Herzen“ hat Bosca zwar so was wie ein Liebeslied gemacht, jedoch geht es dabei um seine Liebe zur Musik und die Verbindung zwischen Bosca als Künstler und Bosca als Menschen. „Ich halt dein Platz in meinem Herzen immer fest und wenn ich sterbe sag den Leuten es ist ehrlich was ich rapp’“.
Auf einem Bosca-Album darf natürlich auch ein Feature mit Labelboss Vega nicht fehlen. „Wieder Unterwegs“ heißt der Track und die beiden machen hier unmissverständlich klar, dass sie von der aktuellen Entwicklung des Deutschraps nicht ganz so fasziniert sind wie etwa das Feuilleton der Süddeutschen. „Wir machen Gangbang mit Hipsterrap“, so Bosca lapidar. Dass die beiden Alkohol mögen, ist kein Geheimnis, anscheinend haben sie eine Vorliebe für Hochprotzentiges aus dem Balkan, wenn es nach folgenden Zeilen geht. „Und wenn du Freitag grad im Kino sitzt mit Coca Cola, findest du die zwei hier zwischen Slivovitz und Orahovac“.
Zweites Feature auf dem Album ist Timeless auf dem Song „Lass die Hunde vor die Tür„, der in dieselbe Richtung geht wie der Track mit Vega. „Wenn wir mit barem aus der schiefen Bahn die Miete bezahlen/ willkommen im Niemandsland/ Widerstand/ und Kiefer die brachen“ – breitbeinig pflügt man sich eine Schneise durch die Scheiße, für die man den restlichen Deutschrap hält.
Mit „Solange es schlägt“ kann Bosca sein Debüt „Fighting Society“ toppen, keine Frage. Das Album hat eine klare Linie, die sich von Anfang bis Ende durchzieht. Es herrscht ein anständiger Wechsel zwischen harten Battletracks und ruhigeren deeperen Liedern, wobei die Stimmung immer dunkel und kalt gehalten wird. Man nimmt Bosca das, was er tut, komplett ab. Da ist nichts gespieltes, nichts erzwungenes, nichts gekünsteltes dabei. Ein Meilenstein oder ein Manifest der Innovation ist Bosca mit „Solange es schlägt“ sicherlich nicht gelungen, doch das wollte er wohl auch gar nicht. Was er wollte, war echte Musik zu machen – und da ist ihm ohne Zweifel gelungen.