Fler bringt seinen auf zehn Paar limitierten Schuh Maskulin Boost raus und der Gewinn geht an krebskranke Kinder. Dafür an dieser Stelle Props. Er ist aber bei weitem nicht der Erste, der versucht sich ein zweites Standbein neben der Musik aufzubauen. Von Jay-Zs Rocawear bis zur deutschen Marke Pusha Apparel hat es schon unzählige Rap-Modemarken gegeben. Viele sind gekommen, viele sind gegangen, einige wenige sind geblieben. Aber was hat es damit auf sich, dass Rap und Mode so oft einhergehen und wo sind die Schnittstellen? Was für einen Einfluss hat Rap auf Mode und umgekehrt?
Mode als Ausdrucksform
Ein wichtiger Teil von Zugehörigkeit ist Abgrenzung von anderen. Heißt man gehört einer gewissen In-Group an, wie Freunde, Familie, etc. und grenzt sich von anderen ab, der Out-Group. Das kann man auf unterschiedlichste Weise erreichen, sei es durch bestimmte Aussagen, Taten oder eben durch sein Aussehen. Hat man dann bestimmte Kleidungsstücke oder Accessoires und trifft man auf eine Person, die dasselbe Stück trägt, wird man ihn schneller und leichter zur In-Group zählen. Hinzu kommt der Nachahmungseffekt: Wenn viele Rapper propagieren, dass Louis Vuitton-Bauchtaschen geil sind, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass mehr Rapfans eben genau das versuchen zu kopieren, mich eingeschlossen. Kann sich halt nicht jeder leisten – S/O an die guten alten Fakes.
Nun ist Rap aber so divers geworden, dass es innerhalb des Rapkosmos keine Kohärenz mehr gibt, was die Mode betrifft. Denn obwohl Mode und Rap immer mehr Symbiosen eingehen (bestes Beispiel: absurd teure und überhypte Yeezus-Schuhe), gibt es immer mehr komplett unterschiedliche Arten von Rapfans. So unterschiedlich ihre Art zu leben ist, so unterschiedlich ist ihr Kleidungsstil. Das rührt einfach daher, dass Rapfans genauso vielfältig sind wie die Musik selber. Fans von Rap kommen aus allen gesellschaftlichen und sozialen Schichten, führen komplett unterschiedliche Leben und hören dementsprechend oft auch ganz unterschiedlichen Rap. Bei mir findet man zum Beispiel nur Vinylplatten von 1996-2001 und Dickies Hosen. Joke!
Es geht nur um Style
Style ist verdammt wichtig, wenn es um Rap geht und Mode dreht sich zu großen Teilen nur um Style. Denn Rap ist vor allem eine Ausdrucksform. Etwas, was man nach Außen trägt und wobei man sich bestmöglich präsentieren will. Jetzt ist aber nicht jeder Rapfan auch gleichzeitig als Rapper aktiv (und das ist auch gut so #twitterturnedrapper). So mancher braucht also andere Kanäle, um sich auszudrücken. Eine Möglichkeit ist da natürlich der Kleidungsstil. Also holt man sich, soweit es die monetäre Lage zulässt, bei seinen Lieblings MCs und Idolen Inspiration, um den Kleiderschrank aufzufrischen. Im besten Fall repräsentiert die Mode dann die Persönlichkeit desjenigen, der sie trägt, weil man nicht blindlings kopiert, sondern seinen eigenen Geschmack miteinfließen lässt und verschiedene Dinge auf originelle Weise kombiniert. Style sollte egal in welchem Genre immer dein Eigen sein. Erzähl mir nicht von Style oder Swag oder wie auch immer du es nennen willst, wenn du deinen eigenen noch gar nicht gefunden hat. Style kann man in dem (modischen) Sinn auch nicht kaufen. Genauso wie, dass man seinen Flow oder seine Delivery nicht kaufen kann. Es ist ein Prozess um herauszufinden was zu einem passt und wie man verschiedene Dinge kombinieren kann.
Haste was, biste was
Aber wieso ist die Außendarstellung bei Rap oft ebenso wichtig wie die Musik? Wieso reicht die Musik allein nicht aus? Klar, das hat oft einfach mit Geld zu tun, aber nicht jeder Rapper hat Werbedeals mit Nike. Mode dient in der Rapwelt nicht nur als Stilmittel, sondern auch als Darstellung des eigenen Erfolgs. Sobald Rapper einen gewissen Status erreicht haben, wollen sie diesen auch nach außen kommunizieren. Das passiert unter anderem eben durch Klamotten, oft durch eine Überpräsenz von Luxusmarken. Gucci, Louis, Prada.
Sicherlich hat die starke Orientierung am Mutterland Amerika damit zu tun. Nicht nur musikalische Trends wie Trap, sondern auch Lebensstile werden im europäischen Raum adaptiert. Aussagen wie „In Amerika wird das ja auch so gemacht“ sind nicht unbedingt begründete und durchdachte Argumente. Sie gelten trotzdem als Legitimation für Rapper, wenn sie darauf angesprochen werden, warum es so wichtig ist, Luxusartikel und Designerklamotten zu besitzen.
Dazu kommt: Rap ist natürlich nach wie vor eine Jugendkultur. Zwar gibt es mittlerweile schon eine ältere Generation an Rappern und Rapfans, aber der State of the Art wird von jungen Leuten bestimmt. Junge Menschen sind aber oft leichter beeinflussbar, zum Beispiel durch Werte, die eine klare und deutliche Aussage haben und wenig hinterfragt werden müssen.
Und deshalb:
Rapper spiegeln in ihrer Musik und ihrer Außendarstellung Werte und Meinungen wider, die in der Gesellschaft in vielen Teilen sowieso schon vorhanden sind, nur eben in überspitzter Form. Rap ist eine ausdifferenzierte Kunstform, und dazu gehört die ganze Rap-Persona inklusive Mode und nicht nur die Musik. Die Außendarstellung durch Mode wird so auf das gleiche Level gehoben wie der musikalische Output. Bis zu einem gewissen Grad ist das auch okay, aber es hat tweilweise Züge angenommen, die ich als Rapfan nicht mehr gutheiße. Störend ist vor allem, wenn der Erfolg noch gar nicht eingetreten ist, man aber ständig davon erzählt und sich mit Designerklamotten aus dem Outletcenter schmückt. Im Großen und Ganzen sollte es schon vor allem um die Musik gehen und nicht um das ganze Drumherum.