RJD2 hat es geschafft. Er hat sich aus der Underground HipHop-Szene von Columbus, Ohio über New York (wo sein Label Def Jux beheimatet ist) nach Philadelphia (dort hat er sich ein Haus gekauft) vorgearbeitet. Das hat er zum einen dem DefJux-Gründer El-P zu verdanken, der vor einigen Jahren zufällig die Musik von RJ hörte und schnell davon begeistert war.
Die Zusammenarbeit gipfelte zwischenzeitlich in RJD2s Debütalbum „Dead Ringer“, das jetzt schon zu einem Meilenstein der Instrumental HipHop-Musik zählt. RJ konnte sich vor Lobeshymnen kaum retten, und als auch noch sein großes Vorbild DJ Shadow seine Begeisterung zeigte, war die Welt für RJ perfekt.
Sein Gefühl für Samples und deren Verknüpfung mit neuen elektronischen Sounds machte Dead Ringer zum interessantesten Album dieses Instrumental-Genres seit „Entroducing“ von DJ Shadow.
Nun ist es an RJ, den nächsten Schritt zu wagen, und das ist nicht immer leicht, wenn man die Messlatte so hoch gelegt hat. Er selbst wäre sicherlich nicht zufrieden, einfach eine Art „Dead Ringer 2“ zu produzieren. Es muss also einen Schritt nach vorne gehen, ohne die Qualitäten, seine Stärken dabei auf der Strecke zu lassen.
Namentlich ist dieser Schritt mit „Since We Last Spoke“ zu erfassen. Der Titel lässt erahnen, dass RJ sich ein wenig Zeit genommen hat, den Erfolg zu verarbeiten, zu reflektieren, um dann seine musikalische Antwort darauf zu geben. Diese umfasst 12 Tracks.
Bereits nach dem ersten Hören hatten mich seine „Antworten“ überzeugt. Man hört deutlich die Unterschiede zum Debüt heraus, erkannt aber zweifelsfrei auch den RJD2, der Dead Ringer produziert hat. „Since We Last Spoke“ wirkt durchdachter, zielgerichteter als sein Erstling. Dabei bleiben aber die Frische, der Soul und seine Stärke für Arrangements – verschiedene Samples und Vocas zusammenzubringen – erhalten.
Es fällt einem leicht, das Album zu hören. Tracks wie „Since We Last Spoke“, „Since ´76“ oder das langsame und leidenschaftliche „Someone´s Second Kiss“ gehen sofort unter die Haut. Erst beim zweiten Hören entdeckt man RJs Liebe zum Detail. Seine komplexen Arrangements machen das Album auch nach mehrmaligem Hören noch zu einer Entdeckungsreise. Für die eine oder andere kleine Überraschung hat er dann auch gesorgt. RJD2 hat sich nämlich einen Vocoder zugelegt und war damit auch fleißig zugange.
Das Ergebnis hört man zum Beispiel auf „Making Days Longer“, bei dem er dann die Vocals selbst beisteuert. Da er, nach eigenen Angaben, nicht unbedingt das allergrößte Gesangstalent ist, macht es halt Spaß, das Ganze ein wenig durch den elektronischen Reißwolf zu ziehen und zu verfremden. Was soll ich sagen, es funktioniert, und er hat sicherlich Geld für teure Features gespart. Aber das war wohl nicht seine Hauptintention.
Von rockigen Gitarrenriffs über Soul- und Funksamples, HipHop-Einflüsse, Elektrogezirpe oder verschiedene Vocalschnipsel ist eigentlich alles vorhanden, was man für einen würdigen Nachfolger braucht. Genregrenzen gibt es für den Produzenten aus Columbo nicht. Warum sollte man sich auch unnötig limitieren, wenn man der Kreativität freien Lauf lassen kann. Dazu noch mal zwei Anspieltipps, wie das herrlich verspielte, rockige „Through The Walls“ oder das melancholisch funkige „Iced Lightning“.
RJD2 hat den vielleicht schwersten Schritt einer Karriere eindruckvoll gemeistert. Ein Nachfolgealbum, welches seine eigenen Qualitäten besitzt aber alte Stärken mit einbezieht und alles wunderbar miteinander verbindet, ist nicht gerade eine der leichtesten Übungen, wie die Musikhistorie zeigt. RJ zeigt, wie man es machen kann: „Since We Last Spoke“!