Das Thema Hirntot wird von den HipHop-Medien gerne mal links liegen gelassen. Wenn, dann sind es meistens eher die Boulevardblätter, die sich auf angebliche Waffenfunde und „Hass-Rapper“ stürzen. In weiten Teilen der HipHop-Szene wird diese grundsätzliche Ablehnung mehr oder weniger stillschweigend mitgetragen. Die Frage sei erlaubt: Warum eigentlich? Derselbe Typ, der sich Gewalt-Pornos der Kategorie „Saw“ reinzieht, hat ein Problem mit Texten, die ebenfalls meist gewalttätige Inhalte haben? Obwohl Texte immerhin noch weit mehr die Phantasie einbeziehen als filmische Bilder?
Etwas anderes wäre es freilich, wären Blokkmonsta und einige weitere Künstler aus dem Hirntot-Umfeld in dem Prozess Anfang dieses Jahres schuldig gesprochen worden. Dann wäre klar gewesen: Eine Trennung zwischen Kunst und Realität findet nicht statt. Sind sie aber nicht. Sie wurden vielmehr freigesprochen. Und dieser Freispruch stellt klar: Was Blokkmonsta und andere auf ihren CDs veranstalten, ist Kunst. Kunst, die einem gefallen oder nicht gefallen kann, aber definitiv nichts, was es zu ächten gilt.
Doch genug der Vorrede. Wenden wir uns dem neusten Streich des Hirntot-Chefs Blokkmonsta zu. Besagter Prozess bzw. die vorangegangene Zeit in der Untersuchungshaft spielen auf „Doom Rap“ gleich zu Beginn eine Rolle. Beim Opener „Steh wieder auf“ verarbeitet der Hirntot-Chef diese Zeit in gewohnt wütendem Tonfall. „Ich sitze bei der Polizei und habe keine Wahl/ hab mein Anwalt angerufen „hol mich aus der Scheiße raus“/ keine Lust auf Knast/ heute lande ich im Bau„. Das alles auf einem bedrohlich nach vorne marschierenden Beat, dazu die Versicherung, sich von solcherlei Erlebnissen nicht unterkriegen lassen zu werden. Auch „Eine wahre Begebenheit“ greift die Ereignisse rund um die Verhaftung Blokks auf, hält sich allerdings nicht sehr streng an die wahren Begebenheiten, sondern dramatasiert das Geschehen bewusst und übersetzt es in eine weitgehend fiktive Geschichte mit wahrem Hintergrund.
Das war’s dann aber auch schon zu diesem Thema. Wer ausführliche Reflektionen über Blokks Zeit hinter Gittern erwartet hatte, wird enttäuscht. Auf den meisten Tracks bekommt der Hörer stattdessen das, was er von einem Hirntot-Release gewohnt ist. Da wird die Waffe in „Desert Eagle“ durchgeladen, werden Feinde in „Lava“ verbrannt, werden Kontrahenten in „Guck nicht wie ein Hund“ recht humorlos weggegrätscht. Nach wie vor holt Blokkmonsta mit Vorliebe zur verbalen Blutgrätsche aus, noch immer steckt sehr viel Wut, Ärger und Hass in seinen Zeilen.
Das gilt auch für zwei Songs, die man durchaus als politisch bezeichnen kann: „Der kleine Mann„, in dem es nicht um Basstard, sondern um den sprichwörtlichen Mann von der Straße geht, der von denen da oben nur verarscht wird. Ein bisschen platt, das. In eine ähnliche Kerbe schlägt „Alles Schein“ zusammen mit Schwartz, das in seiner Kritik an Instransparenz, politischen Intrigen und Korruption auch eher vage bleibt.
Die musikalische Grundlage dafür, die von Blokk selbst sowie Samurai Sounds, Stalka Beatz, Hamad Sherif, Barret Beatz sowie dem Ami Mr. Sche stammt, ist angemessen düster und in der Tradition des Untergrund-Rap aus Memphis, Tennessee verhaftet. Eine bedrohliche Synthieline, ein dumpfer Bass und eine klatschende Snare bilden meist die Grundlage der einzelnen Songs. Fröhliche oder entspannte Tracks sucht man auf „Doom Rap“ vergeblich. Allein „Echte Jungs“ mit Frauenarzt, Sady K und Jasha überrascht mit einer gesungenen Hook, während „Murda 4 Hire“ mit Westcoast-Legende C-Bo tief in G-Funk-Gewässern fischt.
Neben letztgenanntem hat Blokk noch einen weiteren US-amerikanischen Verbündeten mit ins Boot geholt: Niemand geringeren als Pastor Troy, der dem Abschlusstrack „We the crunkest“ seinen Stempel aufdrückt. Weitere Gastauftritte bestreiten Rako, Orgi, Uzi, Perverz, Vero, Dapharao und den 4.9.0. Friedhof Chillern.
Auch wenn Blokks Stimme und Raptechnik über die Jahre hinweg weitaus ohrenfreundlicher geworden sind, bleibt es doch dabei: „Doom Rap“ ist ein Album für die breite Masse, sondern für den harten Kern der Hirntot-Fans und wird dem Mann mit der Sturmmaske eher keine neuen Fangruppen erschließen – was er vermutlich auch gar nicht vorhatte. Harter, wütender und kompromissloser Rap mit einem starken Hang zu Bösartigkeit und einer grundsätzlichen Anti-Haltung.