Wie unpraktisch. Da krönt sich ein Rapper eigenhändig zum König des Südens – und wird mir nix dir nix für den harmlosen Besitz der ein oder anderen klitzekleinen vollautomatischen Handfeuerwaffe für ein knappes Jahr eingeknastet. Viel Freizeit, aber keine Booth in der Zelle. Blöd gelaufen.
Die endlosen Stunden in Isolation scheint der MC aus Atlanta sinnvoller Weise mit dem Stift totgeschlagen zu haben. Kaum aus der Haft entlassen wurden eifrig und motiviert gut über 80 Songs aufgenommen. Herausgekommen ist „Trouble man: Heavy is the head„. Der Titel „Trouble man“ stellt eine Hommage an den gleichnamigen 1972er Song der Soul-Legende Marvin Gaye dar, welcher – laut T.I. – der T.I. der 70er war. Womit er vermutlich andeuten möchte, dass T.I. der Marvin Gaye der Jetztzeit sei. Haaspalterei. Der Kopf ist jedenfalls schwer. Warum? Klar. Die Krone.
Das Album beginnt durchaus sinnvoll. Besagter Marvin Gaye-Song dient als Gerüst für den Opener „The Introduction„. Typische Dirty-South 808-Drums, ein sauberer Sample-Chop, das ein oder andere tragende Element dazu geklimpert. So darf es weitergehen. Tut es auch – zumindest vorerst. „G Season„, begleitet von einem traditionell explosiv gelaunten Meek Mill, fetzt wie damals die Brennnessel in der Grundschule. Mit der Axt im Munde wurde hier ein O-Jays Song pulverisiert und zu einem waschechten ATL-Brett neu verklebt.
Nächster Song: „Trap Back Jumpin„. Musik, zu der man die entsicherte Uzi in die Zimmermitte pfeffert, um mit erhobenen Mittelfingern im Kugelhagel zu tanzen. Ohne Regenschirm. Etwas erschöpft ist der Nacken von diesem Speckbrett von einem Song. „Wildside“ mit A$AP Rocky, dem derzeit allerorts anzutreffenden Schamhaar auf der Kloschüssel des Rapbiz, weiß ebenfalls durch stimmige, entspannte Produktion und ein gutes Zusammenspiel der beiden Rapper zu überzeugen. Wenn der Standard gehalten würde… „Trouble Man“ könnte ein Klassiker sein.
Passionierte Neoklugscheißer allerdings wissen: Das Leben findet nicht im Konjunktiv statt. Und genau dort liegt die Crux. Pünktlich zum übertrieben albern wirkenden Pseudo-Club-Banger „Ball“ inklusive eines der wohl am achtlosesten hingerotzten Lil Wayne Featureparts aller Zeiten fängt der Gesamteindruck der Platte an, deutlich nach Süden zu zeigen (no pun intended). Denn leider bleibt der Aus- kein Einzelfall. Tracks wie „Guns And Roses“ mit P!nk, „Wonderful life“ mit dem ewig talentfreien Akon, das poppige „Cruisin„, auf welchem sich T.I. als Singsang-Rapper versucht und das wirklich komplett indiskutable „Hallelujah„, das vor Schmalzigkeit nur so trieft, ziehen „Trouble Man“ in seiner Gesamtheit einige Halbtöne herunter.
In die Spur zurück findet das Album immer dann, wenn T.I. mit echten T.I.-Songs aufwartet. „Who want some„etwa, oder „Go get it„. Yup. So möchte man T.I. hören: roh, direkt, schnörkellos. Und vor allem auf Produktionen, die den typischen T.I.-Sound zu dem machen, was er ist. Beats, bei denen man einfach nicht anders kann, als die Mundwinkel zu verziehen, die Stirn in Falten zu legen und, in Ermanglung einer Wumme, wild mit der Faust auf die Tischplatte zu ballern. Brachialer Dirty-South Rap eben. Und zwar aus dem Stoff, der nicht vorher im 30°-Schongang mit Weichspüler für die akustische Hirnpolung eines 12jährigen Mädchens modifiziert wurde.
So bleibt das unangenehme Gefühl, dass jedes Mal, wenn T.I. ein wenig abseits seines angestammten Fachgebietes Trap-Banger operiert, ein wenig zu sehr am Reißbrett gearbeitet wurde. Ohne die deplatziert, da kalkuliert wirkenden Ausflüge ins Hyperkommerzielle, hätte „Trouble Man: Heavy is the head“ ein echter Klassiker werden können. So ist es eben nur ein gutes Dirty-South Album. Aber: Kann das der Anspruch eines Königs sein?