Vor kurzem schlug für Germany die Stunde der Wahrheit, jetzt ist die Zeit für seinen Kollegen Reno mit „Zu Schön Um Wahr zu Sein“ gekommen. Wie jeder Mann ist er auf der Suche nach Bestätigung und steckt deshalb allerhand Themen und Stile in sein erstes Solodebut, um auch einen Grund zum suchen zu haben. Der Albumtitel lässt einen Reno vermuten, der sich auf voller Albumlänge ein Podium zur Selbstdarstellung schafft, eine MySpace Seite mit tollen Bildern mit einem nach Eigenlob stinkenden selbstverfassten Pressetext auf Platte…
Der Moment ist da, die Vergangenheit lastet auf ihm wie ein Stein, doch „Die Zeit Ist Jetzt“ und sie hat viel verändert: „Früher war mein größter Halt mein Vater, heute bin ich seiner und bin selber Vater.“ Der dritte Song „Reno!“ schlägt gleich mächtig auf die Ohren, vor allem der Beat von SahliQ, eigentlich ganz simpel und etwas monoton, veredelt diesen hübschen Representer – „Ich geh’ nicht in die Kirche, doch ich glaube schon, ihr seid nicht wack und simpel, doch ich glaube schon.“ Nicht zu vergessen ARR Labelboss Curse, setzte hier noch einen drauf und macht für seinen Partner im Chorus ordentlich Lärm. Eine deftige Packung Selbstliebe fehlt im Titelsong „Zu Schön Um Wahr zu Sein“ auf keinen Fall, arrogant wirkt es aber auch nicht unbedingt. So etwas hört man im Rap einfach allzu oft, lässt sich der Titel in Bezug auf das Album doch auch auf andere Umstände beziehen. Doch stößt man immer wieder auf Zeilen wie „Ich zieh das Cap tief in’s Gesicht sonst seh’ ich zu sexy aus“, „Hässliche Türsteher, sorry Girl ich darf nicht rein“. Anscheinend muss da wirklich etwas dran sein, denn mit so einer billigen Anmache wie in „Hei Du!?!“ würde er nicht einmal das dümmste Mädchen ins Bett bekommen. Sein Glück, dass die „Braut“ sitzen gelassen wurde und sie die Zuneigung, auch wenn sie nicht ganz so ehrlich war, brauchte. Zu schön um wahr zu sein bedeutet aber eben auch, dass etwas nicht wahr ist, wieder mal eine Frauenkiste, diesmal aber zu ungunsten Renos, dann zu sagen „Endlich Froh“ kostet vorher schon so einigen Schmerz. Mit „Ghetto Girl“ wird es einem dann langsam zu viel, also an alle traurigen Mädchen: Reno holt euch aus dem Ghetto!
„Geh Auf’s Ganze“, ein richtiger Clubbanger, wäre der Beat nicht dermaßen penetrant, sodass man ihn auch im Club spielen könnte, Renos Stimme geht unter dem nervtötenden Loop fast verloren. Hier macht SashliQ seine Sympathie wieder zunichte und sein Talent, einen simplen aber sagenhaften Sound zu entwickeln, versagt an dieser Stelle.
Wer schon immer einmal hinter das Koseng Gerede kommen wollte, kann dies im gleichnamigen Song, begleitet von verzerrten Gitarrenriffs, der auf jeden Fall nach vorne geht. Richtig persönlich wird es dann bei „Nur Für Dich“ ft. Harris, ein Song gewidmet an seine frisch geborene Tochter. Zum Ende hin wird das Album immer facettenreicher und stimmungsbeladener. „La Vie Devant Toi“ ft. Greis erzählt den schweren Entwicklungsweg eines besonderen Mädchens, „Trist“ reflektiert die Schattenseiten in Renos Leben, die es schon immer mit Selbstbewusstsein zu bekämpfen hieß. In „Einen Tag Zu Leben“ steht Reno seinem engen Freund Germany gegenüber und sie philosophieren darüber, was sie an ihrem letzten Lebenstag tun würden. Anscheinend macht sich Reno in seiner Vaterrolle so einige Gedanken, Parallelen dazu erkennt man in Songs wie „Geiseldrama" oder „Brief aus der Leere“.
Man merkt, dass Reno sein Handwerk versteht – schon immer verstanden hat. Neben dem schon genannten SahliQ gab es noch ein beeindruckendes Dutzend an Produzenten, die Blut und Schweißtropfen in das Album investierten. Dazu gehören PhreQuincy, Beathoavenz, Claud, Crada, Jimmy Ledrac, Roey Marquis II., Dj Rocky, Jallel, Beatgees, Farhot und Kool Dj GQ. Einfach zu schön um wahr zu sein und doch wahr, Reno schießt durch die Decke und kann von Oben auf ein "wunderschönes" Album hinunter blicken.