Der Wu-Tang Clan war vor einigen Tagen in Berlin zu Gast und (eigentlich kaum zu glauben, sie waren tatsächlich in großer Anzahl da) hat die Crowd gerockt, wie es so schön heißt. Leider waren Method Man und ODB nicht dabei, das als kleiner Wermutstropfen. Ansonsten hat der Clan alte Stärke bewiesen und auch eine Menge alter Tracks gespielt. Ein gutes Zeichen?
Die Zeit des Wu-Tang Clans schien ja schon vorbei zu sein. Es sind nicht mehr die hypnotisierenden Beats von RZA, die die (Rap-) Charts dominieren. Es sind nicht mehr die Eskapaden von ODB, die in der Presse rauf und runter gehen. Und auch der MC Nr.1 des Clans, Mr. Meth, kann nicht mehr so glänzen, wie wir es uns wünschen würden.
Dennoch – nicht nur das Konzert in Berlin zeigt, dass man den Clan aus Staten Island nicht so einfach abschreiben darf. Allerdings ist es vielleicht ein wenig überraschend, dass nicht der RZA, Method Man, GZA oder der „Chef“ für Furore sorgen, sondern Ghostface. Das „Killer“ hat er aus seinem Namen gestrichen, vielleicht, um es in seiner Musik wieder aufleben zu lassen. Denn „The Pretty Toney Album“ kann man salopp als „Killer-Album“ bezeichnen.
Die 18 Titel umfassende LP bietet endlich mal wieder Wu-Tang Flavor vom Feinsten. Dafür hat Ghostface tief in der musikalischen Seele gekramt, und dabei den Soul der 70er Jahre als Lebensader seiner Produktionen entdeckt. Für ihn zählt als erstes die Musik, wie er im Intro zum Album erklärt.
Natürlich wäre der Clan nicht der Clan, wenn man sich nicht gegenseitig unterstützen würde. So haben auch der RZA und True Master ihren Beitrag zum Album geleistet. Allerdings gibt es keine Wu-Tang Features am Mic, was vielleicht ein wenig überraschend ist, aber der Sache auch ganz gut tun kann.
Musikalisch arbeitet er sich frisch und locker durch die Soul, Funk und Disco-Szene der 70er und 80er Jahre. Das ist nichts Neues, kann aber – wie auch Kanye West bewiesen hat – immer noch sehr inspirierend und lebendig umgesetzt werden.
So findet man ruhige Stücke wie „Biscuits“ feat. Trife, die von der Melodie getragen werden, wo Ghostface mit der alten Power und seinem unnachahmlichen Flow dem Track seinen Stempel aufdrückt, ebenso überzeugend dargeboten, wie härtere Rap-Tracks, zum Beispiel „Ghostface“ . Großartig wird es auf dem stark nach vorne groovenden Track „Beat The Clock“, der so ein wenig an den Vibe von Ghost ´s Klassiker „Indie 500“ erinnert.
Ghostface schickt sich an, den Clan zu neuer alter Stärke zurück zu führen. Allen alten und neuen Wu-Tang Fans, die dieses Album bisher noch nicht entdeckt haben, kann ich nur empfehlen, mal reinzuhören. Pretty Toney is back!