Olexesh zeigt sich großzügig und schenkt nur wenige Monate nach „Masta“ seinen „Strassencocktail“ aus. Der besteht aus drei Zutaten: 18 Tracks klassischer Olexesh-Kost. Neun „Funkadelic„-Anspielstationen, die, wie der Name sagt, mit leckeren Funk-Samples garniert wurden. Zu guter Letzt neun Songs, die mit diversen Feature-Gästen verfeinert wurden. Klingt schmackhaft? Ist es auch!
Bereits das Nosing ist aufschlussreich: Eine starke Note von unfassbar abwechslungsreichen Flows steigt direkt in die Nase. Der erste Schluck „Gib ihm bös“ schmeckt wie erwartet: Dumpfe Bässe, scheppernde, behäbige Drums und flirrende Synthies reizen die Geschmacksknospen, bis sich der kräftige Flow breit macht. Olexesh brettert über die Takte, switcht mit spielender Leichtigkeit die Flows und ballert problemlos eine druckvolle Kombo nach der nächsten raus.
Der nächste Schluck ist kräftiger und schmeckt sehr ähnlich, diesmal dringt der Abgang stärker durch – OL setzt wie gewohnt auf skizzenhafte Beschreibungen und Impressionen, insbesondere beim erneuten Nippen an „Alles ich„. Diese Note zieht sich durch große Teile des Cocktails.
Hat man sich allerdings einige kräftige Schlücke einverleibt, schmeckt man auch andere Aromen – etwa in die Beschreibung vom fortschrittlichen Frauenbild des Protagonisten, der auf Frauen steht, „die auch mal kotzen, Mädchenbanden die sich boxen, ab und zu auch eine robben“ .Interessantes Aroma, wenn es auch auf Kosten des heiß geliebten Flow-Körpers geht. Der ist aber mit Abstand das wohlschmeckendste an diesem Kopfnicker-Trunk, daher sind die Schlücke, bei denen der eigensinnige Flow stark auf der Zunge brennt auch die besten.
Bevor der „Strassencocktails“ beginnt, fade zu werden, sticht plötzlich eine „Funkadelic“ -Note heraus, den ich so eher vom Scotch der Rapmusik kenne: Lupenreiner Funk! Wer „Kurwa“ gehört hat, kann sich ein gutes Bild von den groovenden Basslines und im positiven Sinne altbackenen G-Funk Synthies machen, die die elegant die Geschmacksknospen umschlängeln. Der perfekte Trunk für eine Lowrider-Tour an der kalifornischen Küste, für den Chris Neal, Fid Mella und die AON-Barkeeper The Breed die Zutaten liefern und sogar die tiefe Stimme von Trooper Da Don ausgegraben wurde. Da der aber nicht rappt ist das schon okay.
Das Glas ist nun fast leer – acht Schlücke der Marke „Sis Kat“ befinden sich am Boden. Die hat Olexesh auch nicht allein zusammen gemixt. Bei jedem Song gab es Unterstützung vom bislang eher unbekannten Cocktail-Mixer Ajé. Auch Manuellsen, Ramazan, Bilel und Yassin (nicht der von Audio88) wurden in den Mixer gefüllt und harmonieren hervorragend mit der geschmacklichen Garnitur, die hauptsächlich von Pzy produziert wurde und stark an französische Getränke erinnert. Die Getränke unseres Nachbarlandes weisen zumeist einen eher simplen Duft auf – das Aroma der Straße. Genau so schmeckt aus „Sis Kat“ – nach Tickergeschichten, Knast, Gewalt, dicken Autos und dem großen Geld.
Mhm, das war lecker! Ich glaube, ich habe ein Suchtproblem – der Cocktail war mit 36 Zutaten wirklich mächtig, aber ich habe Lust auf noch einen. Stellenweise schmeckt er wie das zuletzt servierte „Masta„, dann plötzlich beginnt ein Aroma-Spektakel, das man so noch nicht geschmeckt hat. Was aber wirklich den Reiz dieses Getränks ausmacht, ist die eigensinnige Grundsubstanz: Der Flow. Den findet man so in keiner anderen Bar. Prost!