Nach einem Erwartungen schürenden, aber nicht ganz befriedigenden Solo-Debut namens „Cheers“ ist Obie Trice nun mit seinem zweiten Album am Start und die Welt ist gespannt, ob der Detroiter Lieblingsrapper Eminems den von selbigen erhaltenen Vorschusslorbeeren diesmal gerecht werden kann. Der Fakt, dass Obie immer noch eine Kugel in seinen Kopf spazieren trägt und diese Sache ihm nach eigenen Aussagen sehr nahe gegangen ist und sehr viel Kraft gekostet hat, lässt mich ein sehr energiegeladenes, eventuell wütendes Album erwarten.
Das "Intro" und der erste Song „Wake Up“ erzählen uns von einem jungen Obie, der davon träumt sein Leben mit Rap bestreiten zu können, aber erkennt, dass das Leben nicht immer so läuft, wie man es sich erträumt. Auch die Tode, der in der letzten Zeit verstorbenen Detroiter Rapper, werden hier verarbeitet. Das ist auf einem melancholischen Beat von Eminem ein sehr guter Einstand, der in einem für Eminem sehr typischen, aber gut gesampleten Beat für den Song „Violent“ mündet. Dieser ist eine gängige Gangsta-Hymne mit einer gut rein gehenden Hook und einigen wirklichen Reim-Schmankerln. Bis zu diesem Punkt klingt das Album zwar rund, doch noch nicht besonders. Ein erstes Highlight ist dann aber der Titel „Wanna Know“, der auf einem kraftvollen BluesRock-Beat von Emile, mit einem unschlagbaren Van Helling-Sample und Raps aufwartet, die Jay-Z nicht lockerer aus seinem goldenen Händchen hätte schütteln können. Danach versucht Obie mit „Lay Down“ den Rap noch einen Level raufzuschrauben und schafft das mit einem soliden Doubletime-Track auf einem wieder eher minimalistischen Eminem-Beat. Dem schließt sich dann die erste Single „Snitch“ mit und produziert von Akon an. Mal sehen wie uns Akon auf Videorotation bekommen wird. Diesem Song folgt dann mit "Cry Now" der beste Track der Platte, der von Witt and Pep produziert wurde. Der Beat ist gleich mit mehreren Samples am Start, die sich wunderbar ergänzen, und auch Obie scheint sich auf dem Teil mehr als wohl zu fühlen und liefert hier seine beste Leistung ab.
Es folgen das langsamere, selbstreflexive Doubletime-Stück „Ballad Of Obie Trice“ und das ungeheuer clubtaugliche „Jamaican Girl“ mit einer Killer-Hook von Brick & Lace. Das eher dahintröpfelnde „Kill Me A Mutha“ verzögert dann nur die Zeit bis zu einem weiteren kleinen Highlight der Scheibe. Klein deshalb, weil der Beat mit seiner schnellen Gitarre einen starken Doubletime-Rapper gebraucht hätte. Ein solider vom Format Obies macht aus „Out Of State“ dann aber leider keinen richtigen Kracher. Danach veredelt Nate Dogg auf „All My Life“ einen durchschnittlichen Party-Song zu einer wirklich guten Club-Nummer. So geht das Album dann eigentlich auch weiter. Die beiden nachdenklichen „Mama“ und „Ghetto“ leben musikalisch von den Hooks von Trey Songz. „24’s“ ist wieder ein solider Doubletimer, mehr aber auch nicht und der Posse-Track „There They Go“ glänzt mit einem am Mic sehr engagierten Eminem. Zum Schluss trumpft Obie auf dem Song „Everywhere I Go“ mit 50 Cent, der hier die Hook singt, noch einmal ordentlich auf und fängt an, endlich mal an wirklich über den Beat zu fließen.
Die souveräne „Obie Story“ beschließt dann ein Werk, dass einen mit gemischten Gefühlen zurücklässt. Die Themenwahl ist durchschnittlich und behandelt die „Bullet In The Head“ nur beiläufig. Das stellt das Album in ein Erwartungsvakuum, aus dem es sich nur durch die wirklich guten Produktionen und die drei, vier Songs mit wirklichem Hitpotenzial heraus argumentieren kann. Obie, der von Eminem gehypt wurde, muss sich nun an dem Hype messen lassen und kann mit da leider nicht 100prozentig mithalten. Er liefert wirklich einwandfreie Dinger wie „Everywhere I Go“ und „Cry Now“ und „Wanna Know“, bleibt aber auf dem Rest der Platte solide. Nun ist das schon wesentlich mehr als viele andere MCs zu geben haben, aber dem Hype wird sein Rap trotzdem nicht gerecht. Das Album ist aber trotz allem ein Ohrenschmaus. Weil Eminem sich mit nur acht Beats sehr zurückgehalten hat, konnte Obie zeigen, dass er fähig ist auch als Solokünstler eine absolut hörenswerte und runde Scheibe mit einer guten Songauswahl und perfekten Features abzuliefern. Deshalb würde ich sagen, dass die Erwartungen an das nächste Album nach dem Hören des Jetzigen noch gestiegen sind. Lassen wir dem Künstler Zeit zu reifen.