Rick Ross – God Forgives, I Don’t

Rick Ross, der Mann mit dem geilsten Bart und den dicksten Titten im Rapgame, gibt sich mal wieder die Ehre. Album Nummer fünf hat sich den Titel bei Spaghetti-Westernheld Django geborgt und wurde mit dem großartigen „Rich Forever„-Mixtape vor einigen Monaten schon mal ansprechend geteased.

Umso größer die Enttäuschung beim Hören des neuen Studioalbums. Klar, so primitiv und konsequent wie auf seinen Mixtapes ist der Bauss auf seinen Alben noch nie zu Werke gegangen. und klar, Kollegen wie Ne-Yo und Drake waren auch schon auf „Teflon Don“ zu Gast und haben ordentlich weiches Wasser in die ansonsten schön salzige Suppe gekippt. Klar, klar. Aber so öde erwachsen wie auf „God Forgives, I Don’t“ hat sich Officer Ricky bisher noch nie präsentiert.

Nun mag der Reifeprozess des Erwachsen werdens in anderen Bereichen ganz und gar großartig, ja sogar wünschenswert sein (wobei, eigentlich nicht, nein). Im Rap aber ist er meist mit großer, gähnender Langweile verbunden. Gesetztheit und Gemütlichkeit finden ihren musikalischen Ausdruck in anderen Genres bereits zur Genüge, Rap ist dafür nicht zuständig. Rap ist gefährlich, wie einer der besten, wenn nicht DER beste Rapper Deutschlands mal so treffend bemerkte. Auf seinem neuen Album ist Ricky aber ungefähr so gefährlich wie ein dicker Oberklassewagen, der auf einer breiten Straße 5 km/h zu schnell unterwegs ist.

Okay, der Anfang kann sich noch sehen lassen. „Pirates“ eröffnet das Album in gewohnter, solider Manier. „I guess it ain’t no nice way to tell you: Game over„, lässt Rauss wissen und bolzt sich anschließend souverän durch den von Klavierklängen, Bläserfanfaren und Streichern getragenen Beat von Kenoe. „Christopher Wallace of my time“ – okay, geht klar. „2Pac Shakur with a nine„, sowieso. „Fuck what you heard/ I need to feel it/ smell it/ see it„, heißt es dann im Outro des Songs.

Genau. Ich will es auch fühlen, riechen und sehen. Tu ich aber nicht. „3 Kings“ klingt auf dem Papier nach einem Klassiker – Dre, Jay-Z und Rick Ross zusammen auf einem Song – aber wie so oft bei vermeintlichen Gipfeltreffen ist das Ergebnis halbgar und langweilig. Dre kann anscheinend überhaupt nicht mehr rappen bzw. hat seine sonore, kräftige Stimme zugunsten eines dünnen Stimmchens verloren. Jigga macht auch nichts, was er nicht schon hundertmal gemacht hätte und für Rozay ist der Beat schlicht nicht die passende Nahrungsgrundlage. Das kraftvolle Organ des selbsternannten Drogenbosses kommt auf dem netten, aber belangslosen Beat von Jake One einfach nicht zur Geltung.

Das gilt genauso für den zwar formidablen, hier aber leider deplatzierten Beat, den Cool & Dre für „Ashamed“ abgeliefert haben. Ross braucht Platz, um seine schwergewichtigen Koks-Fabeln in 32:9 ausbreiten zu können, den bekommt er hier aber leider nicht. Den vierten Teil von „Maybach Music“ hätte es auch sicher nicht gebraucht. Das ist Musik für das Schlafwagenabteil, nicht für die Überholspur. „Sixteen“ nervt dann auch noch mit Überlänge und dem Versuch, Rozays ganzes Leben in einen Song zu packen. Lyrisch absolut nicht verkehrt, nur: Muss das wirklich sein? Muss das wirklich so lang sein? Muss da wirklich noch ein lahmes Gitarrensolo rein? Wo bleibt denn da die Action? Zumindest hätte man den Song ans Ende und nicht mitten in den nicht stattfindenden Spannungsaufbau packen können. Bei „Amsterdam“ bin ich dann vollends sanft entschlummert. Noch mehr melodiöse, wohltemperierte Klänge, die Ross (auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen) einfach nicht gut stehen.

Ein bisschen wach macht dann immerhin „Hold me back„, das endlich mal ein bisschen aufs Gas drückt und das Aggressionslevel hochfährt. „These niggas won’t hold me back“ – jawohl, Ross, gib’s ihnen. Ein erstes Highlight und der erste Track seit „Pirates„, der Sinn ergibt. Doch das Zwischenhoch neigt sich schnell seinem Ende zu. Meek Mill darf bei „So sophisticated“ kurz mal zeigen, warum er derzeit der am meisten gefeierte Typ im Hause Maybach Music ist, dann geht es mit einem Pharrell-Beat („Presidential„) und einem schlimmem Omarion-Feature („Ice Cold„) gleich wieder hinein ins Land der unbegrenzten Belanglosigkeit und Beliebigkeit. Unterboten wird das höchstens noch von „Touch ’n You“ mit Usher – schmeckt nach zuviel Süßstoff.

Wale bzw. Stalley lassen noch ein bisschen zählbares auf ihren jeweiligen Gastauftritten („Diced Pineapple Juice“ bzw. „Ten Jesus Piece„) raus, das war’s dann aber auch schon. Der Bonustrack „Rich Forever“ ist bereits vom gleichnamigen Mixtape bekannt und natürlich nach wie vor grandios, auch dank des eindringlichen Gesangs von John Legend, aber das reißt es am Ende natürlich auch nicht mehr raus. „God Forgives, I Don’t“ ist definitiv Ross‘ bislang langweiligstes und schwächstes Album. Schade. Echt schade. Aber das nächste Mixtape kommt bestimmt…