Seit Beginn seiner Karriere bestreitet Wale nun schon diesen wirklich beeindruckenden Zick-Zack-Kurs der Imagewechsel, einen Irrweg mit dem Ziel des ganz großen Durchbruchs. Außerordentlich und vielversprechend talentiert hatte er sich bereits vor einigen Jahren mit den Releases mehrerer exzellenter Mixtapes und der Zusammenarbeit mit namhaften Künstlern, wie Lady Gaga oder Jay-Z, einen Namen im Rap Game gemacht. Als einer der XXL Freshmen des Jahres 2009 geehrt, außerdem im selben Jahr gemeinsam mit Drake und Kid Cudi in der großen US-amerikanischen Zeitschrift GQ gefeatured, kündigte sich bereits eine rosige Zukunft für den jungen Mann von der Ostküste an. Nur blieb Wales Durchbruch zum Superstar nach dem eher mäßigen Erfolg seines Debütalbums „Attention Deficit“ aus. So konnten wir allerdings bisher bereits einige spannende Metamorphosen des Rappers aus Washington, D.C. miterleben, sei es die Entwicklung vom Sneaker-versessenen Hipster-Rapper zum besonneneren Denker. Ende letzten Jahres erfolgte dann ein weiterer Streich: Wales Eingliederung in Ex-Officer Rickys illustre Maybach–Music-Clique.
Über Rozays Label ist nun, drei Monate nach dem offiziellen US-Release, auch in hiesigen Gefilden das zweite Album des frisch gebackenen Maybach Music-Künstlers erschienen. „Ambition“ heißt das gute Stück und soll den leidlichen Mühen, endlich aus den Schatten des Undergrounds zur richtig großen Nummer aufzusteigen, ein Ende setzen. Seine diesbezügliche Entschlossenheit manifestiert er im bedeutungsschwangeren Albumtitel, welcher Wales gesamten Ehrgeiz und sein zähes Durchhaltevermögen im schlichten Hauptwort „Ambition“ bündelt.
Im Opener „Don’t Hold Your Applause“ fasst der Künstler sein Anliegen recht prägnant zusammen. „Inspired by women“, handeln viele Album-Tracks, wie beispielsweise die erste Single „Flower Bomb“, „Sabotage“ oder „That Way“ von Ambitionen bezüglich des weiblichen Geschlechts und lassen den Hörer Wales offensichtlich fehlendes Feingefühl zum respektvollen Umgang mit Frauen erahnen. Weiterhin liegt es dem Rick Ross-Schützling am Herzen, nun endlich Geschichte schreiben zu wollen („Tired of making money / I’m on to making history“), und mit Models Schaumwein zu schlürfen („Sippin moscato with models having exotic dishes“).
Dürftige Inhalte werden durch eine Armada von Produzenten, die auch wirklich namhafte Künstler, wie Diplo, T-Minus oder Lex Luger beinhaltet, wett gemacht. So hat zum Beispiel Diplos catchy Produktion von „Slight Work“ durchaus Potential zum Clubbanger. Der inhaltlich konsistenteste und wirklich gute Titel-Track „Ambition“ wurde von dem aus Kanada stammenden T-Minus produziert und enthält Features von Meek Mill und Labelchef Rozay persönlich, der es allerdings mühelos mit seiner Strophe schafft, Wale in die Schranken zu verweisen. Als weitere prominente Feature-Gäste geben sich beispielsweise Kid Cudi auf „Focused“, Ne-Yo im Track „White Linen (Coolin‘)“ oder auch Kanye West-Zögling Big Sean auf „Slight Work“ die Ehre.
Da, wie in „Legendary“ verkündet, Wales einzige Angst scheinbar die vor Mittelmäßigkeit ist, nimmt er es wohl in Kauf, sich auf seinem aktuellen Album zum gängigen, unterhaltsamen und vor allem gut verkäuflichen Mainstream-Produkt der Ross’schen Hit-Schmiede umzugestalten. Denn alles in allem ist bei Wales Album inhaltlich die Handschrift eines am Mainstream orientierten Kommerz-Rappers herauszulesen, dem es, entgegen seiner Aussage, er sei das „poetische Genie von Maybach Music“, an inhaltlichem Tiefgang und Konsistenz fehlt. „Ambition“ wirkt in seiner Gesamtheit zu kalkuliert, überraschungsarm und verkopft, als dass es hierzulande für großes Aufhorchen sorgen könnte. Aber unser amerikanischen Verbündeten haben mit solchen Kommerzrutschen ja bekanntlich weniger Probleme.