Jaja, Yung Hurn macht Dada, polarisiert, ist die Zukunft und entweder man liebt oder man hasst ihn. Das haben wir mittlerweile alle begriffen. Ich selbst bin ein großer Fan der Musik des Wieners, weswegen nun eine Lobhudelei auf das „Krocha Tape“ folgt – das nur als Warnung an alle, die mit dem Exzentriker nichts anfangen.
Vorab gab es bereits die gediegenen, unaufgeregten Songs „Schöner Stein“ , „Opernsänger“ , „FDP“ und „Ferrari“ zu hören, die einen allesamt in verträumte, schwerelose Sphären entführten. Mir hatte es besonders die Ballade „Ferrari“ angetan, während ich „Opernsänger“ als Fehlschuss verbuchte, was ich auch zum Anlass nahm, Yung Hurns Schaffen in meinem Kommentar „Yung Hurn: Zwischen Dada und Dünschiss“ genauer zu beleuchten. Wer aber erwartet hat, dass das „Krocha Tape“ sich auf diese Stilistik beschränkt, der irrt.
Nach dem „Intro“ , in dem in den Weg gelegte Steine mit der Kreditkarte zerkleinert und durch die Nase gezogen werden, eröffnet das Tape mit „Bam Oida“ , einem chaotischen, schrillen Ohrwurm, der zum Großteil aus der Hook besteht, die sich wiederum – Überraschung – nur aus der stetigen Wiederholung des Titels zusammensetzt.
Schlüssig schmiegen sich derartige Songs, etwa das drill-artige „Skrrt Skrrt“ , „HALLO HALLO HÜPFMANN“ , eine unverhohlene Referenz an Drakes und Futures „Jumpman“ und der durch seine schamlose Weirdness bestechende „BIBABUTZELMANN LOCO FREESTYLE“ , an die erwähnten ruhigen, Synthieflächen verhangenen Nummern.
Textlich beschränkt Hurn sich natürlich weiterhin auf Drogen, das Zelebrieren seines hedonistischen Lifestyles, banalen Nonens und kitschige Balladen, wobei letzteres vorherrscht. Neben Crack Ignaz hat wohl niemand unpeinlichen over-the-top-Kitsch so sehr perfektioniert wie Yung Hurn. Ob er nur für sein Baby „Opernsänger“ wird, mit der Angebeteten im „Ferrari“ durch die Nacht fährt, oder einfach mit seinem BAE chillt – es ist stets ein Hochgenuss.
Das hängt natürlich auch mit den erstklassigen Produktionen zusammen, die beim „Krocha Tape“ weit mehr im Vordergrund stehen, als bei herkömmlichen 90-BpM-16-Bars-Hook-Releases. Der Protagonist verschmilzt mit jedem einzelnen der Instrumentale, die zum Großteil von Lex Lugner produziert wurden. Verhangene, verträumte Beats und böse zischende Trapbanger geben einander die Klinke in die Hand und stehen sich jeweils um nichts nach. Ausrutscher in der Produktion oder den Beatpicks sind dabei keine zu verbuchen – jeder der 17 Songs ist ein Hit. Dabei präsentiert sich das Tape trotz des vermeintlichen Kontrastes viel stimmiger und homogener als das vorhergegangene „22“ .
Das „Krocha Tape“ am Stück durchzuhören ist wie ein einziger, wundervoller Drogentrip. Vielleicht muss man erst ein, zwei Mal probieren, um mit dem Stoff klarzukommen, aber danach ist man definitiv süchtig. So wie ich.