Das Rezept für ein typisches Deutschrap-Album lässt sich eigentlich schnell zusammenstellen. Man nehme ein nachvollziehbares Konzept mit abwechslungsreichen Tracks. Am besten noch eine Prise Gefühl sowie Selbstreflexion. Die überhöhende Selbstdarstellung darf natürlich auch nicht fehlen. Das alles mit einer guten Technik und vielen Punchlines anrichten. Und Fards neues Album „Ego“ macht den Anschein, als hätte er sich genau dieses Rezept für sein sechstes Solo-Album geschnappt und ein Album daraus gekocht. Soweit so gut, aber ob das alles wirklich ein außergewöhnlich gutes Album ausmacht?
Die ersten drei Tracks scheinen sein Intro vom Langspieler zu sein und sollen Vormachtstellung demonstrieren. Damit sind sie die Vorreiter für den ersten Akt von „Ego“ . Fard orientierte sich nämlich an einem klassischen Drama, das sich wie sein Longplayer auch in fünf Akte unterteilen lässt.
Während der erste und der dritte Akt, unschwer zu erkennen, persönlich und nachdenklich sind, ist die „HuckleberryFinnPhase“ eher klassischer Battlerap. Der Vergleich mit dem unbedarften und großherzigen Huckleberry Finn scheint mir aber nicht sehr stimmig. Mit Lines wie „Herzen aus Stein in ’nem Meer voll mit Scheiße / keinerlei Liebe – nur ehrliche Feinde“ geht der Bezug zur von Mark Twain erdachten Figur weitgehend verloren.
Das ans klassische Drama orientierte Konzept soll wie ein Film mit Höhen und Tiefen funktionieren. Jedoch kommt mir das ziemlich gewollte vor: „Erst bring ich deepe, dann Battlerap-Songs, dann was zum Nachdenken und im Anschluss …“ . Trotzdem ist „Ego“ keineswegs ein schlechtes Album. Besonders beim Flow packt Fard einiges aus. Die Zusammenarbeit mit den vielen Produzenten Joshimixu, Abaz, Gorex, Ignazio, Jumpa, 7Inch, B-Case, KD Beatz, OM Musik, Joznez und Illstrumental zahlt sich aus. Zwar bleibt die Basis der bekannte Straßensound, aber auch aktuelle Entwicklungen (Stichwort Trap) fließen ein. Die niedrigere bpm-Zahl gibt Fard Platz für seine Flows, die besonders auf „Tipicophase (Mezzanin)“ oder auf „HuckleberryFinnPhase (Mezzanin)“ richtig gut zur Geltung kommen – die hohe Produzentenanzahl wirkt sich positiv auf die Vielschichtigkeit des Longplayers aus.
Im Großen und Ganzen ist „Ego“ ein durchaus gelungenes Album. Zwar ist das Konzept wie gesagt recht vorhersehbar, aber das kann der Gladbecker mit Vielseitigkeit und seinen unbestreitbaren Rapfähigkeiten wieder ausgleichen. Punkten kann Fard insbesondere mit seinen Punchlines. Typisch Battlerapper halt. Flow, Technik, Gefühl, überhebliche Selbstdarstellung und ein roter Faden – alles vorhanden. Aber eben nichts, was ein Album total außergewöhnlich machen würde.