Er war nie wirklich da und nie wirklich weg, meinte Ali As, der Münchner mit pakistanischen Wurzeln im Interview mit rap.de. Wenn man einen einigermaßen gutinformierten Rapfan in Deutschland auf Ali As anspricht, dürfte die Reaktion oft so aussehen: „Yo, talentierter MC mit bretterharten Punchlines und guter Technik„. Nur einige wenige würden dieser Aussage allerdings noch hinzufügen, dass man trotz aller bescheinigten Skills in den letzten Jahren nicht viel gehört hat: Der Output fehlte. Die Frage, wo dieser denn nun bleibt stellt sich Ali As einfach im Titel seiner neuen EP selber und nennt diese selbstbewusst „Ey, Mann, wo ist mein Output?“ Selbstüberschätzung? Auf keinsten, Mann.
Los geht es mit dem Titeltrack. Hier wird gleich mal klargestellt, welche Richtung Ali As mit seiner EP einschlagen möchte. Keine Standard-Produktionen, keine langweiligen 0815-Beats, keine Zweckreime. Sowas kennt Ali As nicht – oder nur von anderen MCs. Es entsteht sofort eine ganz eigene Atmosphäre und es gelingt dem Zuhörer auf Anhieb in diese einzutauchen. An der Stelle darf man ruhig auch mal die gesungene Hook erwähnen, die im Gegensatz zu den oft peinlichen Gesangsversuchen anderer Kollegen absolut sicher sitzt.
Im zweiten Track „Neuzeithippie“ outet sich der Münchner als Neo-Blumenkind, welches in der Schule nicht immer mit den Coolen hing, dessen Gürtel aber mittlerweile von Gucci oder Louis sind. Den geneigten Rapfan erwarten feinste Reimketten und Flows der Extraklasse. Als Neuzeithippie nimmt man sich selbst nicht so ernst, aber auch mal auf die Kacke hauen, wenn man wirklich etwas zu sagen hat. Wer bierernste Themen und ermüdend detailgetreue Selbstreflektion erwartet, der sucht in diesem Fall vergeblich.
Anschließend kommen die besten Stücke der EP – „Jagd/Flucht“ und „Ich treffe dich dort„. Dass diese auch bei Ali As selbst einen hohen Stellenwert genießen, beweist die Tatsache, dass er beide Tracks verfilmt hat. Beide Songs leben von ihrer Atmosphäre und den Lyrics, die einen sozialkritischen Vibe haben – das kann Ali nämlich auch, wie er bereits in der Vergangenheit das ein oder andere Mal bewiesen hat. Dass sich Ali As trotz deepen Inhalts nicht lumpen lässt und ein lyrisches Feuerwerk oberster Kajüte abliefert, spricht absolut für ihn.
Das erste Feature auf „EMWIMO“ kommt dann von Alis ehemaligen Deluxe-Labelkollegen Tua. Der Reutlinger steuert zu „Maneki Neko“ eine Gesanghook bei, welche sich für die nächsten Tage und Wochen im Gehörgang festsetzt. Auch dieser Song ist von der Thematik her ernster und dennoch schafft es Ali As mit seinen Lyrics, dem Song dieses gewisse Etwas zu verleihen, so dass sich „Maneki Neko“ zum heimlichen Hit der EP entwickelt. Der Track „Leinwandhelden“ reiht sich innerhalb der EP bestens hinter seinen drei Vorgängern ein und rundet die ernsten, aber nie gezwungenen und peinlich daherkommenden Songs perfekt ab. „Leinwandhelden“ ist keine typische Kopf-Hoch-Hymne, dennoch ist die Message klar: Das Leben ist kein Ponyhof. Ganz ohne die üblichen Phrasen und totgedroschenen Sprüche.
In „Billy Bob Thornten“ wird dann mit allen alten und vermögenden Herren abgerechnet, die sich gerne mit den schmucken, jungen Damen zeigen, die eigentlich für Ali, Pretty Mo und dem Stemmer und Leader der Kitschgang, Felix Krull persönlich gedacht sind. Leider sieht die Realität oft anders aus. Altersflecken und nigelnagelneue Hüften sind eben anscheinend oft doch anziehender. Während Felix Krull eine extrem cheesige Hook abliefert, kommt Pretty Mo mit einem sehr ironischem und sarkastischem 16er um die Ecke. „Lucy“ ist eine Hommage an die Beatles, die aber derart nach vorne geht, dass man schon von einem Bangerchen sprechen kann. (Da Kid Voice)
Mit „Schwarze Limousinen“ und „HHH Part 2“ kommen schließlich zwei sehr straighte Representer mit Features von Marsimoto und MoTrip. Wenn Ali seinen beiden Kollegen schon für die EP derartig gute Feature-Parts aus dem Ärmel leiern konnte, dann fragt man sich echt, was uns wohl auf dem Album erwartet. Wobei: Was Ali As bescheiden eine EP nennt, würden andere deutsche Rapper liebend gern als Album raushauen. An der Stelle muss erwähnt werden, dass auch die Produzenten, Elias von den Goofiesmackerz, David Lauren, Joshimixu, Monroe und DJ Vito, wirklich erstklassige Arbeit abgeliefert haben.
Die Fakten, in nackten Zahlen: Zehn hervorragende Anspielstationen, fünf sehr kreative Produzenten, fünf starke Feature-Gäste – Stimme plus Technik, mal die Flows geteilt durch Skills ist gleich der Inbegriff von Freshness. Ali As scheint die Theorie von seinem Bruder im Geiste MoTrip ebenfalls zu beherschen. Trotz womöglich fehlendem Interesse an Mathematik.